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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.02.1900
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- 1900-02-13
- Erscheinungsdatum
- 13.02.1900
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- Deutsch
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1240 Nichtamtlicher Teil. 38, 13. Februar 1900. Offerte schließen. Diese Anstalt schickt an die Kellner folgende Offerte: Größter Zugartikel! Ueber 150 Prozent Verdienst! Verzeichnis. Unsere Karten sind decent, humoristisch, pikant. Dieselben werden von der Post befördert. Sie können sich durch den Verkauf der Karten einen schönen Nebenverdienst erwerben. Diele Ihrer Herren Kollegen bestellen von denselben nachweislich 300 Stück wöchentlich. Das ist ein Nettoverdienst von 18 Mark. Das Verzeichnis ist mir von einem Oberkellner über geben worden. Ich will Ihnen auch diese Bilder hier vor legen, die deshalb von Bedeutung sind, weil sie als offene Postkarten versendet werden sollen. Meine Herren, die Gegner dieses Paragraphen haben auch zugegeben — wenigstens in der Kommission —, daß es vielleicht für die Jugend nicht angebracht ist, solche Bilder, die das Schamgefühl gröblich verletzen, öffentlich in den Schaufenstern auszustellen, daß aber mit der Beseitigung dieser Bilder im Interesse der Jugend auch die Erwachsenen in Mitleidenschaft gezogen würden, daß aber dis Er wachsenen einen berechtigten Anspruch aus Kunstgenuß hätten. Meine Herren, nun meine ich doch, daß es von einem eigentümlichen Kunstsinn und Kunstverständnis zeugt, wenn ein Erwachsener, um sich einen Kunstgenuß zu ver schaffen, sich vor diese Friseur- und Buchbinderläden stellt und diese Machwerke von Bildern sich ansieht. Ich meine, daß derjenige, der sich einen Kunstgenuß verschaffen will, in die Museen oder Galerieen gehen kann. Aber selbst dann, wenn wirklich in der Beseitigung solcher schamlosen Bilder eine Einschränkung des sogenannten berechtigten Kunst genusses der Erwachsenen läge, dann, bin ich doch fest über zeugt, wird jeder sittlich fühlende Erwachsene sich diese kleine Einschränkung gern gefallen lassen im Hinblick aus die sitt lichen Gefahren, die mit der Ausstellung dieser Bilder für die Heranwachsende Jugend verbunden sind, und im Hinblick auf die bedenklichen Folgen, die eine schon in der Jugend sittlich verdorbene Generation später für das gesamte Volksleben und für die menschliche Gesellschaft mit sich bringen muß. Nun ist der Herr Kollege Müller aus die Kunstschätze im Vatikan gekommen. Ich habe schon einige Tage vor der Beratung der lex Heinze gehört und sollte damit bange ge macht werden, daß der Herr Kollege Müller mit einem schweren Geschütz aus dem Vatikan gegen mich Vorgehen würde. Ich nehme an, Herr Kollege Müller, daß dies das »schwere Geschütz« war. (Heiterkeit.) Nun, meine Herren, Habs ich schon eben gesagt: der Z 184» ist die Vorlage der verbündeten Regierungen. Ich wiederhole deshalb die Frage an den Herrn Kollegen Müller: was haben denn unsere verbündeten Regierungen mit dem Vatikan und seinen Kunftschätzen zu thun? Will aber der Herr Kollege Müller vielleicht mit seinen Vatikan- aussührungen gesagt haben, daß wir verantwortlich sein sollen für das, was in den Museen des Vatikans ausgestellt ist, oder will er es gewissermaßen als selbstverständlich hin- stellen, daß wir das, was in dem Vatikan in den Museen ausgestellt wird, billigen, dann, meine Herren, würde das doch nur beweisen, welche freie Anschauung wir über wirkl- liche Kunstwerke haben, und wie ungerechtfertigt der Vor wurf ist, wir wollten die Kunst beschränken. — Uebrigens sind alle diese Ausführungen über die Kunstschätze des Vatikans hier