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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.01.1910
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1910-01-31
- Erscheinungsdatum
- 31.01.1910
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- Deutsch
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24. 31. Januar 1910. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 1305 (vr Mönckeberg) — aber da wir auf ein Reichsgesetz binaus wollen, müssen wir auf die Universitäten Rücksicht nehmen. Ich bin aber der Meinung im Gegensatz zu den Herren, die damals die Regierungs vorlage zu Fall gebracht haben, und im Gegensatz zu den Be denken, die Herr vr. Wolffson und Herr vr. Philippi uns vor getragen haben, daß man entschieden in dieser Richtung Vorgehen sollte. Und wenn Herr vr. Philippi gemeint hat, damit könnte man in der Tat die Kunst und die Literatur treffen, so bin ich absolut anderer Ansicht. Ein junger Gelehrter, der Spezialstudien machen will, der sich gewisse Körperteile zum Spezialstudium gewählt hat, wozu er vollkommen das Recht hat, wird seine Literatur nicht daher kennen lernen, daß er sich die Schaufenster ansieht. Das scheint mir ein außerordentlich niedriger Stand punkt eines Studenten zu sein, wenn der nicht durch das Studium von Fachzeitschriften auf die einschlägige Literatur hingewiesen wird, sondern aus dem Schaufenster sehen muß, was für sein Studium notwendig ist. Der gute Mann, der so vorgebt, wird noch sehr viel zu lernen haben. Das würde mich keineswegs schrecken. Auf die Frage von Herrn vr. Philippi bestätige ich gern und wiederhole es, daß ich diesen damaligen Antrag der Regierung an den Reichstag für durchaus akzektabel, für durch aus annehmbar halte und daß wir nur davon abgesehen haben, einen solchen speziellen Antrag zu stellen, weil wir es der Reichsvegierung überlassen wollen und weil wir glauben, daß die Reichsregierung in dieser Beziehung noch weiter gehen muß gerade in dem Sinne und der Richtung, die vorhin Herr Krause man die Jugend schützen will durch Reinhalten der Schau fenster und Verkaufskästen, nicht auch eine Fassung findet, die gleichzeitig die Schundliteratur trifft. Wegen der Schmutz, literatur hat eine Arbeit der besten deutschen Juristen dem Reichstage Vorgelegen, und die Vorlage war mit so vielen Kautelen versehen, daß man gar nicht ängstlich zu sein und weiter zu suchen braucht, denn, wie gesagt: nicht Verletzung der Schamhaftigkeit an sich, sondern nur die gröbliche Verletzung, und auch dann nur, wenn sie Ärgernis erregt, soll verboten sein! Und das soll noch zu viel sein? Das soll zu viel werden; das sollen Kunst und Wissenschaft nicht vertragen können? Wie gesagt: ich verstehe das nicht; ich glaube, daß wir in dieser Beziehung durchaus mit Recht weitergehen können. Herr vr. Philippi hat sich auf Autoritäten berufen: ich will das in diesem Falle auch tun! Bei meinen Studien der Reichstags verhandlungen bin ich auf einen Mann gestoßen, dem alle Parteien gleiche Hochachtung entgegenbringen, dessen Jurisprudenz allerersten Ranges ist. Das war der Staatssekretär vr. Nieberding, der wohlbekannte, im höchsten Ansehen stehende Mann. Und wie hat dieser Mann sich dazu ausgesprochen? »Ich verstehe Sie garnicht, m. H.« — hat er gesagt, als dieser von mir angezogene Paragraph zur Verhandlung kam —, »es handelt sich doch nur um Schaufenster und öffentliche Wege; wir denken ja garnicht daran, die Erzeugung solcher Kunstwerke zu verhindern; wir wollen nicht in die Ausstellungen gehen und dort alles Nackte, und was alles behauptet wird, verbieten, sondern die öffentlichen Wege und Schaufenster sollen rein gehalten werden, und dennoch« — so fährt er weiter wörtlich fort — »dieses Gejammer, daß die Entwicklung der deutschen Kunst davon abhängig sein soll, das verstehe ich nicht!« So sagte Herr vr. Nieberding, und ich frage Sie: Verstehen Sie das Gejammer von der Wissenschaft? Können Sie es verstehen, daß Kunst und Wissenschaft zu gründe gehen sollen, wenn wir unsere Schaufenster reinigen wollen? Sie werden dem Herrn folgen und ganz auf meiner Seite stehen, wenn ich Ihnen sage: Es ist eine kolossale tendenziöse Über treibung der Herren im Reichstage gewesen, die diese so ver nünftige und naheliegende Vorlage zu Fall gebracht haben. Dann noch einen Umblick nach außen hin! Wie ist es aus wärts? Ist das etwas Besonderes, etwas Außerordentliches? Wir haben die vorzügliche Arbeit von Professor Mittermayer in Gießen in der »Vergleichenden Zusammenstellung aller gesetzlichen Be stimmungen«. Ich will Sie durchaus nicht damit aufhalten, aber an eins will ich