Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.09.1910
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Nichtamtlicher Teil. 214. 15 September 1910. Vertrauen in die geistige Bedeutung ihres Autors und in den Wert seiner Werke gewonnen hatte und sie es gerade deshalb als peinlich empfand, abermals nur einen geschäftlichen Mißerfolg vermelden zu können. Die Firma schwieg daher, und erst auf Schopenhauers aus drückliche Anfrage teilte sie am 14. August 1846 mit: »Was Ihre Anfrage über den Absatz Ihrer Schrift betrifft, so kann ich Ihnen zu meinem Bedauern nur sagen, daß ich damit ein schlechtes Geschäft gemacht habe, und die nähere Auseinandersetzung darüber erlassen Sie mir wohl.» In der Zwischenzeit zwischen der ersten und zweiten Auflage des Hauptwerkes hatte Schopenhauer übrigens noch verschiedene andere Schriften herausgegeben, davon freilich keine bei Brockhaus. Von der Abhandlung über »das Sehn und die Farben» verfaßte er eine lateinische Ausgabe, nicht weil die deutsche vergriffen gewesen wäre, sondern weil er seine Ideen, in der internationalen Gelehrtensprache entwickelt, dem Auslande zugänglicher machen wollte, und bot diese Abhandlung Justus Radius, dem Herausgeber der bei L e o p o l d V oß damals erscheinenden Sammlung »Loriptorog opktkalmoloßioi minores», durch die Schopen hauer überhaupt erst zu dem Plan einer lateinischen Ausgabe gekommen war, honorarfrei an, wobei er nur einige Abzüge (acht bis zehn), zum Verschenken an Goethe und andere Freunde sich ausbat. Die Schrift erschien dort 1830. Im Jahre 1836 ließ Schopenhauer dann, gleichfalls ohne Honorar anspruch, in einem Verlage seines Wohnortes Frankfurt a. M., nämlich bei Siegmund Schmerber, und in einer Auflage von fünf hundert Exemplaren, die Schrift »über den Willen in der Natur» er scheinen. Auch diese Schrift, die später, nach Schopenhauers Ausdruck, »wie ein Raphael in der Bedientenstube» wiederentdeckt werden mußte, blieb zunächst ganz unbeachtet, und bis 1844, also in acht Jahren, war, wie der Verfasser selbst an Brockhaus schrieb, nur eine Besprechung er schienen, und zwar in Brockhaus' Leipziger Repertorium, das ox xuo- kesso alles anzeige. Auch »Die beiden Grundprobleme der Ethik», zwei Preisschriften, von denen die eine der königl. Norwegischen Sozietät der Wissenschaften eingereicht und von dieser preisgekrönt, die andere dagegen, wie Schopenhauer gleichfalls auf dem Titelblatt ausdrücklich angab, von der königl. Dänischen Sozietät der Wissenschaften nicht gekrönt war, erschienen in einem Frankfurter Verlag, nämlich bei der Joh. Christ. Herma nnschen Buchhandlung (Suchs land). Auch hier verzichtete der Verfasser auf Honorar, auch hier er folgten nicht einmal Besprechungen der Schrift, nur eine in dem schon genannten »Repertorium» und in einer anderen Brockhausschen Zeit schrift eine zweite, mit der der Verfasser allerdings sogar »ganz wohl zufrieden» war. Bei der zuletzt genannten Frankfurter Buchhandlung ließ Schopenhauer übrigens im Jahre 1847, auch honorarfrei, eine zweite, sehr verbesserte und beträchtlich vermehrte Ausgabe seiner Doktordissertation erscheinen, nicht weil die erste Auflage abgesetzt, sondern weil sie, wie schon oben gesagt, beim Konkurs des damaligen Kommissionsverlegers als Makulatur verschwunden war. Auch sonst hatte Schopenhauer mehrfach versucht, sich literarisch zu betätigen. Zweimal, zum zweiten Male im Jahre 1829, bemühte