^ 183, 6. Juli 191». Fertige Bücher. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 796) Die Masken Erwin Reiners :: Roman von Zakob Wassermann :: Soeben erscheint die fünfte bis siebente Auslage IZ Aus dem „Berliner Tageblatt": . . . Mit der reifen Kunst seiner sinnlichen Anschauung, der ganzen Kraft seines psychologischen Tiefblickes — hier überall zu Leben, Handlung geworden — gestaltet Wassermann das Werben und Fliehen, Verlocken und Widerstreben, Ergreifenwollen und Ergriffensein dieser beiden Menschen. Ein Kamps der Begierde, des Verantwortungslosen, des mit allen Träumen und Schönheiten der Welt sich Maskierenden mit dem Elementarischen, mit der Liebe. Wie eine unterirdische Stimme aus den Tiefen des Seins durchtönt das ganze Buch das Apostel wort: And hätte der Liebe nicht, so wäre mir's nicht nütze. Alle Zauber dieser künstlichen Welt leuchten um Virginia auf, köstliche Bilder und Vasen und Edelsteine, Liebesträume der Dichter, um die Dämmerung von den schwelgenden Lippen eines Genießers wie ge beichtet, wundersamere Zauber einer anderen vegetativen Welt locken aus den Briefen ihres fernen Manfred, ... sie lauscht allem, sie blüht in die Welt hinein in der Wahrheit einer großen, sehnsüchtigen Liebe. Es ist meisterhaft gezeichnet, wie sie zur Welt verführt dem Ver führer immer mehr entgleitet und am Ende dieses Kampfes für ihn in eine unerreichbare Ferne schwebt, davor alle Masken von seinem Gesicht fallen und in ihm nichts übrig bleibt als ein arm seliges, stummes und leeres Nichts. Vor dem Anbetretbaren, nicht zu Betretenden einer Seele bricht er zusammen, und Manfred und Virginia, bewährt und voll sicherer Selbstbestimmung, gehen in die Liebe wie in eine große, ewige Wellversöhnung ein. — Wir brauchen Bücher der Bejahungen. Llnsere große Kraft zur Analyse darf uns nicht verleiten, unsere skeptischen, zer störenden Kräfte für wertvoller zu halten als die aller echten Stärke der Seele innewohnende Ehr furcht vor dem Positiven. Dieses Buch ist voll dieser Ehrfurcht. Aus den Sehnsüchten, Schmerzen, Triumphen der Zeit gewachsen, ins Natürliche gebildet, in ein gewisses Zeitlos-Typisches empor geklärt, ist es erfüllt von der Souveränität jenes unabweisbaren Lebensgefühles, das in den Gründen des Daseins erspürt hat: das Leben mag entgöttert sein — es bleibt der Gottheit voll. S. Fischer, Verlag, Berlin Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 77. Jahrgang. 1036