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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.01.1910
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- 1910-01-31
- Erscheinungsdatum
- 31.01.1910
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1298 v.senblatt f. d. Dlsch». Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 24. 31 Januar 1910 (O. Rode) Ausschuß würde zunächst abwegig werden in seinen Ausführungen und Beratungen, wenn er dazu sagte: es muß allein mit geistigen Mitteln gekämpft werden. Daß es sich auch auf diesem Gebiete inn geistige Mittel handeln muß, das ist der ganzen Bürgerschaft klar gewesen, das ist uns im Ausschuß keineswegs verborgen gewesen. Aber wenn uns zunächst die öffentliche Straße zur Be arbeitung hingestellt wird, so wird die Bürgerschaft von ihrem Ausschuß etwas anderes zu erwarten berechtigt sein, als daß er sagt: Verteilt Merkblätter an die Kinder und Eltern, gebt den Kindern reichlich gute Bücher, usw. Wir können unmöglich den Kampf mit geistigen Waffen auf die Straße verlegen und dort Tribünen errichten, um die vorübergehende Jugend zu warnen. Da handelt es sich darum, daß wir das Ärgernis zu beseitigen suchen, welches der Jugend auf öffentlicher Straße geboten wird. Darin sind die Herren Ausschußmitglieder »von Ruwolt bis Krause« durchaus einverstanden gewesen, daß es unsere Pflicht sei, zu fragen: Was können wir durch öffentliche Schutzmaßregeln tun, um der Jugend diesen oder jenen Einblick auf der Straße, der sie gefährden kann, zu entziehen? Wir haben gearbeitet, weil wir eine einmütige Bürgerschaft hinter uns wußten, und es ist uns, das darf ich sagen, von rechts nach links eine große Freude gewesen, uns gegenseitig in der Tendenz völlig einig zu wissen. Bei allem Kampf und Streit, der die Parteien von rechts nach links zerklüftet, ist es eine wahre Freude, wenn man sieht, daß in den sittlichen Grundbegriffen und Grundforderungen durch unser ganzes deutsches Volk, nicht nur durch unsere ham- burgische Bevölkerung, ein gemeinsamer Zug hindurchgeht. So kann ich speziell von mir sagen, daß ich mit Freuden an die Stunden zurückdenke, die wir im Ausschuß gearbeitet haben, um uns der Materie, die uns anvertraut war, zu bemächtigen. Es ist uns gesagt worden, und das ist durch die Ausführungen des Herrn I),. Philippi hindurchgegangen: Schließlich sei der Schade, um den es sich hier handelt, nicht so übergroß geworden; man habe die Zustände, daß Kinder verführt werden, immer gehabt; es würde jetzt nur immer in den Zeitungen gleich bekannt ge macht, Schuld sei diese und jene Schundliteratur. So habe man früher unter Robinson Crusoe gelitten; es habe Jungen gegeben, die sich auf da - Gebiet der Waghalsigkeit begeben hätten, und dergleichen mehr. Herr Or. Philippi hat davon gesprochen, daß die Statistik der Kriminalfälle ausweise, daß jedenfalls die Ver gehen und Verbrechen der Jugendlichen nicht zugenommen hätten, es sei ein Stillstand eingetreten, vielleicht ein Rückgang, den Herr Di-. Philippi im Deutschen Reiche bemerkt hat, der sich vielleicht auch in Hamburg Nachweisen ließe. Herr vr. Philippi hat gesagt, es fehlten ihm die Zahlen; ich habe mich an einer Stelle erkundigt, die es wissen könnte, und da ist mir gesagt worden: »Das kann man hier in Hamburg auch seststellen.« Aber nur daraus allein zurückzuschließen, ist denn doch sehr gewagt. Wir haben seit zwei Jahren in Hamburg ein anderes Forum, wo sich auswcisen muß, ob in bezug auf die Kinder und die unmündige Jugend besondere Klagen zu erheben sind. Sie wissen, daß ich zu den Bürgern gehöre, die berufen sind, das von Senat und Bürgerschaft ins Werk geleitete große Unternehmen der Fürsvrgegcsetzgebung in die Tat umzusetzen, und da, m. v. H., treten uns außerordentlich viele Zustände entgegen, denen gegen über wir stutzig werden können. Gestatten Sie mir, daß ich Ihnen in dieser Beziehung ganz wenige Zahlen vortrage! Im Jahre 1908 sind 1273 Anträge auf Zwangserziehung gestellt worden, (Hört, hört!) an denen 1674 Kinder beteiligt waren. Wenn man nun sagt: »Wenn ein solches neues Gesetz zuerst durchgeführt werden soll, dann müssen alle Neste aus den vergangenen Jahren aufgearbeitet werden«, so ist dem hinzuzufügen, daß in den 11 Monaten dieses Jahres, die ab geschlossen sind, wieder 1144 Anträge neu hinzugekommen sind und daß sich diese Anträge auf 172t Kinder in diesem Jahre be zogen haben. Es bat sich herausgcstellt, daß eine ganze Reihe von Fällen abzuziehen ist, wo die Kinder im Hause gefährdet sind, ohne selbst Schaden erlitten zu haben. Aber selbst, wenn wir danach 3 7 Fälle in einem Jahre, 217 im nächsten Jahre abziehen, so bleiben immer noch ganz bedenkliche Zahlen zurück, die uns