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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.05.1910
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- 1910-05-10
- Erscheinungsdatum
- 10.05.1910
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- Deutsch
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^ 105, 10. Mai 1910. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 5551 (Kirsch) daß eine derartige Befürchtung begründet ist. Es ist ja auch viel fach bei der letzten Finanzreform gedroht worden, wenn die Steuern zu hoch würden, würden die industriellen Betriebe aus Deutschland auswandern und in anderen Ländern Niederlassungen einrichten. Im großen und ganzen ist dies nicht der Fall gewesen, und ich glaube, wir brauchen das auch hier nickt zu befürchten. Wenn es auch richtig ist, daß die Musik gewissermaßen international ist, so muß man doch andererseits berücksichtigen, daß man auch eine deutsche, eine italienische, eine spanische Musik hat, und daß man in fremden Ländern die Musikstücke eines anderen Landes hauptsächlich nur deshalb aufführt, um sie kennen zu lernen, daß sie aber eine wirkliche Popularität meist nur in demjenigen Lande erlangen, welchem der Tonkünstler angehört. Bei uns ruft eine Beethovensche Sinfonie einen ganz anderen Eindruck hervor als in Frankreich oder England, und umgekehrt wird bei uns franzö- fische oder spanische Musik niemals dieselbe Beliebtheit erlangen wie in dem betreffenden Heimatlande; solche Musik ist dem deutschen Gemüte, dem deutschen Ohr zu fremd. Sie kann uns wohl vor übergehend fesseln, kann aber nie eine volle Volkstümlichkeit erlangen. Also auch von diesem Gesichtspunkte aus ist das, was der Herr Vorredner gesagt hat, wohl unbegründet. Ich bitte Sie deshalb, es bei dem Kommissionsbeschluß zu lassen, und ich glaube, es ist, um mit den Worten des Herrn Vorredners zu enden, eine Ehrensache für uns, daß wir dem deutschen Volke möglichst früh die Güter freigeben, die seine Heroen auf geistigem Gebiet geschaffen haben. (Bravo! in der Mitte.) Vizepräsident Or. Spahn: Das Wort hat der Herr Abge ordnete vr. Junck. vr. Junck, Abgeordneter: Meine Herren, meine politischen Freunde sind für die kurze Frist; ich werde dieser Neigung zur Kürze dadurch praktischen Ausdruck geben, daß ich mich auf ganz kurze Erwägungen beschränke. Die Ausführungen des Herrn Erbprinzen zu Hohenlohe- Langenburg waren gewiß sympathisch; aber man muß doch diese Frage mehr auf das Interesse der Allgemeinheit zurückführen. Man darf nicht das Interesse des einzelnen Autors, der die Nation bereichert, nicht die Pflicht der Dankbarkeit in den Vorder grund stellen, die die Nation gegenüber solchen Männern hat. Die Frage ist nur so zu stellen: was ist der Allgemeinheit das dienlichste? Die Allgemeinheit ist aber am meisten daran inter essiert, daß die Geisteswerke möglichst bald der allgemeinen popu lären Benutzung anheimfallen, möglichst bald Gemeingut der Nation werden. Alle Schutzrechte, auch die gewerblichen, haben ja doch wohl nur den Sinn, die geistigen Potenzen im Volke zu geistiger Produktion anzuregen. Sie sollen eigentlich keine Privi- legten schaffen. Im Vordergrund steht eben immer das Interesse der gesamten Nation, teilnehmen zu dürfen an dem, was einzelne hervorragende Naturen produzieren. Das führt zur kurzen Schutzfrist. Der Hinweis darauf, daß bei einer 60jährigen Schutzfrist Beethoven erst im Jahre 1878, Goethe erst 1883 frei geworden wäre, ist doch zu schlagend. Bedenken könnte nur die internatio nale Lage erregen, indem der Vorgang der meisten Konventions änder und ein Zurückbleiben Deutschlands hinter ihnen ein ge wisses Freibeutertum in Deutschland großziehen könnte, einen recht lebhaften Nachdruck der in den Konventionsländern noch ge schützten Werke. Ich nehme aber an, daß die verbündeten Re gierungen eine derartige Entwicklung mit wachsamem Auge ver folgen und, wenn sich wirkliche Nachteile ergeben sollten, zu rechter Zeit eine Gesetzesänderung anregen würden. Ich weise weiter darauf hin, daß erst im Jahre 1901 die 30jährige Schutzfrist festgelegt worden ist, und daß da- von keine Rede sein könnte, die Schutzfrist allgemein für die gesamte geistige Produktion, auch für die literarische, auf 60 Jahre zu erhöhen. Wir müßten also schon zwischen den literarischen Werken auf der einen Seite und den dramatischen und musika lischen auf der anderen Seite differenzieren. Schon das wäre ein Übel. Wenn man nach der Stimme des Volkes fragt, so sieht Inan, daß die bedeutenden Interessenvertretungen, z. B. der Börsen verein der