er sich, für eine Übersetzung der Hauptwerke Kants ins Englische einen englischen Verleger zu finden. Gegen ein bei Lieferung des Manuskripts zahlbares Honorar von fünfzehn preußischen Talern für den Druckbogen von sechszehn Seiten wollte er diese Übersetzung selbst geben, und er glaubte sich für diese Aufgabe ganz besonders berufen, da, »so viel er urteilen könne, ein Jahrhundert vorübergehn möge, ehe wieder in einem und demselben Kopfe soviel Kantsche Philosophie mit so viel Englisch zusammenträfe, wie durch einen glücklichen Zufall in seinem Kopfe zusammenwohnten.» Es sei dabei daran erinnert, daß Schopen hauer auf den Schultern Kants stand, sich wohl als »den wahren und ächten Thronerben Kants» bezeichnet^ und daß er andererseits mit der englischen Sprache und englischem Wesen durchaus vertraut war, da sein für alles Englische sehr eingenommener Vater ihn entsprechend erzogen und bereits in der Jugend für längere Zeit — auf der schon oben erwähnten Reise von 1803 — mit nach England genommen hatte. Noch früher und für noch längere Zeit hatte der Vater den zum Groß kaufmann bestimmten Sohn nach Frankreich geschickt, so daß dieser damals über dem Französischen sogar die Muttersprache vergessen hatte. Kein Wunder, wenn er später (1833) im Hinblick auf diese französischen Sprachkenntnisse einerseits, auf seine genaue Bekanntschaft mit Goethe und dessen Werken andererseits, sich dem französischen Verleger Aubert de Vitry, der eine französische Goetheausgabe herausbringen wollte, für die Durchsicht der Übersetzung (bei einem Honorar von 6 Francs für den Bogen) anbot mit dem Bemerken, daß es seiner Ansicht nach wenige Menschen auf der Erde gebe, die Goethe so vollständig ver ständen wie er. Auch dieses Anerbieten ist unbeachtet geblieben, wie in dem obigen Falle offenbar auch, dagegen muß Schopenhauer einmal tatsächlich eine Übersetzung aus dem Englischen oder ins Englische ge liefert haben, da sich eine diesbezügliche Honorareinnahme in seinem Rechnungsbuche verbucht findet. In einem anderen Falle hatte Schopenhauer die Übersetzung bereits ausgeführt, ohne dann zu den ihm erwünschten Bedingungen einen Verleger finden zu können. Es handelte sich um eine Übersetzung aus dem Spanischen (Gracian), die Schopenhauer unter dem Pseudonym Felix Treumund veröffentlichen wollte und die er dem ihm befreundeten Calderon-Herausgeber Hofrat H. G. Keil in Leipzig schickte (16. April 1832), mit der Bitte, ihm einen Verleger dafür zu suchen. Als Honorar verlangte er bei einem Umfang, den er auf zehn Bogen schätzte, 100 Taler preuß. Kurant für eine Auflage von 1200 Exemplaren und die Hälfte Honorar für jede weitere Auflage, die er zu revidieren bereit war. Keil sagt in seiner Antwort vom 8. Juni 1832, wegen der Unzahl von Übersetzern, die es gebe, seien die Honorare so gesunken, daß sie eher den Namen »Tagelohn» verdienten; man bezahle gewöhnlich für den Bogen nur 1 Taler 8 Groschen; selbst Brockhaus zahle in der Regel 2 Taler. Der gewöhnliche Buchhändler mache bekanntlich überhaupt keinen Unterschied zwischen Übersetzung und Übersetzung. Zugleich teilt er mit, daß er einen Verleger — Friedrich Fleischer — gefunden habe, von dem er einen Brief beilegt, demzufolge dieser für den Druck bogen bei 1000 Exemplaren 1 Louisdor zahlen wollte. Während Keil seinem Auftraggeber empfahl, den Antrag des Verlegers anzunehmen, machte Schopenhauer andere, an sich wohl nicht unbillige Vorschläge, und die Folge war, daß sich die Sache überhaupt zerschlug. Eine be sondere Bedeutung legte Schopenhauer auch hier wieder der Forderung bei, daß das Honorar sofort bei Ablieferung des Manuskripts gezahlt werde. »Was jeder Handwerker fordern darf, soll der Schriftsteller nicht dürfen; soll ihnen ferner seine Arbeit halb umsonst geben und ihnen dann noch die Hand küssen.