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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.06.1911
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1911-06-16
- Erscheinungsdatum
- 16.06.1911
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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187, 16, Juni 1S1I. Nichtamtlicher Teil, «rl-MIatt >. d. Dtschn. «>ichr»ild!i 7221 einander übergehen, ist bald erreicht. In dem mitgeteilten Probe-Alphabet ist es schon nicht möglich, Buchstaben wie w und f, r und z klar zu unterscheiden. Der Vorwurf, den Kaufmann gegen Gutenberg erhebt, weil er mit seiner Type nicht auch ein Druckschriftensystem erfunden habe, scheint da her recht wenig begründet, und wenn ihm als Ideal die alten Bilderschriften vorschweben, so würde das nur besagen, daß er, wenn auch unbewußt, aus eine Verkümmerung unserer reich ausgebildeten Schriftsysteme lossteuert, Gutenberg hat von einer »radikalen Schrifterneuerung« abgesehen, weil er trotz seiner kühnen Erfindungs gabe historisch zu denken verstand. Er hat den Werde gang der Schrift als ein lückenloses Ganzes empfunden, das sich logisch und folgerichtig aus primativcn Hieroglyphen anfängen durch die Jahrhunderte hindurch sortentwickelt hat zu einem brauchbaren und schmiegsamen Werkzeug, Gutenberg hat in der Schrift, die er nicht anzutasten wagte, das soziale Phänomen gesehen, in das irgend ein Individualist nicht willkürlich hineingreifen kann, Buch- stabenzeichen sind ein Verkehrsmittel, ein geistiges Ver kehrsmittel, das die weitesten Volksschichten und die entferntesten Generationen untereinander verbindet. Kann man es ernsthaft wagen, dieses Band, das die Jahr tausende geknüpft haben, durch einen plötzlichen und eigenwilligen Schnitt auseinanderzureißen? Es ist keines wegs der Praktiker vom Fach, der gegen solche Versuche ausbegehrt. So wenig wie wir heute alle Europa verlassen könnten, weil irgend ein Messias uns irgendwo ein Land der Verheißung aufzeigte, so wenig werden wir die Schrift zeichen von uns werfen können, mit denen wir nicht weniger eng als mit der Scholle verwachsen sind. Es mag erscheinen, als ob man solche Vorschläge allzu ernst nimmt, wenn man wider sie das ganze Rüstzeug einer schlichten Kritik abprotzt. Man wird mir wohl glauben, daß ich keinen Augenblick befürchtet habe, daß morgen oder übermorgen ein Verleger seine Bücher in diesen planimetrischen Zeichen drucken lassen dürste, daß der Buchhändler sich für die Kaufmann-Schrift einen Spezialisten halten müßte; allein es gibt der Sportfexe genug, die bereit sind, um irgend einen Einfall herum Vereine und Bewegungen anzuzetteln, die mit ihrer Einseitigkeit so kühn spielen, daß man schließ lich eine viel größere Mühe aufbieten muß, um die All gemeinheit vor dem faszinierenden Unsinn zu bewahren. Paul Westheim, Augenärzte und Schriftsprache. In dem in Nr, 128 mitgeteilten Eisenbahngespräch zwischen Herrn Georg Hölscher-Köln und dem von Herrn Ruprecht zu Zwecken der Belehrung über die Mängel der deutschen Schrift übernommenen in Deutsch land herumreisenden Franzosen ist auch von einer Enquete der »Umschau« bei Augenärzten die Rede, Welche Bewandtnis es mit der dort gesprächsweise erwähnten Statistik hat, geht aus einem Artikel des Herrn Ruprecht hervor, den wir auf seine Anregung hin den Hamburger Nachrichten vom 7, Juni entnehmen! Die Redaktion der Umschau hat eine Anfrage, welche Schrift dem Auge zuträglicher sei, lateinische oder deutsche, an 32 Leiter von Augenkliniken an deutschen, öster reichischen und Schweizer Universitäten gerichtet. Sie berichtet! »Hierauf sind 17 Antworten eingelausen, von denen 15 für Einführung der lateinischen Schrift eintreten, während zwei sich als Anhänger der deutschen Schrift bekennen.