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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.09.1910
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1910-09-02
- Erscheinungsdatum
- 02.09.1910
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- Deutsch
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20Z, 2. September 1910. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d Dtschn. Buchhandel. 9927 würde man zu der seltsamen Behauptung kommen: Je weniger man die Buchstaben von einander unterscheiden kann, desto deutlicher sind sie zu lesen! Man sieht, bis zu welchen Verschrobenheiten man mit der Theorie kommt. Eine wie große Rolle diese aber bei Herrn K. spielt, geht auch aus der mir unverständlichen Be hauptung hervor, dis unschuldigen Buchstaben 6, 0. 8. X. V. V, X, 2. ? und L wirkten »in Lateinschrist auf die Dauer ermüdend». Soll man sich etwa eine Seite voll X. X usw. vorstellen, die man einzeln lesen müsse, wodurch das Auge ermüdet wird? Wo alles auf den Kopf gestellt wird, überrascht auch nicht die Behauptung, deutscher Satz sei gleichmäßiger als der gleiche lateinische; das soll doch wohl heißen: schöner. Wer statt der Theorie die Praxis sprechen läßt, halte sich ein in gewöhnlicher Fraktur gedrucktes Buch neben ein in Antiqua hergestelltes und urteile dann selbst, oder ec halte eine Jnseratseite der Kölnischen Zeitung, die seit Jahren alle Inserate in Antiqua setzt, gegen die Jnseratseite einer anderen Zeitung! Den Aussprüchen von Männern, die für die Beibehal tung der Fraktur sind, könnte ich eine viel größere Zahl Wissenschaftler entgegenstellen, die sich dagegen aussprechen, verzichte aber, wie schon gesagt, darauf, da diese Seite der Frage Geschmackssache ist. Nur auf den Ausspruch des Ver- lagSbuchhändlers Gustav Ruprecht möchte ich noch kurz zurückkommen. Er behauptet, daß »in der deutschen Druck schrift eine allmähliche Anpassung an die besonderen Bedürf nisse der deutschen Sprache- vorliege. Ich vermute, daß er glaubt, lange Wörter könne man in der Fraktur besser lesen als in Antiqua. Abgesehen aber davon, daß ich das Gegen teil glaube, bedeutet dieser Ausspruch eine völlige Verkennung der geschichtlichen Entstehung der Fraktur. Der Zweck der Mönche, die die Antiqua mit Haken und Spießen versahen, war nicht, sie damit deutlicher lesbar zu machen (und tat sächlich erreichten sie damit ja das Gegenteil, wie das bei Soennecken nachzusehen ist), sondern einzig die Anbringung von Verzierungen, wie man auch die Initialen noch beson ders ausschmückte und malte. Von einer Anpassung an irgendwelche besonderen Bedürfnisse kann da gar keine Rede sein. Aber nun endlich zur Hauptsache, die man bei Herrn K. vergebens sucht, und doch verblassen alle anderen Gründe ihr gegenüber. Warum denn erstreben wir die Abschaffung der Fraktur? Weder aus nationalen Gründen, die wir nicht anerkennen, noch aus theoretischen, sondern einzig und allein aus praktischen Gründen und nüchternen Erwägungen Wirtschaftlich, rationell nennt man nun ein solches Verfahren, bei dem mit den geringsten Mitteln der größte Erfolg oder überhaupt der gewollte Zweck möglichst voll kommen erreicht wird. Nun hat die Schrift einzig und allein den Zweck, das gesprochene Wort festzuhalten, gar keinen andern, besonders keinen etymologischen, wie z B. manche Gegner einer rationellen Rechtschreibung meinen. Der Zweck der Schrift wird deshalb am vollkommensten ersü-t. wenn jedem Laut der Sprache ein bestimmtes Zeichen, und nur eins, entsprechen würde. Diese ideale Forderung ist praktisch leider unerfüllbar, aber immerhin muß das Streben aus die Erreichung dieses Ideals gerichtet sein. Nun ist es aber einleuchtend, daß es kein schlimmeres Entfernen von dem Ideal gibt, als das Streben, jeden Sprachlaut auf acht verschiedene Arten zu bezeichnen. Wir tun das in den Druck- und Schreibschriften des großen und kleinen Alphabets sowohl in Fraktur wie in Antiqua. Zwei von diesen Formen, eine Druck- und eine Schreibschrift, werden