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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.05.1910
- Strukturtyp
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- 1910-05-10
- Erscheinungsdatum
- 10.05.1910
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- Deutsch
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105, 10. Mai 1910. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 5549 (Erbprinz zu Hohenlohe-Langenburg) wenn man ihm sagen wollte: willst du für deine Nachkommen sorgen, so spare gefälligst bei deinen Lebzeiten und sammle dir ein Kapital an, damit deine Nachkommen etwas von deinen Er sparnissen haben! Ja, dazu müßte der Künstler bei seinen Leb zeiten eben in der Lage sein, zu sparen; und das sind eben viele von unseren großen Künstlern niemals gewesen. Die meisten oder wenigstens eine sehr große Anzahl von ihnen haben ein kümmerliches Dasein geführt und konnten ihren Nachkommen nicht dasjenige an Ersparnissen hinterlassen, wovon diesen wiederum ein sorgenfreies Leben erwachsen könnte. Mittelbar kann die Dauer der Schutzfrist auch für die Produk tivität des Künstlers von ganz besonderer Wichtigkeit sein. Ich glaube, wenn er sich nicht schwere Sorgen um die Existenz seiner Nachkommen zu machen braucht, wird ihm auch das künstlerische Schaffen erleichtert und ihm dadurch die Möglichkeit gegeben, in größerer Zahl Werte zu schaffen, an welchen die Nation in der Zukunft zehren kann, als er bei kümmerlichem, traurigem Leben zu schaffen in der Lage ist. Er wird auch bei seinen Lebzeiten materielle Vorteile aus einer verlängerten Schutzfrist erzielen können. Ich weiß, daß sehr viele mit Recht den Einwurf erheben werden, dasjenige, was aus der Verlängerung der Schutzfrist an Einnahmen eingeht, wird vielfach zum größten Teil in die Tasche des Verlegers fließen. Gewiß, den meisten Künstlern und auch ihrer Nachkommenschaft wird in den seltensten Fällen ein un- mittelbarer Gewinn aus der Publikation ihrer Werke zuteil werden. Ich meine aber, daß der Verleger, wenn die Schutz frist eine längere ist, sich leichter dazu herbeilassen wird, ein auf strebendes Talent zu fördern, ihm durch Gewährung entsprechen der Honorare sein Leben leichter zu machen, als es bisher der Fall gewesen ist. Meine Herren, Sie dürfen nicht vergessen, daß der Verleger immer ein großes Risiko auf sich nimmt, wenn er einen Künstler fördern will, dem die Mitwelt nicht schon gewonnen ist. Er wird dieses Risiko um so leichter auf sich nehmen, je länger die Schutzfrist ist, innerhalb deren ihm die pekuniäre Verwertung eines Werkes zusteht. Da spricht das materielle Interesse des Verlegers mit, welches in letzter Linie auch dem Künstler zugute kommen kann. Gegen eine verlängerte Schutzfrist werden nur kulturelle Gründe ins Feld geführt, kulturelle Gründe, denen ich eine Be rechtigung durchaus nicht absprechen kann. Es wird mit Recht gesagt, daß es für die Kultur der Nation von höchstem Werte sei, daß die Werke ihrer großen Schriftsteller und Künstler eine möglichst rasche und weite Verbreitung finden. Gewiß ist das richtig; es wäre im höchsten Grade beklagenswert, wenn die Werke eines Goethe, Schiller usw. erst lange Zeit gebraucht hätten, um sich einzubürgern; aber ich meine, die Gefahr, daß die Verbreitung eine geringere sein würde, wäre doch auch bei ver längerter Schutzfrist nicht eine so große, wie die Gegner dieser Verlängerung oft behaupten. Die Verleger werden doch ihren eigenen Vorteil darin erblicken, von den Werken eines Autors, der allgemeine Anerkennung findet, der sich als ein Förderer der Kultur seiner Nation erweist, billige Volksausgaben zu veran- stalten, welche schon vor Ablauf der Schutzfrist es ermöglichen, daß seine Werke in weite Volkskreise dringen. Ich habe kürzlich in den Zeitungen gelesen, daß von dem verstorbenen großen norwegischen Schriftsteller Björnson eine billige Volksausgabe schon jetzt, also sofort nach seinem Tode, veranstaltet werden soll. Die Technik ist heute so weit vorgeschritten, daß, wenn uns der Himmel wieder einen so großen genialen Dichter schenken sollte, seine Werke auf diesem Wege in das Publikum gebracht würden, ohne daß wir zu besorgen brauchten, daß die fünfzigjährige Schutz frist dabei hindernd in den Weg träte. Es ist in der Kommission darauf hingewiesen worden — und das wird auch vielfach im Publikum hervorgehoben —, das Genie schöpfe aus dem geistigen Schatze seiner Nation und sei deshalb der Nation schuldig, ihr möglichst bald dasjenige, was es von ihr empfangen hat, wiederum in der Gestalt seiner Werke zu weitester Verbreitung zurückzugeben. Ich stimme damit überein, daß das Genie die Quintessenz alles Guten und Edlen ist, was der Geist einer Nation in sich birgt; aber wenn die Nation von dem Genie fordert, daß es ihr gegen möglichst geringes Entgelt möglichst rasch alle die Schätze, die sein Geist hervorgebracht hat, auch Börsenblatt fiir den Deutschen Buchhandel. 