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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.07.1923
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- 1923-07-02
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- 02.07.1923
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Redaktioneller Teil. X- 1S1, 2. Juli 1923. aktuellste Geographie» und Sportproblem ist, das Engländer be schäftigt. Man ist auch in diesem Jahre wieder beim Endspurt der Erkletterung des »dtouw Lveisst«. Da ist eine von nationalen Vor urteilen freie wissenschaftliche Berichterstattung über alle die Fra gen, die sich an den höchsten Berg der Erde knüpfen, um so mehr von Nöten, als mancherlei in den englischen Ansichten dieses Berges und seiner Geschichte irrtümlich ist. Ein berufenster Kenner der tibetischen Bergwelt gibt uns einen solchen Bericht, Sven Hedin. Entdeckungen aus der Geographiegeschichte, eigene praktische Erfah rungen verweben sich mit seinen in fein- und auch scharfgeschlisfener Form gegebenen Berichten zu einer Darstellung der bisherigen englischen Expeditionen, di« eigenen Wert hat. Neben den guten Karten sind die Steinzeichnungen von Georg Baus besonders her vorzuheben, als Beispiele mit einfachen Mitteln gewonnener künst lerischer Geographiebuchbilder. (Sven Hedin, dlouat Lve- rest. Mit 8 Künstler st einzeichn ungen von Georg Baus, l Anstiegskizze, 9 Karten und 3 Profilen. Leipzig, F. A. Brockhaus 1923.) Wenn unter den Reisebeschreibern die Schelmusfskys auch nicht ganz und gar ausgestorben sind, die es mit der Wahrheit nicht genau nehmen, so ist ihnen ihr Leben jetzt doch schon recht sauer ge macht worden. Man verlangt von ihnen die Belege ihrer Ent deckungen in der Form von allerlei exakten Aufnahmen, die sich nachprüfen lassen, und die Kamera kontrolliert den Zeichner. Es ist allerdings nicht jedem gegeben, seine photographische Aus rüstung so zu benutzen, wie es der echte Geograph sollt«, der sich mit offenen Augen umsieht. Es gibt da manchen, der den Wald vor lauter Bäumen nicht sicht, der als Naturforscher ohne Natnr- gcfühl registriert, dem die Größe der Umwelt gleichgültig bleibt, in der er seine Fundstücke aushebt. Der Bericht über eine solche Reise kann den Leser dann freilich nicht verlocken, auch wenn dieser Bericht noch so wissenschaftlich ist. Und wir lieben die Reise beschreibungen nicht mehr, die zu einem gewollten Heroenepos aus ihren Verfasser wurden. Um so lieber sind uns diejenigen Reise- Werke, die Anspruchslosigkeit mit Gehalt und einem heitern Ton zu Vereinen verstehen. Zu ihnen gehören di« durch ihre vorzüglichen Lichtbilder bekannten »Indischen Reisen« von Kurt Boeck, die jetzt dankenswerterweise in vier Einzelbänden neu herausgegeben wer den, von denen der erste erschien. (Im Banne des Everest. Erlebnisse in Nepal, der für Weiße verschlosse nen Heimat der Gorkhas im Zentral-Himalaya, von Kurt Boeck. Mit einer Kartenskizze und 76 Bildern nach eigenen Aufnahmen des Verfassers. H. Haessel, Leipzig 192 2.) Mit ihrem gesunden Realis mus sind es Reiseplaudereien, wie wir sie in Deutschland doppelt und dreifach nötig haben als Ersatz der Exotismusmodcn, die in Belletristrik und Feuilleton mit dem leichtgläubigen Leser rechnen, der sich freilich viel bieten läßt. Wie es scheint, haben sich die Schelmusfskys jetzt bei uns aus den Abenteuerberichten in die Ge biete des fernen und fremden Geisteslebens zurückgezogen, um hier, mit mißverstandenen und mißverständlichen Schlagworten ausge putzt, Entdeckerehren zu suchen. Dagegen wendet sich auch in einer an nachdenkenswerten Bemerkungen reichen Schrift Leopold v. Wiese, Briefeaus Asien. Rheinland-Verlag, Köln 1 922. Man könnte hier fast von einer literarischen Epide mie sprechen, gegen die als ein sehr brauchbares Heilmittel die Lek türe guter ethnologischer und geographischer Literatur nicht drin gend genug empfohlen werden kann. Asien, ohne es zu kennen oder genug zu kennen, nachzueinpsinden, ist eine recht schwierige Sache. Wenigstens ist es bisher niemandem gelungen. Daß den Redens arten die Tatsachen vorzuziehen sind, wissen andere Völker besser als die Deutschen. Aber Michel der Träumer bleibt, wo er geht und steht, im Wunderland. Das ist eine unter Umständen verhängnis volle Gewohnheit, nicht allein in der Politik, sondern auch in der Literatur. Darum ist ein gründlich durchgefllhrtes Werk, wie wir es bisher nicht hatten, über die religiös-soziale Struktur des moder nen Indien allen denen bestens anzuraten, die den deutsch-indischen Schwärmereien unserer Gegenwart etwas skeptisch gegenüberstehen. Es vermittelt auch den bequemsten Zugang zu den Tempeln