Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.05.1910
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1910-05-10
- Erscheinungsdatum
- 10.05.1910
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19100510
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191005107
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19100510
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1910
- Monat1910-05
- Tag1910-05-10
- Monat1910-05
- Jahr1910
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
5552 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 105, 10. Mai 1910. (Dove) Alle diese Gründe sprechen meines Erachtens dafür, es bei der 30jährigen Schutzfrist zu belassen, und ich bitte Sie, den An trag der Herren abzulehnen. (Bravo! links.) Vizepräsident vr. Spahn: Das Wort hat der Herr Ab geordnete vr. Wagner (Sachsen). vr. Wagner (Sachsen), Abgeordneter: Meine Herren, nicht nur der Künstler, sondern jeder von uns, jeder Unternehmer schafft mit all den Hilfsmitteln, an deren Erlangung Jahrhunderte mitgearbeitet haben. In dieser Beziehung steht der Künstler also keineswegs anders da als der gewerbliche Unternehmer und darf deshalb aus einem solchen Grunde nicht schlechter gestellt werden als dieser. Trotzdem werden auch die, welche geneigt sind, auf den Boden des Antrags Hohenlohe zu treten, dem Satz nicht widersprechen, daß das, was ein Künstler, ein Dichter, ein Denker aus seiner Zeit heraus geschaffen hat, nach einer ge wissen Frist wieder zurückfließen muß in den Born der Allgemein heit. Die Frage ist nur, wo die richtige Grenze für die Frist liegt; nur darüber ist der Streit. Wenn man sagt: das ideelle Gut muß möglichst bald in die Allgemeinheit zurückfließen, ja dann käme man doch dazu, die Frist noch kürzer zu bemessen, die Frist auf 10 und schließlich 5 Jahre herabzusetzen. Die Argumente, die gegen eine Verlängerung der Schutzfrist vorgebracht worden sind, sind ja zum Teil richtig; es sprechen aber mindestens ebensoviel Gründe für eine Verlängerung. Wenn der Herr Abgeordnete Kirsch ausführt: der gewerbliche Unternehmer schafft für sich, der Urheber eines geistigen Werkes für >die Allgemeinheit, so würde ich daraus nur schließen, daß gerade derjenige, der für die Allgemeinheit schafft, eines besonders hohen Schutzes bedarf. Wenn weiter darauf hingewiesen wird, daß infolge des jetzigen Urheberschutzes, der allerdings gegenüber der Zeit vor 100 Jahren einen ganz bedeutenden Fortschritt dar stellt, heutzutage Autoren in verhältnismäßig kurzer Frist zu Reichtümern kommen, so läßt sich das nicht bestreiten. Es handelt sich da hauptsächlich um Modeautoren, die rasch und mit stürmischer Macht eine große Popularität gewinnen, dafür aber nach einem Jahrzehnt oder bald danach der Vergessenheit anheim sallen. Bei diesen wäre die Verlängerung der Schutzfrist ohne jede Bedeutung. Umgekehrt gibt es auch Urheber, die Hervor ragendes schaffen, aber erst zur Anerkennung gelangen, nachdem eine lange Zeit seit dem ersten Erscheinen ihres Werkes ver strichen ist. Wenn man dann ferner einwendet: »ciuieta. noa movere«, — ja, wer ist es denn gewesen, der auf der letzten Berliner Konferenz über die Berner Konvention die Frage der Verlängerung der Schutzfrist besonders aufgerollt und die Bestimmung einer fünzig- jährigen Schutzfrist in die Berner Konvention hineingebracht hat? Das ist die deutsche Reichsregierung gewesen, und das ist aller dings eine Tatsache, die mit in die Wagschale fällt. Wir haben damit anderen Staaten nahegelegt, die lange Schutzfrist anzu nehmen, und wollen es nunmehr selbst nicht tun. Das ist doch sonderbar. Von den Konventionsländern sind es nur die Schweiz und Japan, die außer uns die kurze Frist noch haben. Es ist zu bedauern, daß unser Volk, das Volk der Dichter und Denker, seine Dichter und Denker weniger schützt als die romanischen Völker und die meisten anderen Kulturnationen. Es ist von dem Herrn Kollegen Dove erwähnt worden, daß andere Staaten den Beginn der Frist anders bestimmen als wir. Ich finde es meinerseits bedauerlich, daß die Entwicklung dazu geführt hat, die Frist vom Tode des Urhebers ab zu rechnen. Wenn irgendwo ein Recht sonst befristet ist, beginnt die Frist nicht von dem zufälligen Momente des Todes, des Trägers des Rechts, sondern von der Entstehung des Rechts an. Es würde sonderbar anmuten, wenn z. B. bei Patent- und gewerblichen Schutzrechten die Frist soundso viel Jahre vom Tode des Schutz berechtigten an liefe. Jetzt ist ein Moment der Zufälligkeit in den Schutz des Urheberrechts hineingekommen, ein Moment, das sehr ungerecht wirken