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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.02.1900
- Strukturtyp
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- 1900-02-06
- Erscheinungsdatum
- 06.02.1900
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- Deutsch
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1030 Nichtamtlicher Teil. .« 30. K. Februar 1900. Haupttendenz gehen untergeordnet der Preußenhaß und der Fürstenhaß einher in Aussprüchen non den im Buche maßgebenden Personen, ffo daß das Buch als Privatlektüre unreifen Kindern dienl^ wir ^verlangen^ daß die Tendenz nicht aufdringlich und unschön oder unwahr auftritt, weil sie dann mehr schadet als nützt. Für uns ist die besonders starke Empfehlung dieses Buches ein Erweis für den Mangel an vaterländischem Empfinden in jenem Teile unserer Volksschullehrerschaft Nach einer Mitteilung in der »Hamburgischeu Schulzeitung- 1900 Nr. 1 werden die Anschaffungen der Oberschulbehörde sür die Volksschulen allein nach den Vorschlägen des Jugend schriften-Ausschusses gemacht. So ist natürlich auch das Erckmann-Chattiansche Buch für sämtliche Volksschulen an geschafft worden. Füglich mag das auch einerlei sein; denn Hamburg braucht die Hochburg der Sozialdemokratie nicht mehr zu werden, es ist es leider schon. Unser damaliges Eingesandt, das von den hiesigen Zeitungen -Correspondent- und -Nachrichten- bereitwilligst abgedruckt wurde, wies u. a. m. auch darauf hin, daß in den Schulen in unzulässiger Weise die Kinder, und durch sie die Eltern, beeinflußt worden wären, nur in jenen Ge schäften zu kaufen, die von dem Ausschuß empfohlen worden waren. Merkwürdigerweise haben die Herren diesen Vor wurf mit Stillschweigen übergangen. Oder sollte dieser Vorwurf mit zu den -fabelhaften- Dingen gehören, die nach der -Jugendschristen-Warte- 1900 Nr. 1 von uns über den Jugendschriften-Ausschuß behauptet worden sind? Er ist aber gar nicht fabelhast, sondern eine nicht wegzuleugnende That- sache. Sehr unangenehm scheint dem Jugendschriften-Ausschuß der zusammenfassende und abschließende Satz unseres vor jährigen Jahresberichtes gewesen zu sein: »Darüber wollen wir auch keinen Zweifel lassen, daß wir diese Paarung zwischen ästhetischer und sozialdemokratischer Lebensanschauung und deren Erzeugnisse bekämpfen werden-. Man sucht das in der oben genannten Nummer der Jugendschristen-Warte als »die politische Verdächtigung der Jugendschriften- Bewegung, der man sich sachlich nicht gewachsen fühlt-, ab zuweisen. Abgesehen davon, daß wir niemand verdächtigt, sondern durch Citate die Paarung nachgewiesen haben; ab gesehen davon, daß nicht wir mit persönlichen Angriffen be gonnen haben, sondern daß von gegnerischer Seite unsere Gesinnung als -ein Teil der Kraft des Bösen« öffentlich verdächtigt wurde, wodurch wir zur Abwehr gezwungen waren, die Gesinnung des Jugendschriften-Ausschusses zu untersuchen; abgesehen von beider», überlassen wir den Herren gern das Gefühl ihrer sachlichen Ueberlegenheit gegenüber unserer Unbedeutendheit. Wir haben unsere Stellung offen und ehrlich genommen. Wenn unsere Gegner ebenso offen und ehrlich sagen wollten, daß sie auf dem Boden einer international - sozialdemokratischen Lebensanschauung stehen oder diesen Boden energisch von sich weisen, so würde das zur Klärung wesentlich beittagen. So aber treibt man ein Spiel mit Worten, Wie sehr die Herren sich jeder anderen Meinung über legen fühlen, bis zu welcher schwindelnden Höhe die Ueber- zeugung ihrer eigenen Unfehlbarkeit gestiegen ist, spürt man in jeder Zeile. So heißt es über die bekannte Interpellation in der Bürgerschaft: .... »der einen zum Verwundern bringen kann über die naive Keckheit, mit der man gegen die festen Mauern unserer Position mit Stecknadeln glaubt Sturm laufen zu dürfen-. Ein höherer Grad von Selbstüberhebung, als er in diesen Worten liegt, ist kaum denkbar. Die fragliche Interpellation hat allerdings aufs neue die alte Thatsache erwiesen, daß das Bürgertum für Imponderabilien wenig Verständnis und Enrpfänglichkeit besitzt. Darin ist ihm die Sozialdemokratie weit überlegen! Wenn wir noch erwähnen, daß «in ganz sachlich ge haltener Artikel in der »Christlichen Welt- von Lic. Hans Vollmer hier mit den Worten abgethan wird: »Die alten, irrigen Auffassungen, um einige neue vermehrt!