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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.01.1910
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1910-01-31
- Erscheinungsdatum
- 31.01.1910
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- Deutsch
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24, 31. Januar 1910. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel 1609 (vr Poperl) Dl-. Wolffon wird vielleicht nachher sagen: »Das ist dasselbe, wie die Haft, von der ich sprach!« (Zuruf: Nein!) Mir um so lieber, Herr vr. Wolffson, daß Sie den Unterschied selbst anerkennen. Wie jeder Sachkenner weiß, sind die beiden F^lle ja auch ganz verschieden: es ist eine theoretisch und praktisch völlig andere Sache, ob die Strafverfügung geht auf Geldstrafe und die ihr substituierte Haft oder gleich auf Haft. Dieser Irrtum ist aber noch nicht einmal so schlimm, wie der folgende. Herr vr. Wolffson hat, als er hier seine Rede hielt, nicht gewußt, was jeder Referendar, der auch nur zwei Wochen lang im Schöffengericht praktisch tätig gewesen ist, sich an den Schuhen abgelaufen hat, daß nämlich jede Strafverfügung der Polizei ohne weiteres außer Kraft tritt, wenn ge richtliche Entscheidung beantragt wird. Ich weiß nicht, ob man es fertigbringen wird, zu bestreiten, daß sie das wirklich tut. Ich bin auf alles vorbereitet, auch darauf, und kann für den Fall, daß es geschieht, Bezug nehmen auf den Kommentar zur Strafprozeßordnung von Löwe, Auflage 10, Note 5 a zu § 463. M. H.! Der Bericht des Ausschusses ist im Juni 1909 er schienen, vr. Wolffsons Rede ist gehalten am 1. Dezember 1909, also fünf Monate später. Herr Krause hat daher offensichtlich recht, wenn er heute in seiner Rede erklärt hat, er glaube nicht daran, daß sich Herr vr. Wolffson in seiner offenbar lange und sorgfältig vorbereiteten Rede an einem so wichtigen Punkte »ver sprochen« habe. Ich glaube es auch nicht. Herr vr. Wolffson ist einfach in diesem Irrtum befangen gewesen, als er hier sprach. Nun hat er die Sache im Stenogramm geändert. Ich bitte, verlesen zu dürfen, was da nun steht: Man sagt: Der Richter kann es korrigieren! Das ist aber nicht richtig. Wenn auch der Richter nachher sagt, das Verbot fei unberechiigt gewesen, so muß trotzdem die Strafe der Haft eintreten, weil der Befehl nicht befolgt war. M. H.! Das ist noch viel schlimmer. Es enthält eine Un klarheit über das allerelementarste Wesen der Stellung des deutschen Richters im Strafprozeß. Herr vr. Wolffson nimmt also folgenden Fall an: Unser Entwurf ist Gesetz geworden. Ein Buchhändler stellt ein Buch ins Schaufenster. Die Polizei sagt ihm: »Nach § 61a. der Straßen ordnung (oder wie unser Gesetz dann sonst heißen mag) darf dies Buch nicht ausgestellt werden, nimm es aus dem Schaufenster weg«. Der Buchhändler weigert sich. Die Polizei erläßt gegen ihn eine Strafverfügung, die auf Haft lautet. (Daß sie das über haupt nicht kann, habe ich schon gesagt, aber Herr vr Wolffson hat sich eben auch bei der Korrektur des Stenogramms noch in Un- kenntnis über den § 4 des »Gesetzes betreffend das Verhältnis der Verwaltung zur Rechtspflege« befunden.) Der Buchhändler bringt die Sache vor den Richter. Der Richter sagt: »Polizei, in der Sache hast Du unrecht, das Buch fällt gar nicht unter § 51a der Straßenordnung. Aber Du — Angeklagter, hast eine Anordnung der Polizeibehörde nicht befolgt. Daher bist Du strafbar nach nach § 80 der Straßenordnung. Und daher m u ß ich Dich mit Haft bestrafen«. Meine Herren! Meine Empfindungen dabei kann ich nur ausdrücken mit Goethes Wort: »Denn ein vollkommner Widerspruch Bleibt gleich geheimnisvoll für Weise wie für Toren!« Wohlverstanden: Daß Herr vr. Wolffson den ß 80 der Straßenordnung an sich für anwendbar hielt, darin hatte er nach der Fassung des vom Ausschüsse beantragten Gesetzes als eines Teiles der Straßenordnung recht. — Und daran will ich nicht mäkeln, daß Herr vr. Wolffson glaubt, daß in einem Verfahren, das auf Grund § 51a der Straßenordnung eröffnet ist, ein Urteil auf Grund § 80 der Straßenordnung ergehen könne, obwohl mir das nach meinen nicht ganz unbedeutenden praktischen Erfah rungen in Strafsachen recht zweifelhaft erscheint. (Daß etwa, falls mein Zweifel berechtigt ist und also erst ein neues Ver fahren auf Grund § 80 der Straßenordnung eingeleitet werden müßte, dies in einem Falle wie dem angenommenen geschehen würde, glaubt wohl