bei Z 184» vollständig deplaciert, weil ja der Z 184» alle Galerieen, alle Museen und alle Kunst ausstellungen völlig ausschließt. (Sehr richtig! in der Mitte.) Es handelt sich hier nicht um Bilder, um Kunstwerke in Museen oder Galerieen, sondern lediglich um Ausstellungen an öffentlichen Straßen und Plätzen zu geschäftlichen Zwecken. (Zuruf links.) — Der Herr Kollege Müller ruft mir zu: Reproduktionen. Ich habe eben schon gesagt, daß es ein Unterschied ist, ob man das Kunstwerk in seiner künstlerischen Ausführung und unter dem Eindruck der Erhabenheit der Kunst be trachtet, oder ob es sich um photographische Reproduk tionen handelt, namentlich wenn Retoucheur und Zeichner ihre Phantasie dabei mitspielen lassen. Das wird doch ein Jeder zugeben, daß es ein Unterschied ist, ob man Kunstwerke im Original betrachtet in ihrer künstlerischen Ausführung oder die photographischen Reproduktionen, die in den Schaufenstern ausgestellt sind. Es ist dann hier eingewandt worden gegen diesen Para graphen, daß der Begriff »Verletzung des Schamgefühls» zu unbestimmt sei. Verletzung des Schamgefühls ist durchaus kein neuer Begriff, der jetzt erst in unsere Rechtsprechung hineinkommt, sondern mit diesem Begriff praktiziert unsere Rechtsprechung ohne Schwierigkeit schon seit 30 Jahren, seit Bestehen des Strafgesetzbuchs. Denn auch der Begriff Un zucht im Z 184 setzt voraus, daß das Schamgefühl in gröb licher Weise verletzt ist. (Zuruf links.) — Ich habe nur gesagt, daß die Interpretation des Wortes »unzüchtig« zu einer zu engen Anwendung des Gesetzes vor den Gerichten geführt hat. Aber daß der Begriff »Verletzung des Schamgefühls« zu unbestimmt sei, kann von niemandem behauptet werden. Es ist nicht möglich, daß Sie ein Gesetz machen, von dem Sie sagen können: es ist unmöglich, daß einmal hier und da nebenher gehauen wird. Dann müßten wir unsere Gerichte zu einfachen Justizautomaten machen, in die man oben die »Fälle« hineinsteckt, damit sie unten »von Rechtswegen entschieden« herauskommen. Das kann man nicht; etwas Arbitrium muß dem Richter und dem Gerichte überlassen werden, wie bei jedem anderen Strafsalle, so auch bei den Strasfällen des Z 184». Man hat auch gesagt, daß das Schamgefühl zu indivi duell sei, daß das Schamgefühl bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger ausgeprägt sei. Aber auch hierin hat das Reichsgericht bereits eine vollständig bestimmte Richtung. Es ist, wie ich bei einer früheren Gelegenheit schon gesagt habe, weder die Prüderie eines verbildeten Gemüts auf der einen Seite, noch das abgeblaßte Schamgefühl eines Rouös auf der anderen Seite maßgebend, sondern das Schamgefühl eines normalen Menschen, das allgemeine Schamgefühl, wie es einem gesitteten und civtlisirlen Volte beiwohnt. Man hat auch eingewendet, daß es ja ganz verschieden sei, wie in der einen Gegend und wie in einer anderen Gegend diese oder jene Darstellung aufgefaßt wird, daß die sittliche Auf fassung in einer Gegend ganz anders geartet ist als in einer anderen. Auch das ist richtig, und es werden, wie bei fast allen Strafthaten, auch bei diesem Z 184» die Richter ge nötigt sein, die sittlichen Anschauungen, die Gebräuche und Gewohnheiten der Gegend zu berücksichtigen, um festzustellen, ob nun in dem in Betracht kommenden Falle durch die öffentliche Ausstellung das Schamgefühl als verletzt anzusehen ist oder nicht. Gerade von den Gegnern des Z 184» ist ja dies auch ausdrücklich gefordert worden bei der Verhandlung über den Z 180, den Kuppeleiparagraphen; hier ist die Zu lassung von mildernden Umständen gerade mit Rücksicht auf den geschlechtlichen Verkehr der Verlobten aus Antrag der
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