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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.05.1910
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- 1910-05-10
- Erscheinungsdatum
- 10.05.1910
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5550 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 105. 10. Mai 1910. (Erbprinz zu Hohenlohe-Langcnburg) schneller Verbreitung zu finden als die Sprache des Dichters. Den Musiker Beethoven, Mozart, oder wie sie heißen mögen, kann der Franzose, kann der Engländer, kann der Italiener ebenso gut verstehen wie der Deutsche. Die Musik spricht eine inter nationale Sprache, möchte ich sagen. ' Nun kommen wir hier zu der praktischen Frage, welche die Berner Übereinkunft, wie sie jetzt abgeschlossen worden ist, uns stellt. Wenn Sie den Abs. 2 des Art. 7 sich ansehen, so finden Sie darin folgendes: Doch richtet sich für den Fall, daß diese Dauer — nämlich die Dauer der Schutzfrist — nicht gleichmäßig von allen Verbandsländern angenommen sein sollte, die Dauer nach dem Gesetze desjenigen Landes, wo der Schutz beansprucht wird; sie kann aber die in dem Ursprungslands festgesetzte Dauer nicht überschreiten. Die Vertragsländer sind daher nur in dem Maße verpflichtet, die Vorschrift des vorhergehenden Absatzes — nämlich des Absatzes, welcher die Dauer der Schutzfrist regelt — zur Anwendung zu bringen, wie sich dies mit ihrer inneren Gesetzgebung in Einklang bringen läßt. Wenn also ein musikalisches Werk z. B. in Frankreich verlegt wird, so genießt es die fünfzigjährige Schutzfrist in Frankreich sowohl wie in allen anderen Ländern, wo die fünfzigjährige Schutzfrist statuiert ist, bei uns dagegen nur die dreißigjährige Schutzfrist. Wird aber ein musikalisches Werk in Deutschland verlegt, so ge nießt es unsere dreißigjährige Schutzfrist nicht nur bei uns sondern auch in Frankreich und in allen Ländern der fünfzig jährigen Schutzfrist; es ist dort nicht weiter geschützt als bei uns. Es ist also ein ganz llarer Vorteil für jeden Musiker oder für jeden Verleger von musikalischen Werken, wenn er diese Werke in Frankreich oder in einem der Länder mit SOjähriger Schutzfrist verlegt. — Ich spreche hier besonders von musikalischen Werken, weil eben diese im Auslande sich viel leichter verlegen lassen als Dichterwerke, die erst der Übersetzung bedürfen. — Ich meine also, daß unsere Dichter sowohl wie auch unsere musika lischen Verleger sehr leicht in die Versuchung geraten werden, ihre Werke im Auslande zu verlegen, in einem Lande, wo die 60jährige Schutzfrist statuiert ist, um dadurch den Genuß dieser 50jährigen Schutzfrist in den meisten europäischen Ländern für sich in Anspruch zu nehmen. — Geschieht dies, so haben wir in Deutschland nicht nur materiellen Nachteil zu befürchten, sondern es ergäbe sich ein Zustand, der etwas Beschämendes für uns hätte. Denn es ist doch nicht zu leugnen, daß es für ein Land wie Deutschland nicht gerade ehrenvoll wäre, wenn seine Musiker, seine musikalischen Verleger erst auswandern müßten, um die jenigen materiellen Vorteile zu genießen, die Künstlern in anderen Staaten zuteil werden. Meine Herren, ich weiß wohl, daß wir mit gesetzgeberischen Bestimmungen keine Genies schaffen können. Das wäre ein ver geblicher Wunsch. (Zurufe.) Sonst könnten wir wohl viele haben und wären in dieser Be ziehung sehr schön dran — vielleicht auch nicht; es käme auf die Gesetze an. Aber, meine Herren, die Nation, die ihren großen Genies so unendlich viel verdankt, wie wir, und die mit Recht stolz ist auf die großen Männer, die sie hervorgebracht hat, hat, wie ich meine, doch auch die schöne Pflicht, den Bahnbrechern auf dem Gebiete geistiger Kultur nach Kräften günstige Daseins bedingungen zu gewähren, die ihnen ein freudiges Schaffen er leichtern, und ihnen ein weniger kümmerliches Leben zu ermög- lichen als dasjenige, welches so viele in der Vergangenheit geführt haben. Durch eine Verlängerung der Schutzfrist würden wir nicht etwa unseren geistigen Interessen schaden, wie so viele meinen, sondern im letzten Ende würden wir damit unseren höchsten Interessen selbst den größten Dienst erweisen. Ich empfehle Ihnen daher, meine Herren, diesen Antrag zur Annahme. (Lebhaftes Bravo.) Vizepräsident vr. Lpahn: Das Wort hat der Herr Abge ordnete Kirsch. Kirsch, Abgeordneter: Meine Herren, der Herr Vorredner hat seinen Antrag sehr ausführlich begründet, aber für mich und meine politischen Freunde sind seine Darlegungen doch nicht über zeugend gewesen. Wir haben bereits vor mehreren Jahren, als die vorliegende Frage den Reichstag