ein Bild davon geben, wie sehr die Jugend in mancher Beziehung in unserer Großstadt gelitten hat. Es waren im Jahre 1908 295 Fälle von Eigentumsvergehen; in diesem Jahre 272 Fälle; 37 Fälle von Unsitllichkeit im vorigen, 41 in diesem Jahre, 4 Fälle von Roheiten, von denen in diesem Jahre 12 hinzu kommen; 268 Fälle wegen Führung eines unsit'lichen Lebens wandels: in diesem Jahre wieder 164 Fälle. Das sind doch Zahlen, die zu denken geben, und ich weiß nicht, m. v. H., ob diese Zahlen uns so vorgeschwebt haben, als wir zuerst an das Werk der Fürsorgeerziehung hinangegangen sind. Wir haben die Fälle einer ernsten Prüfung unterzogen, um auch nicht zu früh einzugreifen und zu weit zu gehen. Aber in 603 Fällen im Jahre 1908 mußte doch die staatliche Erziehung eingeleitet werden, ebenso in 273 Fällen in diesem Jahre. In 279 Fällen im Jahre 1908, in 391 Fällen in diesem Jahre mußte eine besondere Auf sicht durch staatliche Organe den betreffenden Jugendlichen gesetzt werden. So sehen Sie, m. v H., daß, wenn man auch die Größe unserer Stadt in Betracht zieht, man doch stutzig werden und sagen muß: »Können die Zustände so weiter gehen, ohne daß man versucht, hier und da einzugreifen und zurückdämmende Maßregeln einzuführen?« Nun werden Sie mir sagen: »Wie läßt sich beweisen, daß irgendwie die sogenannte Schmutz- und Schundliteratur mit dieser Sache etwas zu tun hat?« Ich habe mir aus den Akten eine ganze Reihe von Fällen heraus ziehen lassen, bei denen die Wirkung dieser Literatur zur Sprache gekommen ist. Nicht immer kommt es dahin, Eltern, Vormünder und Lehrer zu befragen: »Haben die Kinder durch eine solche Literatur, die die Seele vergiftet, gelitten?« Aber wenn wir Bürger die Sprache darauf brachten, ist uns wiederholt ein solches Zeugnis gegeben worden. Es ist nicht allein die durch die Zeitungen gehenden, auswärts vorgekommenen Fälle, die uns stutzig gemacht haben, sondern, wenn wir bei uns sehen, daß ein Jugendlicher mit einem Stockdegen und Revolver im Hause herumhantiert und sich herausstellt, daß er mit Vorliebe Detektivgeschickten gelesen hat, oder wenn sich herausstellt, daß ein Junge den Eltern entläuft, in geschlossene Behausungen einbricht und einsteigt, um sich allerlei gefährliches Material anzueignen, womit er anderen Leuten Böses tun will, und wenn wir dabei auf diese Art Lektüre stoßen, dann fragt man sich doch: »Sind alle die geistigen Waffen dagegen allein wirksam und genügend? Hat die Bürgerschaft nicht Recht getan, als sie den Ausschuß mit dem Mandat einsetzte, zunächst einmal zuzusehen, ob sich nicht dieses oder jenes Verbot finden und durch führen ließe?« Nun wird gesagt, daß alle Anträge, die wir vorgelegt haben, nicht angängig seien und sich nicht durchführen ließen. Wir haben die bedeutendsten Juristen gehört, und fern sei es von mir, mich mit diesen Herren Juristen in eine Polemik einzulassen; aber um das eine möchte ich Sie bitten: Warten Sie, ehe Sie ein Urteil fällen, auch unseren Juristen im Ausschuß ab. (Zuruf.) Es wird der Herr sich doch verteidigen dürfen, Herr vr. Nöldecke, und mit den Einzelheiten sich beschäftigen, die die Herren vr. Wolffson und I),-. Philippi vorgebracht haben. Wir haben doch zunächst Rede, Gegenrede und dann die Replik, oder wie Sie es nennen; das ist ja wohl die juristische Sprache! (Heiterkeit ) Es lag uns als Laien ziemlich nahe, daß die Hamburger Straßenordnung Raum böte, um eine solche Maßnahme des Ver bots in sich aufzunehmen. Sollten wir uns geirrt haben, sollte man zu anderen Maßregeln greifen wollen: wir Mitglieder des Ausschusses sind in dieser Beziehung nicht unbelehrbar. Wir wollen die Sache zur Geltung bringen und werden uns in formeller Be ziehung gern von Ihnen belehren und überzeugen lassen, daß wir uns geirrt haben. Herr vr. Wolffson hat davon gesprochen, daß ein Mitglied des Ausschusses — das bin ich gewesen — mit ihm im Gespräch ge wesen sei und gesagt habe: »Unsere Idee ist, dasjenige, was für die Verkaufsstände auf öffentlicher Straße gilt, auf die Schau fenster auszudehnen; das ist erstrebenswert.« In bezug auf die Verkaufsstände auf öffentlicher Straße hat die Polizei das ihre in vollem Maße getan, vielleicht in dieser Beziehung etwas mehr nach der einen oder anderen Richtung, als dem einen oder anderen von Ihnen lieb ist. Die Polizei hat sich in der Folge, seitdem der Ausschuß eingesetzt ist, auf der Bahn weiter vor- gcwagt, die sie vorher schon ins Auge gefaßt hat. Sie hat sich in den letzten Monaten mit der Oberschulbehörde ins Einvernehmen gesetzt, nachdem eine Maßregel, die sie getroffen hat, nicht überall Anklang gefunden hat, nämlich den Verkauf in den Verkaufs-
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