kann. Nach meiner Ansicht müßte man dem englischen Vorbilde folgen und sagen: der Schutz beginnt vom Jahresschlüsse des ersten Erscheinens des Werkes an. Technisch undurchführbar ist das nicht. Es mögen vielleicht Schwierigkeiten vorhanden sein; aber Schwierigkeiten sind dazu da, daß sie über wunden werden. Wenn man die Schutzfrist vom ersten Erscheinen des Werkes an beginnen läßt, dann läuft die Frist für jedes Werk besonders, und darin erblicke ich einen Vorteil. Es wird dann der Urheber schutz in Verbindung gebracht mit dem Wirken dieses Werkes und seiner Ausbreitung im Kulturganzen. Jedes Werk wird für sich als ein geistiges, individuelles, selbständiges Gut behandelt. Das betrachte ich als eine sachliche gerechtfertigte Bestimmung der Frist, jedenfalls sachlicher als den Beginn vom zufälligen Moment des Todes an. Die jetzige Fristbestimmung ist willkürlich und bedenklich; das habe ich schon bei der ersten Lesung ausgeführt. Der Urheber, der das Glück hat, 40 oder 60 Jahre nach Erscheinen seines ersten Werkes noch zu leben, der in dieser langen Zeit für seine Familie noch sorgen, der zum ersten noch neue Werke hinzu schaffen kann, hat zu diesem Glück noch den weiteren Vorteil, daß der Schutz seiner Werke sein ganzes langes Leben anhält und dann auch noch 30 Jahre nach seinem Tode weitergeht. Ein anderer, der in jungen Jahren ein bedeutendes Werk geschaffen hat und schon mit 30 Jahren stirbt, der seine Familie unversorgt hinterläßt, nur angewiesen auf die Früchte dieses einen Werkes, dieser unglückliche Mann wird noch dadurch gestraft, daß die Schutzfrist auch nach seinem frühen Tode nur noch 30 Jahre währt, daß also sein kurzes Leben mit den hinterlassenen Sorgen nicht anders bewertet wird als das gesegnete lange Leben des anderen. Meine Herren, ich halte es, wie gesagt, für bedauerlich, daß die Entwicklung dazu geführt hat, den Tod als Beginn der Frist anzuerkennen. Ich würde wünschen, daß, wenn wieder inter nationale Vereinbarungen über die Schutzfrist getroffen werden, unsere Regierung meinen dargelegten Gedanken weiter verfolgt, und zwar dahin, daß die Verbandsstaaten die Schutzfrist auf 60 Jahre nach dem ersten Erscheinen des Werkes vereinbaren. Für die Mehrzahl der Fälle wäre das übrigens keine Ver längerung der Schutzfrist; denn man kann für die Regel an nehmen, daß ein Autor nach dem Schaffen seiner Hauptwerke noch etwa 20 Jahre lebt. Aber der Segen bestände darin, daß die Härten der jetzigen Regelung beseitigt würden. Ich habe die Hoffnung, daß wir über lang oder kurz zu einer solchen Reform kommen. Im übrigen habe ich zu erklären, daß ein Teil meiner politischen Freunde gegen den Antrag Erbprinz zu Hohenlohe stimmen wird. Vizepräsident Or. Spahn: Das Wort hat der Herr Ab geordnete Dietz. Dietz, Abgeordneter: Meine Herren, die Frage der Ver längerung der Schutzfrist für Werke der Literatur und der Ton kunst wird so bald n cht zur Ruhe kommen. Aber diejenigen täuschen sich, die glauben, sie würde im Sinne des Antrags Nr. 448 der Drucksachen entschieden werden. Man wird sie je nach dem Stande der Durchschnittsbildung eines Volkes beantworten. Je höher die Bildung eines Volkes, um so geringer wird die Schutzfrist werden. Wir in Deutschland haben wirklich keinen Grund, von unserer bisherigen Praxis abzugehen; sie hat sich ausgezeichnet bewährt und hat auch goldene Früchte für die Volksbildung getragen, wie sie kaum eine andere Nation aufzuweisen hat. Sie hat mehr getan für die Volksbildung als unsere Volksschule. Wer die große Zeit erlebt hat, wo unsere Klassiker frei wurden und in zahlreichen Exemplaren durch die Ausgaben von Hempel, Reclam und anderen in das Volk drangen, der weiß, mit welchem Heißhunger sich Tausende und aber Tausende auf diese Literatur stürzten, sie verschlangen und ihr Menschtum damit begründeten, das nicht nur ihnen persönlich, sondern auch ihren Familien und endlich Gesamtdeutschland zugute gekommen ist. Es wird nun behauptet — und das ist es, was eigentlich mich veranlaßt, noch einmal das Wort zu ergreifen —, daß die heutige kurze Schutzfrist gar nicht dem Publikum, sondern den Theaterunternehmern zugute komme. Das ist ein fundamentaler Irrtum. Es ist doch keine unbekannte Sache, daß unsere Kunstinstitute kaum ohne Subvention auskommen können, sei es, daß sie aus Stadtmitteln oder Landesmitteln gewährt werde. Die Tantiemen spielen immerhin, wenn sie 6 bis 10 Prozent der Bruttoeinnahmen ausmachen, eine erhebliche, wenn auch keine ausschlaggebende Rolle. Da ist es nicht uninteressant, die Meinung.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder