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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.02.1900
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- 1900-02-13
- Erscheinungsdatum
- 13.02.1900
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- Deutsch
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1238 Nichtamtlicher Teil. .tzi SS, IS. Februar 1300. regung in der ganzen deutschen Künstlerschast entstanden. Jetzt sagen sich auch diese Kreise mit Recht: wenn dieser 8 184 a erst eintritt, dann kann es mit der deutschen Kunst sauber werden im Reiche! (Sehr wahr! links.) Meine Herren, wir können dem hocharistokratischen Herrn nur höchst dankbar sein, daß er sich diese drei Aklstudien bei Wendler gekauft und die Denunziation eingefädelt hat; wir hoffen, daß die schwankenden Herren durch diese Konfiskation und durch das, was bereits unter den bisherigen Rechts verhältnissen möglich war, davon überzeugt werden, daß wir eine Verschärfung unserer Rechtszustände unter keinen Umständen brauchen. Meine Herren, wer daran zweifelt, möge außerdem gefälligst die Reichsgerichtsentscheidungen der letzten Jahre, welche von dem Begriff des »Unzüchtigen- sprechen, sich an- sehen; er wird die Ueberzeugung gewinnen, daß das Reichs gericht von Jahr zu Jahr, vor allem in den beiden letzten Jahren, eine immer schärfere Anwendung des Begriffes des Unzüchtigen gewählt hat. Meine Herren, während also so die ernste, reelle deutsche Kunst behandelt wird, erhebe ich hier den Vorwurf, daß man alle die Handhaben, welche das Gesetz der Polizei giebt, in keiner Weise anwendet aus die Schandprodukte, welche in einer ganzen Reihe von Läden, vor allem in der hiesigen Passage, ausgelegt und dort verkauft werden. Es wurde mir erst in den letzten Tagen mitgeteilt, daß gerade in der hiesigen Passage einige Schundgeschäfte seien, welche die schamlosesten Artikel verkaufen. Das ist eine ganz bekannte Thatsache, und es wurde mir von dem betreffenden Herrn erzählt, es sei geradezu ausgeschlossen, daß die hiesige Polizei von diesen Zuständen nichts wisse. Während man auf der einen Seite in der geschilderten Weise gegen die deutsche reelle, ernste Kunst so vorgeht, läßt man aus der anderen Seite von weib lichen Bediensteten derartige Schandartikel hier verkaufen. (Bewegung in der Mitte.) Ich fasse meine Ausführungen dahin zusammen, daß alle Excesse, alle wirklichen Excesse, vor allem auch die, von denen ich zuletzt gesprochen habe, vollkommen auf Grund der 88 183 und 184 des Reichsstrafgesetzbuchs geahndet werden können. Meiner Anschauung nach hat der Herr Staatssekretär vr. Nieberding — freilich die Konsequenz davon bezüglich des 8 184a hat er nicht ganz gezogen —' den Nagel auf den Kopf getroffen, wenn er in der ersten Lesung sagte, daß die Anträge der Herren vom Centrum in einer vollständigen Ueberschätzung des Wertes solcher Bestimmungen vor allem für die deutsche Jugend und in einer vollständigen Unter schätzung aller wissenschaftlichen, künstlerischen und litte- rarischen Interessen Deutschlands beruhen. Einem derartigen Vorwurfe der Unterschätzung der wissenschaftlichen Interessen können wir uns unter keiner Bedingung aussetzen; es würde sich meiner Anschauung nach jede liberale Partei geradezu den dicksten Ast absägen, auf dem sie sitzt, wenn sie gegen eine derartige Unterbindung deutscher Kunst nicht protestieren würde. Deshalb bitten wir Sie, den Paragraphen zu streichen. (Lebhaftes Bravo links.) Präsident: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Roeren. Roeren, Abgeordneter: Meine Herren, ich möchte zu nächst hervorheben, daß der 8 184», wie er Ihnen vorliegt, nicht die Fassung unseres Antrages hat, sondern im wesent lichen der Fassung der Regierungsvorlage entspricht, daß da, wo die Fassung der Regierungsvorlage von unserem Anträge abweicht, ganz erhebliche Abschwächungen gegenüber unserem Anträge vorliegen, daß wir aber trotzdem uns aus den Boden der Regierungsvorlage