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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.08.1910
- Strukturtyp
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- 1910-08-03
- Erscheinungsdatum
- 03.08.1910
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Nichtamtlicher Teil. ^ 177. 3. August 1910. grandiosen Empfang an Bord des gleichnamigen Dampfers der Holland-Amerika-Linie zutage trat. Der Ausflug nach der Insel Marken und der Besuch im echt holländischen Dorfe Volendam vertraten mehr das pittoreske Element. Das Organisationskomitee, das die Kongreßberichte rechtzeitig bereit hielt, und das Festkomitee haben eine ge waltige Kraftprobe mit Auszeichnung bestanden. Dieser Aufwand an Kräften ist mit dem Eintritt Hollands in die Berner Union, mit der Anknüpfung so vieler geschäftlicher und freundschaftlicher Bande zwischen Verlegern verschiedener Länder und mit der Sympathie, die sich das kleine Holland bei den Teilnehmern an der VII. Tagung des inter nationalen Verlegerkongresses erworben hat, wohl nicht zu teuer erkauft. R. Kleine Mitteilungen. Gegen Lchund- und Schmutzliteratur. — Das Königliche Konsistorium der Provinz Sachsen hat unter dem 6. Mai 1910 folgende Verfügung erlassen: Zu einer großen Gefahr für unser Volksleben ist allmählich und in neuester Zeit mit großer Raschheit das ungeheure An schwellen der Schund- und Schmutzliteratur geworden. Wir verstehen darunter nicht bloß solche für Massenverbreitung berech neten Schriften, die direkt auf Erregung der Sinnenlust ausgehen oder gar perversen Neigungen dienen (unzüchtige Literatur, Pornographie), sondern auch solche, die durch raffinierte Schilderung von Verbrechen, Vorführung an geblicher Heldentaten roher Kraftmenschen die Phantasie vergiften und das sittliche Urteil verwirren (Hintertreppen romane, Nie Carter-, Weltdetektiv-Literatur) und daneben auch die große Zahl seichter, literarisch schlechter Bücher, die den Geschmack verbilden und ihn dadurch zum Genuß künstlerisch wertvoller Bücher unfähig machen. Im weiteren Sinne gehören zur Schund- und Schmutzliteratur auch die unsittlichen Inserate und die gehäufte Wiedergabe von Verbrechen und Gerichtsverhand- lungen in der Tagespresse, soweit sie nur der Sensation dient, sowie das ganze Gebiet der unzüchtigen Abbildungen und Darstellungen, die trotz des § 184 des Reichsstrafgesetzbuches ihren Absatz finden und dem Arm des Gesetzes entgehen. Denn in der Tat handelt es sich hier nicht bloß um eine »Seuche, die am Mittag verderbet«, d. h. um Machwerke, die am Hellen Tage in den Buchläden, den Schaufenstern der Papierläden, auf den Bahnhöfen und an anderen Orten feilgeboten, von Friseuren ihren Kunden über reicht und von Kolporteuren in die Häuser getragen werden, sondern auch um eine »Pestilenz, die im Finstern schleicht« und in der Verborgenheit unsere Jugend als ihr Opfer zu finden weiß und bei dem allem ungeheure Summen Geldes verschlingt.^ Die Gefahr ist jetzt dank der unermüdlichen aufklärenden Tätigkeit von Behörden, Verbänden, Kongressen und Schriftstellern von allen, die von Amts wegen und aus der Liebe zu unserem Volke heraus an seinem Wohle Mitarbeiten, voll erkannt worden. Auch ist der Kampf gegen die Schund- und Schmutzliteratur auf der ganzen Linie entbrannt und wird in weitestem Umfange und nach großen Gesichtspunkten geführt. Die Reichsregierung beschäftigt sich mit dem Plan einer organisierten Überwachung des Schmutzes in Wort und Bild auf internationaler Grundlage, in der Erkenntnis, daß die Über wachung durch die lokalen Polizeibehörden unabhängig voneinander bei weitem nicht ausreicht. Wiederholt hat sie auch eine Ver schärfung der §§ 184 und 184a des Strafgesetzbuches erwogen, die gewiß dringend zu wünschen ist, obgleich zutage liegt, daß wegen der fließenden Begriffsbestimmung dessen, was auf diesem Gebiete unzüchtig, unsittlich und daher strafbar ist, eine gesetzliche Regelung zu den schwierigsten Aufgaben gehört, auch der Schein vermieden werden muß, als sollte der Kampf in einer engherzigen oder von konfessionellen Rücksichten bestimmten Weise gegen die Erzeug nisse der Presse und der Literatur überhaupt geführt werden. Wichtiger erscheinen daher vorläufig die Maßnahmen der Verwaltungsbehörden und die Selbsthilfe der Gesellschaft. Letztere tritt in erfreulicher Weise in der Gründung der großen Verbände zutage, die besonders eine aufklärende und anregende Wirksamkeit