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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.10.1910
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1910-10-11
- Erscheinungsdatum
- 11.10.1910
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- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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/V 23«, II. Oktober ISIS. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. k Ltschn. Buchhandel. 11847 Nichtamtlicher Teil. Werden die Musikaliensortimente durch die öffentlichen Musikbibliotheken geschädigt? Von Professor vr. W. Allmann (Vorsteher der »Deutschen Musiksammlung bei der Königl. Bibliothek« Diese Frage, die zurzeit in den Kreisen der Mustkalien- sortimentshändler lebhaft erörtert und wohl durchgängig von diesen bejaht wird, glaube ich mit einem direkten »Nein« be antworten zu müssen. Wer besucht die öffentlichen Musikbibliotheken? 1. Musikstudierende, die meist arm und kaum in der Lage find, die paar Mark, die das Abonnement in einem Musikalienleihinstitut erfordert, aufzubringen, geschweige denn Mustkalien, besonders die meist ziemlich teuren Kompositionen moderner Meister, sich anzuschaffen. Ein Nachteil erwächst also dem Mustkalienhandel durch diese armen Mustk- studierenden nicht; im Gegenteil, diese werden sich oft ihre wenigen Groschen noch vom Munde absparen, um ein Musikstück sich anzuschaffen, das sie erst durch die Musik bibliotheken kennen und lieben gelernt haben. Ein weiterer Vorteil für die Sortimenter ist der, daß sie nicht genötigt werden, diesen armen Mustkstudierenden Kredit zu geben und später Jahre lang vergeblich auf das Geld warten müssen. 2. Fachmusiker, die auch nur in seltenen Fällen mit Glücksgütern gesegnet sind. Sie wollen entweder zum Unterricht ihrer Schüler sich geeignetes Material heraussuchen, das diese sich dann anschaffen müssen, oder für ihre Konzerte ein neues Programm zusammenstellen. Selbstverständlich sind auch sie gezwungen, die Noten, die sie für den Vortrag in ihren Konzerten geeignet halten, sich anzuschaffen, da die öffentlichen Bibliotheken nur für kurze Fristen und nicht zum öffentlichen Gebrauch Mustkalien ausleihen. Dem Musik- Handel erwächst also in diesem Falle durch die öffentlichen Bibliotheken direkt ein Vorteil, der unter Umständen ganz bedeutend werden kann. Ein Beispiel möge dies illustrieren. Der Begleiter eines sehr bekannten Violinvirtuosen, der im Jahre mindestens 150 Mal öffentlich spielt und zwar in allen großen Städten, bat mich, ihm einige Kompositionen zu empfehlen, die als erfolgreiche Reperloirenummern in Betracht kämen; ich konnte ihm eine ganze Anzahl namhaft machen und sie ihm mitgeben; nach wenigen Tagen brachte er sie hocherfreut zurückt die meisten dieser Stücke, die nicht etwa besonders schwer sind, spielt jetzt der Virtuos. Tausende werden sie hören, Hunderte, ja vielleicht noch mehr, werden in die Musikaliensortimentshandlungen eilen, um diese Stücke sich anzuschaffen. Man wird nun entwenden, jede Musikalienhandlung würde dem betreffenden Künstler auch jene Werke namhaft gemacht und sie ihm zur Ansicht mitgegeben haben, Als ob der Herr nicht schon vorher sich an Musikalienhandlungen gewendet hätte! Selbst große Leihinstitute versagen oft völlig, besonders wenn es sich um Kammermusik handelt; auch werden zahlreiche Werke von den Verlegern noch immer nicht zur Ansicht geliefert, wenngleich es in diesem Punkt jetzt weit besser als früher geworden ist, wo man gewissermaßen die Katze im Sack kaufen mußte, da Ansichtssendungen von be stimmten Verlegern direkt verweigert wurden, oder wo mau unaufgeschniltene Exemplare bekam, aus denen man sich höchst schwer orientieren konnte. Ich stehe übrigens auf dem Standpunkte, daß die Sortimentshandlungen nicht gar zu viel