77. Jahrgang. wieder zur Verfügung stellen soll, muß das Volk sich auch dem Genie gegenüber etwas liberaler und großmütiger verhalten, als es leider vielfach die Erfahrung gelehrt hat. Ich brauche hier nicht im einzelnen darauf hinzuweisen, wie viele von unseren großen Männern ihr Lebenlang gedarbt haben, wie viele von ihnen in schweren Sorgen um die Zukunft der Ihrigen gelebt haben. Das ist eine allzu bekannte Tatsache, als daß sie im einzelnen ausgeführt werden müßte. Nicht nur das Genie hat Pflichten gegen die Nation. Auch das Volk, das dem Genius für seine geistige Entwicklung so viel verdankt, hat hohe Pflichten gegen die großen Männer, die seine Entwicklung gefördert haben- Es könnte es deshalb auf darauf ankommen lassen, eventuell selbst ein Opfer bringen zu müssen, wenn es hoffen darf, dadurch die großen Männer zu fördern. Wie oft sind unsere Dichter, unsere Musiker zu ihren Lebzeiten verkannt, angefeindet worden und haben unter ihren eigenen Mitbürgern mehr Feinde als Freunde finden müssen; denn wenn auch schließlich das wahrhaft Große zum Durchbruch kommt, so dauert das doch oft recht lange Zeit- Es darf nicht vergessen werden, daß gerade das Genie seinen Zeitgenossen meist voraus ist, daß es ihnen die Wege bahnt, und daß sie selbst — wenigstens in ihrer Mehrheit — nicht zu erkennen vermögen, wohin diese Wege gehen. Meine Herren, was ich bis jetzt sagte, würde wohl dazu führen, ganz allgemein die Ausdehnung der Schutzfrist auf fünfzig Jahre zu beantragen. Es würde mir auch am allerliebsten sein, wenn ich das mit Aussicht auf irgendwelchen Erfolg könnte und darin dem Beispiel der Mehrheit der anderen Staaten folgen dürfte. Ich sehe aber ein, daß hier keine Aussicht ist, einen solchen Antrag mit irgend welcher Hoffnung auf Erfolg zu stellen. Deshalb habe ich mich auf den Ihnen vorliegenden Antrag be schränkt. Bei den Werken der Tonkunst und bei Bühnenwerken treffen diejenigen Erwägungen, welche ich mir eben anzuführen erlaubte, in verstärktem Maße zu. Bücher werden ja auf dem schnellsten Wege verbreitet; jeder kann sie kaufen, jeder kann sie lesen, und soweit einer Verstand hat, kann sie auch jeder mebr oder weniger verstehen. Aber mit der Musik und mit Bühnenwerken verhält es sich ganz anders; da bedarf es immer einer Zwischenstufe, einer Interpretation durch andere Organe: die Bühne, das Konzert, das Instrument usw. Hier genießt also das Publikum die Werke seiner großen Meister nicht unmittelbar, sondern auf dem Wege der Interpretation. Nach meiner Ansicht würde das Freiwerden derartiger Werke nicht unmittelbar dem Publikum zugute kommen, sondern in erster Linie den Unternehmern von Theatern, Konzerten usw. Ich möchte sehr bezweifeln, ob die Eintrittspreise sich wesentlich niedriger stellen würden, wenn die Schutzfrist eine kürzere wäre. Ich glaube, meine Herren, daß der Unterschied in den Preisen wohl sehr gering sein würde, und daß das Publikum Aufführungen dramatischer oder musika lischer Meisterwerke dadurch nicht seltener zu besuchen in der Lage wäre, wenn die Schutzfrist sich verlängerte. Gerade für den Musiker würden die Vorteile, die er bei seinen Lebzeiten von einer verlängerten Schutzfrist genießen könnte, noch erheblicher sein als für den Schriftsteller; denn der Musiker und speziell der jenige, der große, gute Musik schafft, ist seinen Zeitgenossen im allgemeinen noch weniger verständlich als der geniale Dichter. Das hat sich bei allen unseren großen Musikern gezeigt, von Bach bis auf Beethoven und Wagner (sehr richtig!), daß sie von ihren Zeitgenossen deswegen so wenig verstanden wurden, weil sie neue Wege wiesen, die der allgemeinen Ge wohnheit zuwiderliefen, und weil sie sich eben doch an einen künstlerischen Sinn im Menschen wandten, der nicht so allgemein verbreitet ist wie das Verständnis für Dichtkunst und für Literatur. Wir müssen hier also entschieden mit einer längeren Zeit rechnen, bis sich die Werke der großen Meister einbürgern, und gerade die Berechnung, die, wie ich vorhin auszuführen mir erlaubte, der Verleger anstellt und anstellen muß, wird sich beim Musiker in besonders verstärktem Maße geltend machen, nämlich die Be rechnung auf den Vorteil, den er nach dem Tode des Autors, nach dem Verbreitetwerden des Werkes aus diesem Werke wird ziehen können. Ich möchte auch noch darauf Hinweisen, daß die Musik als Weltsprache sich dazu eignet, auch in fremden Ländern bedeutend 717
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