entfalten. Wir nennen u. a. den Volksbund zur Be kämpfung des Schmutzes in Wort und Bild (gegründet 1904 durch O. v. Leixner, fortgesetzt von vr. rneck. Marcinowsky und Ine. Bohn), der seinen Zweck durch Einwirkung auf das allgemeine Sittlichkeitsbewußtsein, durch Abhaltung von Vorträgen, Ver breitung guter Bücher, Zeitungsartikel usw. und durch schriftliche und mündliche Vorstellungen bei den Behörden und Parteien er reichen will und um Einsendung von anstößigen Büchern, Bildern, Postkarten und Preisverzeichnissen bittet, ferner »Die Konferenz der Deutschen Sittlichkeitsvereine« (Generalsekretär Pastor Liz. Bohn, Berlin-Plötzensee), der es neuerdings gelungen ist, in Berlin gegen 100 Firmen zu veranlassen, keine Schundbücher mehr zu führen, die »Gesellschaft zur Verbreitung von Volksbildung«, den »Zentralverein zur Gründung von Volksbibliotheken«, den »Dürer bund« u. a.*) Diesen Verbänden ist es wesentlich mit zu verdanken, wenn es sich unter den großen für die Literatur in Betracht kommenden Fach-Vereinigungen zu regen begonnen hat. So hat, um nur einiges zu nennen, der Verein Deutscher Zeitungsverleger in seinem Fachblatte begonnen, auf die Schädlinge der Presse auf merksam zu machen und gewissenlose Zeitungen, denen der Geld beutel höher steht als das Ehrgefühl, an den Pranger zu stellen. Er ist bereit, ihm alle zur Kenntnis kommenden anstößigen Zuwider handlungen gegen die Standesehre rücksichtslos festzustellen und dazu Material entgegenzunehmen. So haben sich die Mitglieder der Vereinigung Göttinger Papierhändler durch Namensunter schrift verpflichtet, die Erzeugnisse der Schund- und Schmutz literatur in ihren Geschäften nicht mehr zu führen. Nicht minder sind die Staats- und Kommunalbehörden auf den Plan getreten. Die Eisenbahnverwaltungen haben die Bestände der auf den Bahnhöfen dargebotenen Lektüre einer scharfen Kontrolle unterzogen. Magistrate großer Städte (Hamburg, Leipzig) haben ganze Reihen von Büchern und Schriften mit Namen nennung vom Straßenverkauf ausgeschlossen, ein Vorgehen, das überall Nachahmung verdient. In hervorragender Weise aber ist der Kampf — und darauf wollen die Herren Geistlichen ganz besonders aufmerksam machen — von den Schulbehörden ausgenommen. Durch Erlaß vom 15. Februar 1910 — 17. 111 236 — hat der Herr Kultus minister die Königlichen Provinzialkollegien veranlaßt, die Prä- paranden und Seminaristen über den Charakter und die Gefahren der Schund- und Schmutzliteratur zu belehren und dafür zu sorgen, daß ihnen eine wahrhaft geistbildende und veredelnde Lektüre dargeboten werde. Eine unmittelbare Einwirkung auf die Jugend und ihre Eltern aber haben die städtischen Schul deputationen oder einzelne Schulleiter mit Erfolg versucht, indem sie nach einem vom Herrn Kultusminister ausdrücklich gebilligten Vorgehen der Schuldeputation zu Pankow folgende beherzigens werte Maßnahmen getroffen haben: 1. Schriftlich oder mündlich sind die Buchhändler ersucht worden, den Verkauf von schmutzigen Büchern, Bildern und Post karten einzustellen, oder es sind auch die kaufmännischen Vereine ersucht worden, Maßregeln gegen Handlungsreisende zu treffen, die die Buchbinder und Barbierläden mit derlei Erzeugnissen ver sorgen, wobei nur zu wünschen ist, daß auch die Leihbibliotheken nicht außer acht gelassen werden. 2. Den Schulkindern ist das Betreten solcher Buch- und Papierläden verboten worden, in denen unsittliche Waren feil geboten werden. Mit dem gleichen Vorgehen in Berlin hat sich das Provinzial. Schulkollegium der Provinz Brandenburg aus drücklich einverstanden erklärt. 3. Noch wichtiger sind die Einwirkungen auf die Eltern durch die so überaus notwendige Aufklärung über die Gefahren der Schund- und Schmutzliteratur. Ist es doch eine Erfahrung, die man häufig machen kann, daß auch solche Eltern, die sich um die Lektüre ihrer Kinder kümmern und unsittliche Bücher nicht dulden würden, von dem Gift, das in der oben geschilderten Schund literatur enthalten ist, keine Ahnung haben. Diese Aufklärung geschieht in wirksamer Weise durch Flugblätter, die an alle Eltern von Schulkindern verteilt werden. Zwei gute Muster hat Pastor vr. E. Schultze in Hamburg-Großborstel in seinem Buche: Die *) Auch die streng ablehnende Haltung und tätige Mitarbeit fast des gesamten Buchhandels gegenüber der schlechten Literatur hätte wohl Erwähnung verdient. Red.
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