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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.07.1910
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1910-07-23
- Erscheinungsdatum
- 23.07.1910
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- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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168, 23. Juli 1910. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dlschn. Buchhandel. 8517 (1863), nach acht Jahren, in »sehr vermehrter« zweiter Auflage, jedoch nicht, wie schon gesagt, bei Hinstorff, sondern bei A. Hilde brandt in Schwerin und sind von diesem übrigens auch noch in dritter »billiger« Ausgabe, allerdings erst nach Reuters Tode, her ausgebracht (1878). Als der Dichter, bereits hochberühmt (1865), in dem Bade Laubbach zur Kur weilte und der Kommandant und der Gouverneur der nahen Festung Koblenz ihm ihren Besuch machten, sagte Reuter hinterher in heiterer Erinnerung an seine früheren Beziehungen zu preußischen Festungskommandanten: »Früher mußte ich immer den Festungskommandanten meinen ersten Besuch machen, und jetzt kommen sie zu mir«. Nun, wenn selbst preußische Generale und Festungskommandanten respektvoll den Stufen seines Dichterthrons sich nahten, so kann man sich nicht wundern, daß die doch auch materiell interessierten Buch händler nicht zurückblieben. Sie, bei denen er in den Anfängen gleichfalls hatte antichambrieren und abziehen müssen, liefen sich jetzt, wie er in derselben (Laubbacher) Zeit schreibt, »die Schuhe nach ihm ab«. »Jede Forderung, die er stellen würde«, bewilligte ihm beispielsweise das »Daheim« für einen Beitrag seiner Feder und nannte, »um dem Kinde einen Namen zu geben«, wie Reuter sagt, 150 Taler Honorar pro Bogen f8 Seitens. »Habe heute schon ein Weihnachtsgeschenk erhalten«, schreibt Frau Luise am II. Dezember 1864, »von wem? — von Brockhaus-Leipzig, dem Brockhaus, von dein mein Reuter vor Jahren unter vier Augen zu mir halb schüchtern sprach: .Wenn ich so einmal Brockhaus zum Verleger bekommen könnte!' Und dieser Buchhändlerfürst war kürzlich einen Abend bei uns, verzehrte die Lerchen, die uns ein anderer Leipziger Buchhändler geschickt, und sein drittes Wort war: .daß er es sich zu einer großen Ehre anrechnen würde, wenn der gefeiertste Schriftsteller Deutschlands (gewiß, er sagte so!) einmal Ver anlassung nehmen sollte, bei ihm zu verlegen.' Nun schickt er für meinen Weihnachtstisch eine Reisebeschreibung des Orients, den, wir besucht!« Reuter hat sich weder entschließen können, dem »Daheim« oder anderen darum bittenden Zeitschriften Beiträge zu liefern, noch der hochdeutschen Ausgabe seiner Werke, der Brockhaus' Bemühungen vorwiegend galten, zuzustimmen. Auch die höchste, wenn auch zugleich schmerzlichste buchhändlerische Anerkennung, die einem Autor widerfahren kann, hat Reuter noch selbst erlebt: den unerlaubten Nachdruck, der ihm in Amerika erwuchs.*) So glänzend auch die von anderen Seiten gemachten An- erbietungen waren, Reuter ist dem Manne treu geblieben, der zuerst in der Buchhändlerwelt ausgesprochenes Vertrauen zu ihm gehabt hatte und der vor allem zuerst mit regem Eifer für den äußeren Erfolg seiner Schriften tätig gewesen war. In Humor- voller Weise motivierte der Dichter einmal, als wiederum Lockungen von anderer Seite an ihn herantraten, seine unver brüchliche Treue zu seinem Hinstorff und fügte hinzu, daß er diesen um kleiner Vorteile willen nicht verlassen wolle. Schon wenige Jahre nach Anknüpfung der geschäftlichen Verbindungen verband auch das brüderliche »Du« den Verleger Hinstorff mit seinem berühmten Autor, und zahlreich sind die Anekdoten, die von beiden erzählt werden. Nur eine besonders köstliche sei hier wieder gegeben: Reuter war in einer Wasserheilanstalt, und der Genuß geistiger Getränke ihm vom Arzt streng untersagt. Eines Tages sucht ihn Hinstorff dort auf. Auf Reuters Zimmer sitzen nun die Beiden zusammen und verhandeln über geschäftliche Dinge. Der Dichter benutzt die vortreffliche Gelegenheit und läßt eine Flasche Wein holen, die auch, weil »für den Gast« bestimmt, bewilligt wird. Doch bei einer Flasche bleibt's nicht, ihr folgt eine zweite, dritte und so weiter. Schließlich erscheint, unruhig und nichts Gutes ahnend, der gestrenge Arzt auf der Bildfläche, sieht die Flaschenbatterie und den so wenig dazu passenden, so harmlos und nüchtern dreinschauenden Hinstorff und macht daher dem Patienten ernste Vorwürfe. »Je, Herr Dokter«, erwidert dieser, *) Auch die Übersetzungen in andere Sprachen, von denen hier absichtlich nicht gesprochen ist, haben dem Dichter bisweilen Verdruß bereitet; so klagt er z B. einmal über einen »dummen Buchhändlergesellen«, der die »Festungstid« »in dümmster Weise« ins Französische übersetzt hatte, und eine Dame, die eine hollän- dische Ausgabe der »Stromtid« besorgt hatte, fand er »nach ihren Briefen ziemlich unverschämt«. Börsenblatt fllr den Deutschen Buchhandel. 