Sie erinnern: Amerika, die Vereinigten Staaten von Nordamerika, das berühmte Land der Freiheit, hat eine vorzügliche kurze und bündige Erklärung, nämlich: »Vils auä ült-b^ K00K8«. Das sind gemeine und schmutzige Bücher. Kann man sich etwas Besseres in der Praxis denken? Wir Deutschen sind ja viel zu viel Philosophen und viel zu unpraktisch. Das hat selbstverständlich auch sein Gutes. Da werden alle Aus- drücke auf das genaueste abgewogen. Mit einem solchen allgemeinen Begriff können wir natürlich nicht auskommen, aber es zeigt das doch, daß man anderswo allgemein damit auskommen kann; es zeigt, daß wir nichts Besonderes und Unerhörtes verlangen, sondern daß es durchaus etwas ist, was bei dem freiesten und kultiviertesten Volk angewendet wird. Wenn von Richtern verboten wird, was schmutzig ist, so geht das weiter als das, was hier in Frage kommt. Es ist das so, m. H.! Deshalb glaube ich, Sie bitten zu dürfen, unserem Anträge zuzustimmen, der, das hat kein Redner bestreiten können, auf zulässigem Wege Besserung schaffen will. Ich glaube nun Herrn vr. Philippi besonders dankbar sein zu müssen, wenn er uns praktische Beispiele gezeigt hat, was meines Erachtens der beste Beweis dafür ist, wie notwendig der artige Schritte sind. Ehe ich darauf eingehe, will ich darauf Hinweisen, daß auch in anderer Beziehung Herr Di-. Philippi sehr mit Unrecht unseren Antrag aus praktischen Gründen bekämpft hat. Einmal sagt Herr vr. Philippi: »Dieser Antrag ist im Reichstage abgelehnt; die Reichsregierung hat ja gesprochen; wie können wir darauf zurückkommen?« Soll ich den geehrten Herrn Vorredner daran erinnern, daß wir das schon recht häufig getan haben und noch häufig tun werden? Soll ich daran erinnern, daß im vorigen Jahre durch die Reichsgesetzgebung ein Gesetz abgelehnt ist, welches sich mit der Besteuerung des Nachlasses und der Erbschaften beschäftigte, ein Gesetz, von dem, glaube ich, alle überzeugt sind, daß es gut und verständig war? Dieses Gesetz ist abgelehnt. Will der Herr Fraktionsredner der liberalen Vereinigten sagen, daß die Sache damit erledigt wäre? Sind die Herren so außerordentlich bescheiden geworden? Glauben Sie wirklich, daß Gesetze, wenn sie abgelehnt werden, wenn sie nur gut sind, nicht wiederkommen dürfen? Es ist vollkommen klar, daß sie wiederkommen können und wiederkommen müssen, und daß Sie alle mit uns dafür stimmen werden. Soll das, was beim schnöden Mammon der Fall ist, nicht auch bei Sitten gesetzen möglich sein? Und weiter sagt Herr vr. Philippi: »Es tagt eine Juristen konferenz, nämlich die Juristenkonferenz zur Verbesserung des Strafgesetzbuches. Die habe gesagt, es läge kein Bedürfnis vor, diese fragliche Bestimmung zu verbessern.« M. H.! Die Juristen konferenz, die vom Reichskanzler niedergesetzt ist, um über eine Veränderung und Verbesserung des Strafgesetzbuches zu beraten, hat allerdings eine Veränderung an dieser Gesetzgebung vor genommen, nur, wie ich glaube, eine ganz ungenügende. Ich ver danke das Buch meinem Kollegen vr. Brackenhoeft, der sich ein besonderes Studium daraus macht. Der betreffende Paragraph ist in einem Punkte geändert: Es sind die Strafen erhöht worden. Man pflegt Strafen nicht zu verändern, wenn man glaubt, daß die gegenwärtigen Strafen richtig sind. Diese Straf erhöhung will mir aber wenig einleuchten, da es mir gleichgültig erscheint, ob sie 6 oder 12 Monate Maximum setzen oder 1000 oder 2000 Geldstrafe! Damit werden die Herren nicht weiter kommen. Und wenn man sagt: »Es liegt ein Bedürfnis nicht vor«, so ist das derjenige Punkt, wo wir einsetzen wollen. Ich habe Herrn vr. Philippi schon zugerufen — er hat sich zum Glück nicht dadurch stören lassen —: »Das ist gerade das Sprungbrett für unseren Antrag.« Wenn die Kommission dabei ist das Strafgesetzbuch zu revidieren, und wenn man dabei ist, in allen juristischen Kreisen darüber nachzudenken und zu fragen, was geschehen soll, dann ist es an uns, zu sagen: »Das Bedürfnis liegt vor.« Das ist nicht Sache der Juristen; die sollen das Bedürfnis nachher nur in die richtige Form bringen. Aber wir Väter der Stadt sollen für die Jugend sorgen! Wenn Herr vr. Popert mit Recht gesagt hat, daß überall die Notwendigkeit konstatiert ist, daß das Bedürfnis überall vor handen ist, wenn wir mit Nachdruck in der Hamburger Bürger schaft behaupten und sagen: »Es liegt ein Bedürfnis vor«, dann wird die Juristenkommission ganz von selbst dem Bedürfnis folgen und Bestimmungen geben, die notwendig sind. Freilich muß man solche Bestimmungen wünschen und wollen, und Herr vr. Philippi 170
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