gestellt haben, um dem Zustande kommen des Gesetzes keine Schwierigkeiten zu bereiten. Ich betone also, daß der § 184», wie er vorliegt, von den verbündeten Regierungen herrührt. Ich betone das des halb, weil ich im Laufe meiner Ausführungen an den Herrn Kollegen Müller die Frage richten werde, was denn nun eigentlich die verbündeten Regierungen unseres deutschen Reiches mit der Kunstgeschichte, den Kunstschätzen und dem Kunstgeschmack des Vatikans zu thun haben. Was nun den 8 184» selbst angeht, so legen wir be sonderen Wert aus denselben, weil er den Schutz unserer Heranwachsenden Jugend gegen die sittlichen Gefahren be zweckt, die ihr durch die öffentliche Ausstellung von schamlosen Bildern und Photographieen in Schaufenstern und an öffent lichen Straßen und Plätzen drohen. Die GZ 180 und 181 sind gegen die Prostitution, gegen die Kuppelei und das Zuhältertum, also gegen das bereits vorhandene Laster ge richtet. Wir sagen uns, daß alle diese Bestimmungen gegen die Prostitution, gegen die Kuppelei, gegen das Zuhältertum nur von sehr beschränkter Bedeutung und sehr beschränkter Wirkung sein werden, wenn nicht in gleicher Weise auch Schußmaßregeln getroffen werden für unsere Jugend, die noch unverdorben ist. Wenn eine sittlich verdorbene Jugend heranwächst, dann ist es nicht möglich, später das einmal vorhandene Laster einzudämmen, das sich stets Wege brechen wird. Aus diesem Grunde legen wir ganz besonderen Wert auf denZ 184»; wir sagen uns, daß 8 184, der vorhergehende Paragraph, selbst mit seinen Erweiterungen, die hier gestern getroffen sind, einen genügenden Schutz nicht gewährt, des halb nicht, weil der Begriff des Unzüchtigen in unserer Recht sprechung zu eng aufgefaßt wird. Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts hat der Begriff -unzüchtig- in 8 184 eine so enge Interpretation erfahren, daß jetzt bet unseren Ge richten fast durchweg 8 184 nur Anwendung findet, wenn es sich um Bilder handelt, die entweder unzüchtige Hand lungen darstellen oder doch bestimmt und geeignet sind, zu unzüchtigen Handlungen zu reizen. Die Folge davon ist, daß sich jetzt die schamlosesten Darstellungen aus Bildern, Photo graphieen, Ansichtskarten in den Schaufenstern breit machen können, ohne daß die Polizei und auch die Gerichte sich in der Lage glauben, hier einschreiten zu können. Es haben diese schamlosen Ausstellungen in den Schaufenstern von Jahr zu Jahr zugenommen, und es kann nicht bestritten werden, daß dieselben mit der Zeit einen solchen Charakter und Umfang angenommen haben, daß sie notwendig zur moralischen Ver seuchung nicht bloß der Heranwachsenden Jugend, sondern überhaupt unseres gesamten Volkslebens führen müssen. (Sehr richtig! in der Mitte.) Es ist so weit gekommen, daß man seine Kinder nicht mehr über die Straße schicken kann, ohne besorgt sein zu müssen, daß sie durch den Anblick der Bilder, dem sie ausgesetzt sind und dem sie sich nicht entziehen können, sittlich verdorben werden; denn der Anblick solcher Bilder, wie sie jetzt massen haft in den Schaufenstern zu sehen sind, hastet in der Phan tasie des Kindes, regt seine Leidenschaftlichkeit, seine Sinn lichkeit an, und die Folge ist, daß die geheime Sünde ihren Einzug hält, aus der dann von selbst später das grobe Laster entsteht. Hier die nötigen Aenderungen und Besserungen zu schaffen, ist der 8 184» berufen. Meine Herren, man hat diesem 8 184» wieder ent gegengesetzt — das ist auch heute geschehen —, daß dadurch Kunst und Wissenschaft eingeschränkt werden. Ja, meine Herren, daß solche Redensarten von einer gewissen Sorte der Presse gemacht werden, die sich in diesem Schmutz fühlt wie der Hecht im Karpfenteich, das läßt sich erklären; daß man aber ernstlich, wenn man den Thatbestand dieses Para graphen ansieht, von einer Einengung von Kunst und Wissenschaft in diesem hohen Hause sprechen kann, das ist mir unverständlich. Sehen Sie sich doch den Thatbestand
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