77. Jahrgang. »Se glöwen gor nich, wat son Verleger supen kann!« — Daß auch Differenzen zwischen Verleger und Autor vorkamen, soll nicht geleugnet werden; dergleichen kommt in den besten Ehen vor. So soll Hinstorff noch nach Reuters Tode — er ist am 10. August 1882 gestorben und hat Reuter noch um acht Jahre überlebt — darüber geklagt haben, daß Reuter von einer kleinen Ausgabe mit hochdeutschen Anmerkungen nichts hätte wissen wollen, und umgekehrt war auch Reuter bisweilen recht ungehalten über Hinstorff. »Für das Zuströmen von Galle«, schreibt er 1864 an Julian Schmidt, »sorgt meine gute Ver dauung, die mecklenburgische Ritterschaft und mein Verleger. Der letztere hat mich in eine solche Stimmung gebracht, daß ich recht zu tun glaube, wenn ich in derselben die Urgeschichte f»Ur- geschicht von Meckelnborg«, die bekannte politische Satirej fort setze.« Nun, wenn alle Verleger ihre Autoren in die für Ab fassung ihrer Werke geeignetste Stimmung versetzten, würden sie sich jedenfalls ein unzweifelhaftes Verdienst um die Litetatur er werben! Übrigens scheint Hinstorff ein Werk Reuters: das im Jahre 1868 in Berlin auf dem Wallner-Theater mehrfach auf geführte Lustspiel »Die drei Langhäuse«, zunächst, als Reuter es ihm anbot (1858), abgelehnt zu haben; jedenfalls blieb es vorläufig ungedruckt, und erst 1878, nach Reuters Tode brachte Hinstorff es in der Bühnenbearbeitung von Emil Pohl heraus. scheiden gedacht und gemeint, jeder, der sich mit offenen Augen umsehe, müsse so schaffen können wie er. Wir haben alle Ursache, ganz anders darüber zu denken: seinen packenden Humor, seine ungemein feine psychologische Beobachtungsgabe hat keiner der übrigen gleichzeitigen oder späteren plattdeutschen Dichter, auch John Brinckman eingeschlossen, nur entfernt erreicht. Ein Dichter von seinem sieghaften Humor, von seiner wunderbaren Dar stellungsfähigkeit im großen wie besonders im kleinen mußte sich aber auch außerhalb der Sprachgrenzen des plattdeutschen Idioms das deutsche Vaterland, ja die ganze Welt, mit unwiderstehlicher Kraft erobern. Natürlich konnte ein rühriger Verleger viel dazu beitragen, diesen Expansionsprozeß zu beschleunigen, und da Reuter erst ziemlich spät mit der Schriftstellerei begonnen hat, andererseits aber nicht sonderlich alt geworden ist, so war es, wenn auch nicht für seinen Nachruhm, so doch für seine Person und für sein Leben von sehr erheblichem Werte, einen tüchtigen, emsigen Verleger gefunden zu haben. Mit Recht hieß es daher, als beim fünfzigjährigen Geschäftsjubiläum der Hinstorffschen Firma und ihres noch lebenden Gründers und Chefs Dettlof Carl Hinstorff ein Festtheater aufgeführt wurde, in dem Prolog: Des Dichters Ruhm, er ist in allen Landen Aus dieses Hauses Arbeit mit erstanden. Wo man den Dichter schmückt mit Ruhmeskränzen, Da wird auch seines Führers Name glänzen. Der Dichter ruhte damals schon seit Jahren auf dem Eisenacher Friedbof; aber auch von ihm selbst war der Verleger besungen worden, eine Ehre, die wohl selbst dem Herrn von Cotta nicht widerfahren ist, obwohl dieser doch mehrere recht gute Poeten, in seinem Verlage gehabt hat. Dem Maler Professor Schloepke, der verschiedene Reuter-Porträts gemalt hat, schrieb der Dichter nämlich einmal: . . Dir indessen, Holdgeliebter, Rat' ich tüchtig loszumalen; Hinstorff, unser guter Engel, Wird's Dir bar und blank bezahlen. Ihm selbst hat der »gute Engel« in den 16 Jahren ihrer Ge- schäftsverbindung mehr als eine halbe Million Mark auszahlen können. Schon 1864 — ein Jahr nach der Übersiedlung nach Eisenach — konnte Reuter sagen: »Ich habe eine recht sehr aus kömmliche jährliche Einnahme, meine Finanzen gehn schon alle Abend mit kühnen Gedanken von Ankauf von Staatspapieren und Eisenbahnactien zu Bett, und des Morgens erwache ich mit dem schrecklichen Gedanken, ich könnte einmal ein ungeheuer reicher Mann werdeü«. »Herr Je! Wo geiht't Geschäft!« ruft er glücklich in einem anderen, aber derselben Zeit angehörenden und an seinen schon genannten Bankier und Freund v,-. Siemer- ling in Neubrandenburg gerichteten Briefe aus. Der Absatz der Schriften stieg von Jahr zu Jahr; die Bände wurden broschiert zu 3, gebunden zu 4 ^ verkauft und dem Dichter mit einem Honorar, das zwischen 86 H und 1 ^ schwankte, im Durchschnitt 1109
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