niemand.) Aber daß Herr vr. Wolffson glauben kann: ein deutscher Richter muß — auf das Wort »muß« kommt es an — in einem Verfahren auf Grund einer Strafverfügung der Polizei, die auf Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 77 Jahrgang. Haft lautet, auch seinerseits auf Haft erkennen, — also der Richter ist gegenüber einem Gesetze, das wohlweise Geldstrafe oder Haft zuläßt, an die schwerere Strafart gebunden, weil die Polizei sie verhängt hat. — Das ist das Ungeheuerlichste an Juristerei, was ich, seitdem ich die Ehre habe, der Bürgerschaft anzugehören, gehört habe (Unruhe.) Meine Herren! Es läßt sich nichts gegen meine Ausführungen sagen. Herr vr. Wolffson hat das Stenogramm nach reiflicher Überlegung hergestellt, nachdem, wie ich gehört habe, er von ver schiedenen Seiten darauf angeredet worden ist, daß das, was er in seiner Rede gesagt batte, juristisch doch einfach nicht zu halten sei. Ich bin der Letzte, der vr. Wolffsons gewaltige Bedeutung auf zivilrechtlichem Gebiete bestreitet. (Zu ruf.) Herr vr. Wolffson, ich bitte nochmals, mich nicht zu unter brechen, sondern mich ruhig anzuhören) ich habe Sie auch ruhig angehört. Können Sie das wirklich nicht? Ich wundere mich, daß Sie mir die Überlegenheit zugestehen, daß unter ganz den gleichen Umständen, wo ich ruhig zugehört habe, Sie das nicht können. Sie haben mich als den Berichterstatter des Ausschusses durch Ihre Rede in einer Weise verhöhnt . . . Präsident (unterbrechend): Ich muß bemerken, daß Sie nicht berechtigt sind, zu sagen, Herr vr. Wolffson habe Sie verhöhnt, Würde er Sie verhöhnt haben, würde ich das gerügt haben. Ich muß Ihre Bemerkung daher beanstanden. vr. Popert (fortfahrend): Wenn der Herr Präsident er klärt, daß ich die Behauptung, Herr vr. Wolffson habe mich ver höhnt, nicht aufstellen darf, so nehme ich sie zurück. Um in der Sache fortzufahren: Es ist mir unklar, wie jemand, der auf einem juristischen Gebiet (dem zivilistischen) einen so ge waltigen Ruf hat, wie Herr vr. Wolffson, dann auf dem Boden eines anderen Gebietes der Rechtswissenschaft, um eine Sache zu Fall zu bringen — ich will den mildesten Ausdruck gebrauchen — so leichtherzig Vorgehen kann. Präsident (unterbrechend): Ich kann nicht zugeben, daß Herr Vr. Popert in dieser Weise über ein Mitglied des Hauses spricht, daß es leichtfertig vorgegangen sei. vr. Popert (fortfahrend): Entschuldigen Sie, Herr Präsident, »leichtherzig« habe ich gesagt. (Zustimmung.) Präsident: Ich habe »leichtfertig« verstanden, dann erledigt sich die Rüge. (Fortsetzung folgt.) Kleine Mitteilungen. Das erste Lehrbuch der Gaunersprache und sein Ver fasser. — Bei der Herstellung des Generalkatalogs der König lichen Bibliothek in Stuttgart hat sich, wie im letzten Heft der »Zeitschrift für Bücherfreunde« Ernst Arnold mitteilt, ein Buch gesunden, das sowohl seines Inhalts wie seines Verfassers wegen zu den absonderlichsten Büchern gerechnet werden darf, die je mals geschrieben oder gedruckt worden sind. Das Buch ist be titelt: »Wahrhafte Entdeckung der Jauner- oder Jenischen Sprache, von dem ehemals berüchtigten Jauner Konstanzer Hansz. Auf Begehren von Ihme selbst aufgesetzt und zum Druck befördert. Sulz am Neckar 1791«; sein Verfasser aber ist ein gewisser Johann Baptist Heppenberger, der im Jahre 1759 bei Oggenau im Schwarz wald als Sohn eines aus Konstanz stammenden umherziehenden Schusters geboren war, wovon er den Namen »Konstanzer Hans« führte. Heppenberger, der begreiflicherweise nur eine recht vernach- lässigte Erziehung erhielt, zeichnete sich von Jugend auf durch seinen Hang zur Ungebundenheit und zum Räuberleben aus und wurde bald das anerkannte Haupt einer Räuberbande, die jahrelang das ganze Land von Oberschwaben bis zum Rhein und zur Donau räubernd und brandschatzend durchzog und in Schrecken hielt, bis er im Jahre 1782 dem um die Bekämpfung der Gaunerplage in Ober schwaben sehr verdienten badischen Oberamtmann Schäffer zu Emmendingen in die Hände fiel. Dieser erkannte bald, daß der von Hause aus sehr begabte und gutartige Heppenberger nur durch seine schlechte Erziehung und Umgebung zum Räuber ge worden war, und versuchte daher, ihn durch gütliches Entgegen kommen und Aufstachelung seines Ehrgeizes zu einem nützlichen Gliede der menschlichen Gesellschaft und insbesondere zu einem tüchtigen Helfer gegen das Gaunertum zu machen. Er hatte 171
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