Ansichtssendungen machen sollen. Wieviel Unkosten hat z. B. ein Sortimenter, haben die betreffenden Verleger, wenn eine Quarlettgesellschast sich ein Dutzend neuerer Streich quartette zur Ansicht kommen läßt und davon doch keins kauft! Besser werden die Noten durch die Ansichtssendungen auch nicht. Ausgeschlossen halte ich es auch, daß eine Kammec- musikoereinigung irgendein Quartett sofort kauft, ohne es vorher zum Durchspielen entliehen zu haben. Wenn sie es also in einer öffentlichen Bibliothek erhält, dann wird weder Verlag noch Sortiment geschädigt, im Gegenteil, beide haben, da ihnen keine Unkosten erwachsen, Vorteil. 3. Musikgelehrte und Schriftsteller. Diesen kommt es oft darauf an, eine größere Auswahl oft sehr ausgefallener Werke in aller Ruhe zu Hause sich anzusehen. Dadurch, daß sie dann über diese Werke schreiben, befördern sie doch nur den Vertrieb der Musikalienhandlungen, indem mancher Käufer auf die betreffenden Werke erst, hingewiesen wird. 4. Dilettanten. Diesen könnte man am ersten den Zutritt zu den öffentlichen Musikbibliotheken verweigern, da sie sehr oft in der Lage sind, ihre Wünsche durch die Musikalien handlungen ohne weiteres befriedigen zu können. Allein ganz abgesehen davon, daß die Grenze zwischen Dilettanten und Fachmusikern nicht immer leicht zu ziehen ist, wird nach meinen Erfahrungen die Kauflust gerade der Dilettanten durch die öffentlichen Musikbibliotheken angeregt: gefällt ihnen ein Werk, so wollen sie es auch besitzen und nicht nur für wenige Tage in Händen haben und noch dazu gewärtig fein, daß es ihnen plötzlich abverlangt wird. Auch behagt ihnen auf die Dauer ein durch den Gebrauch etwas mitgenommenes Exemplar nicht. Es ist auch die Forderung ausgestellt worden, daß die öffentlichen Musikbibliotheken überhaupt nicht ausleihen, die Benutzer nur in dem eigenen Lcsesaal versorgen sollen. Aber wie wenige Musiker sind wirklich imstande, Noten so zu lesen, daß sie denselben Eindruck davon erhalten, als wenn sie sie durchspielen. Die meisten Besucher der Musikbibliothek ver mögen es nicht; dazu kommt noch, daß diese immer nur wenige Stunden am Tage geöffnet sind und daß oft der darin herrschende, ohne eine gewisse Unruhe kaum mögliche Verkehr ein ernstes Studium sehr erschwert. Die größte der öffentlichen Musikbibliotheken, die »Deutsche Musiksammlung bei der Königlichen Bibliothek« in Berlin, die dem Mustkalienverlag, und zwar nicht bloß dem deutschen, ihre Existenz in erster Linie verdankt, verleiht seit 1908 in beschränkter Weise Mustkalien. Über die dabei befolgte Praxis ist im letzten Jahresbericht folgendes zu lesen: »Der im Vorjahre angefangene Versuch, Interessenten Werke in beschränkter Zahl, meist drei oder vier, zur häuslichen Be nutzung auf kürzere Zeit anzuvertrauen, wurde fortgesetzt, doch wurde natürlich Unterhaltungsmusik, die in den so genannten Mufikalienleihinstituten vorhanden ist, ausgeschlossen und gar zuweit gehenden Wünschen, die durch wissenschaft liche Arbeit nicht bedingt waren, entgegengetreten. Sehr dankbar wurde die Möglichkeit anerkannt, Werke nach Hause mitzunehmen, die sonst vielleicht kaum in Berlin auszutreiben waren.« Solange das direkte Gegenteil nicht klar nachgewiesen wird, wird man also von einem Schaden, den die öffentlichen Musikbibliotheken den Sortimenten und überhaupt dem Mustkalienhandel bringen, nicht reden dürfen. Der Buchhandel empfindet schon längst nicht mehr das Bestehen der Biblio theken als schädigend. Die öffentlichen Musikbibliotheken find noch zu neu, als daß die Mustksortimenter ihr Bestehen und vor allem ihre Ausleihpraxis nicht mit scheelen Augen ansehen sollten. Ich wäre der letzte, ihnen dabei nicht bei zustimmen, wenn ich nicht das Gegenteil glaubte Nachweisen zu können. I53S»
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