beschäftigte, der 30jährigen Schutzfrist zugestimmt und die 60jährige nicht akzeptiert. Wir werden den Antrag auf Verlängerung der Schutzfrist auch heute ablehnen und bitten, es beim Kommissionsbeschluß zu belassen. Der Herr Vorredner hat an das Ehrgefühl der Nation appelliert, das dazu führen müsse, unseren geistigen Heroen und deren Nachkommen die längere Schutzfrist angedeihen zu lassen. Demgegenüber muß aber darauf hingewiesen werden, daß in Deutschland immer diese 30jährige Schutzfrist bestanden hat, während andere Nationen vielfach erst später zum Schutze des geistigen Eigentums gekommen sind. Wir können die Gründe, die bei anderen Nationen zu der längeren Schutzfrist geführt haben, für uns nicht als bindend anerkennen. Der angeblichen Ehrenpflicht des deutschen Volks gegenüber den geistigen Größen der Nation steht die andere Ehrenpflicht gegenüber, die Gaben, die der Nation von ihren großen Künstlern zugekommen sind, im Volke selbst zu immer weiterer Verbreitung zu bringen. Des halb halten wir die 30jährige Schutzfrist für genügend. Ich will nicht auf alle die Einwendungen, die der Herr Vor redner gegen die 30jährige Schutzfrist vorgebracht hat, und auf alle die Gründe, die er für die 50jährige Schutzfrist angeführt hat, ein- gehen; auf einiges muß ich aber zurückkommen. Er hat gemeint, wenn die Kaufmannschaft, die Industrie ihren Erben ein gut gehendes, hochgetriebenes Geschäft hinterlassen dürfe, ausgerüstet mit den neuesten Erfindungen, die der Geschäftsinhaber bei Leb zeiten gemacht hat, so müsse man das den Erben der Komponisten und der Dichter auch gönnen. Das liegt aber doch anders, Kauf leute und Industrielle arbeiten zum großen Teil nicht für die All gemeinheit, sondern für ihr Geschäft, für ihre Familie und für ihr Fortkommen; jedenfalls mehr, als es Dichter und Komponisten tun. Man sagt zwar, die Kunst gehe vielfach nach Brot; aber im großen und ganzen stehen unsere Künstler doch höher, sie entfalten die von Gottt in sie gelegten Anlagen aus innerem Antrieb, hier auf beruhen ihre künstlerischen Produkte. Es ist richtig: ein Teil unserer Künstler und geistigen Heroen sind, was ihre materielle Lage anbelangt, nicht besonders gut gebettet. Andere haben es aber verstanden, sich ein nettes Vermögen zu erwerben. Ich will hier keine Namen nennen. Ein Teil der Künstler ist aber in der Lage gewesen, große Einnahmen zu machen. Aber es hat diesen dann oft das finanzielle Talent gefehlt, ihr Vermögen weiter zu verwerten; sie leben zum Teil etwas zu sehr in den Tag hinein. Es ist weiter gesagt worden, die Verleger würden die Künstler mehr fördern und Heranwachsende Talente heranzuziehen suchen wenn sie wüßten, daß die Schutzfrist 50 Jahre dauere. Das wird aber nicht allgemein der Fall sein; denn gerade gegen die Ver leger wird vielfach der Vorwurf erhoben, daß sie bei den Verträgen viel mehr die Interessen ihrer Verlagsanstalt berücksichtigen als die Interessen der Künstler und der Dichter. Es ist auch gesagt worden bei der speziellen Begründung des Antrags des Herrn Vorredners, der nur die Aufführungen der Werke der Tonkunst und der Bühnenwerke unter die längere Schutzfrist stellen will: die Verkürzung der Schutzfrist bzw. die Beibehaltung der 30jährigen Schutzfrist würde nicht dem großen Publikum zugute kommen, weil es sich hier um Aufführung von Werken, die in den Händen gewisser Unternehmer läge, handle, und diese würden den Preis für Theater und Konzertvorstellungen nicht billiger stellen. Dem steht aber die Tatsache entgegen, daß, wenn ein derartiges Werk frei wird, nicht mehr der ursprüngliche Käufer desselben allein zur Aufführung desselben befugt ist, und die Konkurrenz der verschiedenen wird dann schon für eine Ver billigung des Preises wirken. Wenn weiter die Musik gewissermaßen als eine internationale Sprache bezeichnet und ausgeführt worden ist, daß es eigentümlich sei, daß die Schutzfrist in andern Ländern 50 Jahre betrage, sie sich bei uns nur auf 30 Jahre belaufe, so muß ich zugeben, das Beispiel, das der Herr Vorredner angeführt hat, hat etwas Frappierendes, nämlich, daß, wenn ein Werk in Deutschland eine 30jährige Schutz frist hat, es auch, wenn es in Frankreich aufgeführt wird, 30 Jahre Schutz genießt. Aber andererseits dürfen wir doch nicht allein auf diese internationalen Beziehungen Rücksicht nehmen und befürchten, daß die deutschen Verleger dazu übergehen könnten, um die Schutz frist von 50 Jahren z. B. in Frankreich zu erlangen, die aufzu führenden Werke nun dort erscheinen zu lassen. Ich glaube nicht.
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