wir wohl behalten müssen. Auf die Abschaffung der Groß buchstaben arbeiten schon viele Wissenschaftler hin. Man kann über die Berechtigung dieses Bestrebens aus praktischen Gründen verschiedener Ansicht sein. Nicht aber kann ein verständiger Mensch bestreiten, daß die achtfache Bezeichnung der gesprochenen Laute jeder verständigen Erwägung wider spricht. Daß Antiqua und Fraktur nebeneinander existenz berechtigt sind, wird wohl von keiner Seite behauptet werden. Es ist ein Luxus, den wir Deutschen uns mit diesen beiden Schriftarten leisten. Nun braucht man freilich nicht jeden Luxus grundsätzlich zu bekämpfen und könnte sich vielleicht auch diesen gestatten, wenn nicht andere Interessen darunter litten. Das ist aber hier in der Tat der Fall. Zunächst ist die Abschaffung des überflüssigen zweiten Alphabets im Interesse der Volksschule entschieden zu fordern. Wie viel Mühe und Zeit, die wahrhaftig besser angewandt werden könnte, werden hier unnütz verschwendet! Oder glaubt jemand, daß die Volks schule Zeit und Veranlassung hätte. Luxus zu treiben? Der möge sich doch einmal über die Ergebnisse des Volksschul- unterrichts etwas näher unterrichten. Wie viel bleibt hier noch zu tun. um den modernen Menschen mit den Kenntnissen auszurüsten, deren er im Leben bedarf, um vorwärts zu kommen! Wenn sie nicht am Anfang seiner Ausführungen stände, hätte ich mich über Herrn K.'s Behauptung nicht gewundert, daß die Verdrängung der Fraktur durch die Antiqua einen ganz bedenlenden materiellen Schaden mit sich bringen werde, weil das Letternmaterial wertlos würde. Auch mit Bezug auf die Buchdruckerei hat man bisher die entgegengesetzte Ansicht gehabt. Man hat angenommen, daß eine Druckerei um so voll kommener eingerichtet sei, je mehr Schriftmaterial und -grade sie von einer Schriftart habe. Nun dürfte es wohl keinem Zweifel unterliegen, daß eine Druckerei mit denselben Mitteln leistungsfähiger ausgerüstet werden kann, wenn sie nur mit einer Schriftart ausgestattet zu werden braucht, als wenn sie von zwei Schriftarten viele Grade anschaffen muß. Wirt schaftlicher ist es also ohne Frage, wenn die Druckerei statt für Antiqua und Fraktur nur für eine Schriftart zu sorgen hat. Herr K. denkt aber anscheinend nur an den Übergang bei Abschaffung der Fraktur. Er hätte in dem Falle recht, wenn ein Gesetz erlassen würde, die den ferneren Gebrauch der Frakturschrist von morgen ab verböte. Daran aber denkt doch wohl kein Mensch! Der Übergang wird sich vielmehr so vollziehen, wie sich die Übergänge zu allen Neuerungen vollzogen haben. Da das Schriftmaterial ja nicht zu den Dingen gehört, die ewig sind, sondern sich zum Leidwesen der Buchdrucker sogar ziemlich rasch abnutzt, so braucht nur bei seiner Erneuerung auf die Abschaffung der Fraktur Rücksicht genommen zu werden. Der Allgemeine deutsche Schriftverein wird zudem ja wohl dafür sorgen, daß der Übergang möglichst schmerzlos vor sich geht, indem er noch eine Zeitlang »deutsche» Bücher drucken lassen wird. Diese wirtschaftlichen Gründe lind es in allererster Linie, die die Abschaffung einer der beiden Schriftarten fordern. Welche von beiden fallen muß. kann doch wohl bei Vor urteilslosen keinem Zweifel unterliegen. Hier erst tritt das Argument ein. das Herr K. als so sehr wichtig in den Vordergrund spielt, um es zu bekämpfen, doß nämlich die Anwendung der Antiqua der Ausbreitung deutscher Literatur im Ausland Vorschub leisten würde. »In Italien, Frank reich. England.» ruft er emphatisch aus, »wird es niemand einfallen, mit Rücksicht auf die Deutschen eine Druckschrift in Fraktur Herstellen zu lassen». Ganz richtig; in Deutschland würde es auch niemand einfallen. Antiqua anzuwenden, wenn sie hier so unbekannt und ungebräuchlich wäre, wie die »deutsche» Schrift in Italien, Frankreich. England. Aber die Antiqua ist nun einmal die internationale Schrift, und außer den Deutschen haben nur kulturell rückständige Völker 1291«
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