altindischer Weisheit, zu denen ein beschwerlicher und langer Stufenweg emporfühlt. (Helmuth v. Glase na pp, Der Hinduismus. Religion und Gesellschaft im 900 heutigen Indien. Mit 43 Abbildungen. Kurt Wolfs, München 1922.) Dazu lese man dann noch ein Paar der besten Bücher Kiplings und man wird auf einen Standpunkt gekommen sein, der über den Nebeln der Schöngeisterei und Schön rednerei liegt. Ein Dichter vom Ausmaße R. Kiplings ist Sven Hedin nicht. Doch überragt sein ethnographischer Roman Tsungpo Lamas Wallfahrt weit den Durchschnitt dieser Literaturgattung, di« heutzutage leider meist der Schundliteratur angehört. Hätte das Buch kein anderes Verdienst als dieses, beispielgebend hier den Kampf gegen das Schundschrifttum auszunehmen, wir hätten cs zu loben. Doch es hat mehr Verdienste. Es zeigt das Bemühen des Forschers, in einer dichterischen Gestaltung jenes großspurige Naturgefllhl, das Uounghusband von dem berufenen Reiseschilderer verlangt, zu einem Menschlichkeitsbegreifcn wachsen zu lassen. Die Abenteuer des Helden, die sich nicht vor den Hintergründen einer Filmstadt abspielen, sondern erlebte und erschaute Naturansichten aus Tibet zu einem getreuen Umweltsbild« verweben, haben einen ethischen Zusammenhalt. Daß nicht der abwechslungsreichen Spannung wegen gekämpft und gelitten wird, sondern für Ideen, das ist eine Ansicht, die Filmoperateure nicht verteidigen werden. Aber auch eine Ansicht, die das Buch zum Vorkämpfer gegen die Filmlügc macht. Die »Verrohung des Geschmackes« durch den Film wäre weit, weniger gefährlich, wenn gerade da, wo der Stoff ver lockt — der ethnographisch« Film ist ja längst zum Konkurrenten des ethnographischen Romans geworden —, das Buch immer seine Überlegenheit wahren würde. (Sven Hedin, Tsungpo L a - masWallfahrt. 2. Di« Nomaden. F. A. Brockhaus, Leipzig 1 923.) Die anmutig« Ausstattung des Bandes mit Buchschmuck nach tibetanischen Vorlagen schließt sich der des ersten Bandes (»Der Pilger«) an. Man begegnet dieser buchgerechten Verwertung ethnographischer Motive als Zierstllcke jetzt schon des öfteren, und eine solche Übertragung originaler Dekorationen auf den Seitenschmuck hat viel für sich; sie schasst einen ausgezeichneten Stimmungsträger durch ihre Erinnerung an die Formcnsprache fremder Völker, sie ist bisweilen einem Bildschmuck europäischer Phantasie vorzuziehen. (Dazu kommen manche neuere kunstwis senschaftlich« Veröffentlichungen dem Studium exotischer Form- spräche zu Hilfe. So bietet eine sehr ergiebige Analyse des india nischen Kunstsinnes: Rudolf ützinger, Indianerkunst. Mit 43 Abbildungen. O. C. Recht Verlag, München 19 2 2, «in Werk, auf desscti wirklich belehrende Bilderreihe schon dar um in diesem Zusammenhang« hinzuweisen ist, weil die beliebten Jndianerbücherillustrationen fast überall verwirrende Jugend- erinnerungcn hinterlassen haben.) In einer mancherlei Neues berichtenden, wissenschaftlich interessanten, dazu unterhaltsamen Reisebeschreibung: Unter den Kannibalen der Südsee. Studienreise durch die Melanesische Inselwelt von Friedrich Burger. Mit 31 Bildtafeln, 1 Land karte und mehreren Kartenskizzen. Verlag Deut sche Buchwerkstätten, Dresden 1923, sind solche ethno graphischen Motive glücklich für die Einbandzeichnung verwendet worden (die Gelegenheit, sie auch für das Vorsatz zu verwerten, ist leider außer acht gelassen worden), und sie hat als Buchschmuck, neben eingestreuten ethnographischen Skizzen, amüsante Federzeich nungen benutzt, dis die Kapitel als Kopf- und Schlußstücke rahmen, in jener abwechslungsreichen, anspruchslosen Art, deren Humor und realistischer Treue man mit Vergnügen in ähnlichen englischen Bü chern immer gern wiedersieht. Dazu kommt eine Fülle bemerkens werter, guter Lichtbilder. Und mitten unter ihnen (vor dem 1. Kapitel als Frontspiel für das II.) eine Illustration, wie man sie in den Erzählungen für Knaben zu finden gewohnt ist. Ganz ge wiß, es beeinträchtigt den Wert des guten Buches nicht, aber es stört, gerade deshalb, weil es nicht seinem Niveau entspricht. Und es wird hier auch nur ausdrücklich betont, weil es keine Ausnahme ist, weil sich noch immer ähnliche Illustrationen, die mit der Sache sehr wenig zu tun haben, in unseren ernsthaft zu nehmenden Rcise- schriften wiederfinden. In älteren Reisebeschrcibungen des neun zehnten Jahrhunderts waren solche ausschmückenden Bildchen nach dem Leben, die nachträglich bewegte Reiseerlebnisse zeichneten, beliebt. Sie haben für unseren Geschmack jedoch etwas Theatralisches. Was hier gegreint wird, läßt sich gut an den älteren Darstellungen (von denen einige
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