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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.04.1923
- Strukturtyp
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- 1923-04-21
- Erscheinungsdatum
- 21.04.1923
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. X- 93, 21. April 1923. Monatskonten werden auch bald immer weniger Zeit erfordern. Denn darüber gebe man sich keiner Täuschung hin, der Buchhan del der alten Zeit ist endgültig dahin, und wenn wir uns auch im Laufe -der letzten Jahre schon umgeftellt haben, wir wer den uns jetzt von neuem umstellen und mit ganz anderen Ver hältnissen rechnen müssen: die Zeiten, wo der größte Teil des Lagers Eigentum des Verlegers war, den der Sortimenter nur zu vertreiben hatte und wofür der Verleger oft erst nach Jahren, es soll sogar manchmal nach Jahrzehnten der Fall gewesen sein, sein Geld erhielt oder auch nicht, muten uns jetzt schon fast wie ein Märchen an. In vielen Geschäften, die ganz auf L cond.- Bctrieb eingestellt waren, gähnt schon jetzt die Leere in den Re galen. An anderen Stellen sind die Lager zwar noch gefüllt, aber sie leeren sich nicht, und wenn es so fort geht wie in den letzten Wochen, wird bald das Kapital fehlen, um Neuanschaffun gen zu machen, und mancher Kollege wird sehr bald gezwungen sein, seine Vorräte um jeden Preis zu verkqufen, um leben zu können. Bis jetzt hat noch die Hoffnung auf bessere Zeiten und auf erhöhte Absatzmöglichkeit ihn daran gehindert, die ihn daun gezwungen Hütte, zu erhöhten Preisen Werke wieder zu beschaffen, die er zu billigem Preis losgeschlagen hätte. Aber diese Beden ken werden bei dem immer schlechteren Verkauf und der immer geringer werdenden Absatzmöglichkeit schwinden und es wird das »Ich brauche Geld!« allein maßgebend sein. Das Nachlassen der Kauflust und auch wohl der Kaufkraft des Publikums, nicht im Buchhandel allein be merkbar, hat vor allem seinen Grund darin, daß die täglichen Lebensbedingungcn viel Geld verschlingen, und daß man das Buch mehr oder minder als Luxusartikel betrachtet. Mitschuld haben aber die sich überstürzenden Schlüsselzahlen und die vor her viel zu spät und zaghaft einsetzenden Preiserhöhungen der Bücher. Es ist richtig: an anderen Artikeln gemessen ist das Buch nicht zu teuer, aber es ist zu plötzlich teuer geworden und ist schließlich zu teuer für den Bücherkäufer, der mit seinen Mitteln rechnen mutz. Wer kauft heute noch Bücher? Bibliotheken, so lange sie noch Gönner finden, die größere Summen stiften, denn die ihnen etatsmätzig bewilligten Gelder reichen kaum für Zeit schriften und Buchbinderrcchnungen, und die sorgfältig ausgc- arbcitctcn Voranschläge werden durch jede neue Schlüsselzahl über den Haufen geworfen. Mir sagte der Direktor einer ange sehenen Universitätsbibliothek: »ich hatte nach dem Stand der letzten Buchhändlerlieferungen meinen Etat aufgestellt und ihn auf 8V Millionen festgesetzt, um deren Bewilligung ich beim Mi nisterium bat; die neue Schlüsselzahl wirft nun wieder alles über den Haufen, und gleichzeitig erhalte ich vom Ministerium die Nachricht, daß ich auf höchstens 29 Millionen rechnen kann. Ich werde also gezwungen sein, sehr viele Fortsetzungen abzube stellen, und dieses fortlaufend in dem Maße, wie die Schlüssel zahlen steigen. Die Bibliotheken -werden zu den hohen Preisen nichts mehr kaufen können.« Der nächste Bibliothekartag wird sich ja auch vorzugsweise mit dieser Frage beschäftigen. Andere Bllcherkäufer, z. B. junge Leute, die jetzt Geld haben und dabei Liebe zum Buch, werden auch als Abnehmer immer seltener, lveik der Lebensunterhalt, Kleider und Stiefel, ganz abgesehen von den Zimmermieten, zu viel erfordern. Reichgewordene und Schieber — diese Spezies kenne -ich -allerdings kaum — hoben ihre Bücherschränke gefüllt und damit ihrer Pflicht Genüge getan, auch sie scheiden aus. Die Bibliophilen Hallen auch sehr zurück, ihre goldene Zeit, wo sie noch -billig-- in Geschäften, die nicht mit der Zeit fortgeschritten waren, manches erwerben konnten, ist vorbei. Die Studenten wissen oft nicht, wie sie das Notwen digste zum Lebensunterhalt sich verschaffen sollen, und sind kaum in der Lage, sich die notwendigen Lehrbücher, die jetzt ja zwischen 59- und 99 999 Mark kosten, zu kaufen, sie müssen es den aus ländischen Studenten überlassen. Ob man aber auf ein Neis-e- pub-likum von Ausländern wird rechnen können, erscheint bei un seren elenden Verhältnissen sehr zweifelhaft. So sieht es für die Zukunft sehr traurig aus. Die guten alten Kunden von ehe dem sieht man nur noch selten, sie können nichts mehr kaufen, man freut sich aber, wenn sie sich blicken lassen und in