« Leider teilt die Umschau gleichzeitig nur 10 von den 17 Ant worten im Wortlaut mit, und der ergibt die überraschende Tatsache, daß von 8 Antworten für die Lateinschrift drei ausdrücklich zugestehen, daß kein Unterschied zwischen deutscher Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 78. Jahrgang. und Lateinschrift in Bezug auf Zuträglichkeit für das Auge bestehe (2) oder der Beweis nicht zu führen sei (1) und zwei weitere nur durch einen Fehlschluß zu einer Stützung ihres Vor urteils sür die Lateinschrift kommen! sie folgern daraus, daß die Lateinschrift einfacher und klarer sei, daß sie auch leserlicher sei — was bekanntlich ein Irrtum ist, denn zu große Einfachheit verringert die Lesbarkeit, sonst müßten ja Worte aus lauter lateinischen Großbuchstaben oder aus Steinschrift (Lateinschrift ohne Haarstriche, Fuß- und Kopfansätze) das Ideal der Les barkeit sein. Oder ist etwa ein unbeschriebenes Kindergestcht leichter einprägbar, als ein gefurchtes Greisenantlitz? Man vergleiche die Gegenüberstellung von Wortbildern am Schluß. Leser sind doch keine Abc-Schützen > — Es wären also nur noch drei augenärztliche Verurteilungen und zwei augenärzt liche Bevorzugungen der deutschen Schrift zu betrachten; alle anderen Urteile gründen sich auf Vorurteile, die mit ärzt licher Autorität nichts zu schaffen haben, längst als un berechtigt erwiesen sind und durch ihre kritiklose Wieder holung nicht besser werden. Es lohnt sich aber, diese letzten fünf im Wortlaut zu vergleichen: 1. »Ihre Rundfrage bei den Augenärzten scheint mir ein höchst vernünftiger Versuch, diese viel (und vielfach sehr unsachlich) diskutierte Frage in die richtigen Bahnen zu lenken.« — Weder Grund noch Entscheidung ist angeführt; als Urteil für Lateinschrift gezählt. 2. »Die Kinder haben acht Alphabete zu lernen. Da nun die Kurzsichtigkeit notorisch in der Schulzeit entsteht, würde die allmähliche Beseitigung der »deutschen« Schrift (warum nicht der lateinischen?) eine dringende erwünschte Entlastung der Augen sein.» — Als ob nicht jedes normale Kind formenhungrig wäre und spielend die Augen übte! Jeder Lehrer kann das bestätigen. Auch das »deutsch» in Anführungsstrichen ist bezeichnend sür die Vorurteilslosigkeit dieses Gutachters. Wie lange muß ein Gut im Besitz des Volkes denn national ausgeprägt sein, um deutsch zu sein, genügen 4>/2 Jahrhunderte noch nicht? 3. »Ich bin durchaus sür Einführung der lateinischen Schrift. Aus schulhygienischen Gründen muß gefordert werden, daß die Belastung mit den doppelten Alphabeten, die eine große Zahl von Schulstunden (?) in Anspruch nimmt, beseitigt werde«. — Es folgen dann nur noch einige un richtige unmedizinische Behauptungen und das Zugeständnis, daß gegen den Gebrauch von in guter deutscher Schrift her- gestellten Büchern nichts einzuwenden sei, aber aus vermeint lichen internationalen (!) Gründen die deutsche Schrift ab geschafft werden müsse. Daß der Schreibunlerrichl in Frank reich und England mehr Stunden erfordert, als bei uns, und trotzdem schlechtere Ergebnisse hat, als unser Schreibunterricht dank der besseren Zucht der deutschen Schreibschrift, ist erst in neuester Zeit festgestellt. 4. »Ein guter gotischer Druck ist wegen des scharf ge prägten Wortbildes besser zu fassen. Ich würde einem guten deutschen Druck in guter deutscher Schrist den Vorzug geben aus historischen und auch aus ästhetischen Gründen, denn die Antiqua ist kalt und feierlich. Es ist auffallend, daß wir immer noch Zeitungstypen haben, wie sie unter Maria Theresia benutzt worden sind, und wenn einmal an Stelle anderer ost überflüssiger Preisausschreiben ein stilistisch besserer und ästhetisch wirksamerer Zeitungs- und Schulbücherdruck durch eine solche Konkurrenz geschaffen würde, so könnte der deutsche Druck im Zeitungswesen der Antiqua die Stange halten (schlechter Lateinschristdruck ist aber noch schlimmer). Die deutsche Schreibschrift leidet an dem Übelstand, daß die Höhe der kleinen Buchstaben im Verhältnis zu den großen zu gering ist (?), wenigstens nach den Schulbüchern. Ein guter deutscher Druck, den wir in neuen Büchern, die ver gäll
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