deutschen Buchhändler, überhaupt der gesamte Buch verlag und ein großer Teil des Musikalienverlags, energisch für die 30jährige Schutzfrist eintreten. Es ist nur ein kleiner Teil des Musikalienverlags, der die 50jährige Schutzfrist mit, wie ich zu gebe, nicht unbeachtlichen Gründen fordert, Gründen, denen ich mich früher persönlich nicht verschlossen habe. Allein, wenn ein Referendum möglich wäre, ich bin jetzt überzeugt, daß die weitaus große Mehrzahl des deutschen Volkes für die kurze Schutzfrist ein treten würde. Unter diesen Umständen habe ich den Auftrag meiner politischen Freunde, zu erklären, daß wir einstimmig für die 30jährige Schutzfrist stimmen werden. Vizepräsident Or. Spahn: Das Wort hat der Herr Ab geordnete Dove. Dove, Abgeordneter: Meine Herren, auch namens meiner Freunde kann ich erküren, daß wir für die 30jährige Schutz frist stimmen werden. Wir erachten eigentlich die Frage als durch Waffenstillstand erledigt. Wenn man sich an die leb haften Kämpfe des Jahres 1901 erinnert, so wird die jetzige Verhandlung den Eindruck außerordentlicher Ruhe, ja ich möchte fast sagen, Uninteressiertheit erwecken. Das ist wohl ein Beweis dafür, daß man sich allmählich in den weitesten Kreisen mit der 30 jährigen Schutzfrist abgefunden hat, daß sie gewissermaßen der Bestandteil des Gottesfriedens geworden ist, und ich meine, auch sachliche Gründe sprechen dafür, es bei dieser bewenden zu lassen. Zunächst ist der Vergleich mit anderen Ländern nicht absolut zwingend; denn nicht alle Länder lassen die Schutzfrist erst beim Tode des Autors beginnen (sehr richtig! links), sondern es ist manchmal das Datum des Erscheinens oder sonstige Momente, die einen früheren Ablauf der Frist bereits herbeiführen. Sodann meine ich, daß bei künftigen Verhandlungen, wenn es sich darum handelt, einmal die Konvention zu revidieren, gerade dieser Punkt auch noch als ein Vergleichsobjekt behandelt werden kann. Was die Interessen betrifft, die sich gegenüberstehen, so stimme ich dem Herrn Kollegen Junck darin durchaus bei, daß das all gemeine Interesse gegen die Verlängerung der Frist spricht. Der Herr Abgeordnete Erbprinz zu Hohenlohe hat uns in bewegten und würdigen Worten vorgeführt das Interesse des künstlerisch Produzierenden. Aber der Künstler selbst kann doch nur sehr wenig dabei in Betracht kommen. Unmittelbar interessiert sind zunächst nicht er, sondern seine Erben, und es ist etwas künstlich, wenn man annimmt, daß die Beruhigung, die ihm das Gefühl gewährt, daß seine Erben dereinst 20 Jahre länger die Tantieme beziehen werden, — wenn man annimmt, daß sie seinen Lebens abend so sehr viel freundlicher gestalten wird. Wenn er eine wirklich künstlerische Natur ist, glaube ich, wird dieses Moment nicht erheblich für ihn sein. Aber gerade auck dann wird er ein Interesse dafür haben, sein Werk möglichst bald in die weitesten Kreise gebracht zu haben, und gerade das geschieht durch eine verhältnismäßig kurze Schutzfrist. Aber auch die Erben sind es gar nicht, die in der Regel in Betracht kommen. Ich erinnere mich aus meiner Referendarszeit, daß ich einen Prozeß zu führen hatte für die Erben eines Tonkünstlers, der ein trauriges Schicksal gehabt hat, der gewiß der ist, der einem am ersten einfällt, wenn es sich darum handelt, Schutz zu suchen für künstlerische Produktion: das waren die Lortzingschen Erben. Aber nicht sie waren mehr Partei. Sie hatten den Anspruch längst zediert, und irgendein Zessionär führte diesen Prozeß gegen die hiesige Intendanz. Das ist es ja, daß es dann zur geschäftlichen Frage wird, daß dann lediglich die Interessen des Verlages auf der einen Seite, die Interessen der Industrie auf der anderen Seite sich gegenübertreten. Auch die Interessen des Verlags sind nicht einheitliche, wie sich aus den eben gehörten Erörterungen des Herrn Kollegen vr. Junck, die ich nicht wiederholen will, aber bestätigen kann, ergibt. Und wenn es sich um die Frage handelt, Verlag oder ein Teil des Verlags gegen Industrie, — so ist doch auch das industrielle Interesse nicht ganz außer acht zu lassen. Man soll daran denken, daß der Fortschritt der Technik es doch auch gewesen ist, der die geistigen Produkte in die weitesten Kreise gebracht hat, und man soll daher auch Rücksicht nehmen auf die Industrie, die ihrerseits nicht tributpflichtig bleiben soll bis ins Unendliche gegenüber nicht dem Autor und seinen Erben, sondern gegenüber geschäftlichen Kreisen, die dem Autor beizeiten seine Produkte abgenommen haben und sie nun weiter verwerten. 717*
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