den lieb gewordenen Büchern blättern, deren Erwerb ihnen jetzt ein ver botenes Paradier ist. Die Schlüsselzahl, deren Einführung in Königsberg als eine Tat gepriesen und jubelnd begrüßt wurde, da sie in erster Linie einheitliche Preise schuf und die Unsicherheit in der Preisfestsetzung aufhob, ist für das Sortiment, wenigstens für das wissenschaftliche, vielfach zum Verhängnis geworden, da ihre sprunghafte Erhöhung nach Weihnachten die Kaufunlust -des Publikums mit verschuldet hat. Die Erhöhungen waren zu groß, und manche Bücher sind -dadurch unverkäuflich geworden, besonders manche Broschüren und auch Romane; das Publikum kann, das möge sich der Verlag gesagt sein lassen, einfach nicht mehr mit, und die Folgen, auch für den Verlag, werden nicht aus- bleiben. Schon jetzt kehren die Reisenden ohne -die gewohnten großen Aufträge nach Hause zurück. Vielfach sind die Grund- zahlen zu hoch angesetzt, sie wurden teilweise festgelegt, als die Schlüsselzahlen noch niedrig waren, und manche Verleger sehen das auch ein und fangen an, die Grundzahlen herabzusetzen, oder folgen nicht mehr der Schlüsselzahl des Börsenvereins, wodurch nur neue Verwirrung in der Preisfestsetzung entsteht. Die Schlüsselzahlen wenigstens sollten einheitlich sein, sonst haben wir bald wieder so viel verschiedene Preise in den einzelnen Buchlädcn wie nie zuvor. Daß die Höhe -der Schlüsselzahl der heutigen Geldentwertung und den Unkosten noch nicht gerecht wird, und daß der Verlag die hohe Zahl notwendig hat, be zweifle ich nicht. Aber es ist eine Tatsache, die siH nicht weg leugnen läßt, daß sie für manche alte Bücher viel zu hoch ist, die auch sonst nie eine Neuauflage erlebt hätten, oder für Werke, die an und für sich nicht gangbar waren, und bei denen der Ver kauf auch nur eines, Exemplars in jetziger Zeit die Summe über- schreitet, mit der sie in der Inventur aufgeführt waren. Dadurch w-ird der Besteller verärgert und zu harten Worten verleitet. Eine beschämende Tatsache, die aber einmal zur Sprache kommen muß, ist ferner, daß viele Verleger Bestellungen, die gegen Mittk der Woche aufgegeben sind, erst nach Erlaß der neuen Schlüssel zahl zur Auslieferung bringen-, und -dabei darf nicht verschwiegen werden, daß es sich dabei nicht um große Firmen handelt, son dern vorwiegend um mittlere Verlägsfirmen, die vielfach selbst dabei ein größeres Sortiment betreiben ; Belege dafür stehen mir zur Verfügung. Sehr geklagt wird auch darüber, und die Er klärungen der verschiedenen Ortsvcreine und Sortimentervereini- g-ungen bestätigen dies, -daß Bestellungen, -die unter ganz anderen Voraussetzungen und zu ganz anderen Preisen im Herbst aufge- geben wurden, jetzt erst mit der hohen Schlüsselzahl ausgeführl werden. Gewiß, die Bücher sind nicht früher fertig-gestellt, aber dann müßte die Grundzahl für diese Werke herabgesetzt werden, denn es ist klar, daß man ein Werk, das inan im Herbst mit Schlüsselzahl, nehmen wir an 299, bestellte, und für das mau seinen Abnehmer bereits hatte, und das vielleicht damals einen Verkaufspreis von 49 999 Mark gehabt hätte, jetzt für 599999 Mark nicht absetzen kann. So könnte man noch sehr vieles an führen von den unangenehmen Begleiterscheinungen, die das Schlüssclzahlshstem oder richtiger -gesagt, die zu rasche Erhöhung der Schlnss-elz-a-hlen im Gefolge gehabt hat. Vor allem wäre es notwendig, das Sortiment rechtzeitig zu verständigen, daß eine Erhöhung in Aussicht steht, denn jetzt erwachsen dem Sortiment oft riesige Verluste. Rehmen wir z. B. den Fall an, daß der Ostersonnabend ein gutes Geschäft zeitigte, daß der Sortimenter darauf umfangreiche Lagerbcstellungen- machte von Werken, die er mit Schlüsselzahl 2999 verkaufte, am Dienstag liest er dann Index 2599, hat also bei diesen Sachen, da er sie zum höheren Preis doch vielfach nicht mehr verkauft, erheblich zugesetzt. Die Folge wird sein, daß man immer vorsichtiger und ängstlicher wird. Einer seltsamen Erscheinung möge hier gleich Erwähnung getan werden: es ist eine Tatsache, daß, besonders im Anfang der Einführung der Schlüsselzahlen, etwa bis Weihnachten herum, gewisse Kreise des Publikums augenscheinlich früher Kenntuis hatten von der Änderung der Schlüsselzahlen (?) als der Sortimenter, und daß ein oder zwei Tage vor einer solchen Er höh-ung ein wildes Aufkäufen begann, -besonders von wertvollen Werken. Man hat auch vermutet, daß diese Aufkäufe im Aufträge von Buchhändlern in Leipzig geschehen seien, die früher Kenntnis hatten von einer Preiserhöhrmg, vielfach aber auch von Studenten, die dann einen gewinnbringenden Handel mit solchen verhält-
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