-, können wir wohl die Selbstberäucherungen in der Jugendschristen-Warte sich selbst überlassen. Der ganze Ton darin ist erfüllt von einer überzeugten olympischen Erhabenheit; und doch giebt es Leute genug, die nur eine höchst irdische Beschränktheit darin finden. Das vorjährige Verzeichnis des Jugendschriften-Aus schusses enthielt zwei neue Büchlein: »Roseggers Waldbauern bub- und »Lilicncrons Kriegsnovellen«. Die Roseggerschen Erzählungen haben durch die gefühlvoll-schwülstige Vorrede des Herausgebers gewiß nicht gewonnen. Von pädagogischer Seite sind außerdem Bedenken gegen das Büchlein vorgebracht worden. Der steyrische Dialekt macht sich stilistisch und orthographisch stark darin geltend, und ob es zweckmäßig ist, Volksschülern von zwölf Jahren, die zumeist keinen starken Rückhalt für richtiges Deutsch in ihren Familien haben, solche Lektüre zu geben, ist wohl mit Recht zu bezweifeln. Aber bei den Pädagogen des Jugendschriften-Ausschusses schweigen pädagogische Bedenken vor dem Kunstwerk! Dagegen sind, ebenfalls von pädagogischer Seite, die Liliencronschen Kriegs novellen direkt verworfen worden. Sie wimmeln von schiefen Bildern und stilistischen Monstrositäten, wie »eine gut ge troffene Granate- u. s. w. und schildern Kriegssttnationen, die mindestens reichlich unwahrscheinlich, jedenfalls teilweise so ausgesucht grausig sind, daß man Kindergemüter davor ebenso bewahren soll, wie z. B. vor Wildenbruchs Kinder- thränen. Aber es sind Kunstwerke! und die Erziehung zur künstlerischen -Genußfähigkeit« ist Trumps in den ham- burgischen Volksschulen. Was wir übrigens schon vor zwei Jahren über das Verzeichnis als Ganzes sagten, halten wir heute noch aufrecht: »Eine im ganzen unpraktische und unbrauchbare Arbeit!- Der Ausschuß, der sich auf seine sachliche Ueberlegenheit soviel zu gute thut, sollte einmal statistisch Nachweisen, welche Er folge er in den etwa zehn Jahren erzielt hat. Seit einigen Jahren läßt er durch eine Centralstelle alle Verkaufsstellen in Stadt und Vororten versorgen. Eine statistische Aufmachung für diese Jahre müßte leicht sein. Wir sprechen bestimmt aus, ohne Unterlagen dafür zu haben, daß das Ergebnis in Betracht der großen Auflage des Verzeichnisses und des Hoch drucks, mit dem dafür unter Einsetzung der vollen Autorität der Schule gearbeitet worden ist, ein unbefriedigendes sein muß, abgesehen natürlich von einigen Büchern, die immer schon viel gekauft wurden, beziehungsweise worden wären. Ja, wir behaupten, daß eine nicht geringe Zahl der empfohlenen Bücher überhaupt nicht, oder höchstens in so vereinzelten Exemplaren verkauft sind, daß das gar nicht in Betracht kommt. Woran liegt das? — Nun, der Ausschuß sitzt, wie er selbst von sich sagt, in einer sturmfesten, ummauerten Position. Dadurch hat er Ausblick und Umblick verloren, er sieht immer nur sein selbst gemauertes Prokrustesbett. Das Publikum, wozu wir in dieser Beziehung den Buchhandel mitzählen, hat seine Vernunft nicht ummauert, ist frei in deren Anwendung und wendet sie an. Deshalb bleiben die unmäßig teuern Bilderbücher, die billigen Hendel-—Meyer-— Reclam-Einzelausgaben, die Goldschnitt-Miniaturbände, die Bücher von Auerbach, Freytag, Storni, Tolstoi, Wilden bruch u. a. als Weihnachtsgeschenke für Kinder ungekaust. Dar über können die Siegesbulletins, nämlich die Resultate, die sich durch Vorlesen in den Klassen ergeben haben sollen, nicht hinwegtäuschen. Diese Siegesbullstins erinnern in Form und
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