« An diesem Punkte des Termins der Honorar zahlung scheiterte tatsächlich das Zustandekommen des Vertrages, d. h. nach Schopenhauers freilich wohl nicht unparteiischer Auffassung benutzte der Verleger diese Differenz als Vorwand des Rücktritts, nachdem er erkannt habe, daß des Autors übrige Bedingungen es ihm unmöglich machten, »einen Schmuh zu machen». Sieben Jahre später (1839) erbat Schopenhauer sich das Manuskript von Keil zurück, weil es sonst am Ende, nach ihrer beider Tode, wenn keiner Anspruch darauf erhebe, »die könne pries irgend eines Buchhändlers werden könnte.» Das Manuskript ist erhalten geblieben und ist aus dem Nachlaß Schopen Hauers von Ed. Grisebach 1891 bei Philipp Reclam j u n. erschienen: »Balthasar Gracian's Hand-Orakel und Kunst der Welt klugheit» (Universal-Bibliothek Nr. 2771, 2772), und noch in diesen Tagen ist die Schopenhauersche Übersetzung in einer anderen Ausgabe bei Alfred Krönerin Leipzig erschienen. Die Mißerfolge in seinen Übersetzungsunternehmungen werden nun Schopenhauer freilich nicht allzusehr gedrückt haben, zumal er ja in pekuniärer Beziehung sich in recht günstiger, unabhängiger Lage befand, die übrigens allein ihm überhaupt erst die Möglichkeit gab, seinen philo sophischen Spekulationen zu leben, da er, auf die Erträge seiner Feder- angewiesen, offenbar schon lange Hungers gestorben wäre, bevor er nur die Grundgedanken seines philosophischen Systems hätte ausreifen lassen können. Schwerer mußten die anhaltende Gleichgültigkeit und Nichtbeachtung, der seine philosophischen Schriften begegneten, auf ihm lasten. Nach dem geschilderten Konflikt mit Friedrich Arnold Brockhaus läge die Vermutung nahe, daß Schopenhauer für den Mißerfolg seiner Werke auch den Buchhandel verantwortlich gemacht hätte, doch weit gefehlt! So gern es es sah, wenn seine Anhänger, seine »Apostel» für ihn die Werbetrommel rührten, so sehr er wohl selbst gelegentlich mahnte, die »Buchdruckerschwärzescheu», wie er z. B. seinem »gelehrtesten Apostel», dem Kreisrichter Becker in Mainz, schreibt, zu überwinden und aus einem einfachen »Apostel« zu einem tätigen, schreibenden »Evangelisten» zu werden, so gern er, wenn dies nicht geschah, es sich gefallen ließ, wenn beispielsweise sein »tiefsinnigster Apostel», Adam von Doß, der »Jünger Johannes», wenigstens brieflich bei Leuten, die er gar nicht kannte, für den Meister warb —, so wenig erwartete er derartige Dienste von seinen Verlegern, ja er ließ sich, wie bei den noch zu erwähnenden »Parerga und Paralipomena», wohl ausdrücklich vom Verleger ver sprechen, daß dieser den Anzeigen keinerlei Empfehlungen usw. hinzu füge, offenbar weil alle Geschäftsreklame seiner Denkungsart unsym pathisch war, wie er denn auch in anderen Beziehungen, z. B. bei Wahl der Titel seiner Schriften, derartige Rücksichten, offenbar bewußt und geflissentlich, außer acht ließ. Für den Mißerfolg seiner Schriften war ihm daher der Buchhandel nicht der Sündenbock, sondern er hatte dafür
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