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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.02.1909
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1909-02-16
- Erscheinungsdatum
- 16.02.1909
- Sprache
- Deutsch
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2026 Börsenblatt k-d. Dtjchn. Buchhandel- Nichtamtlicher Teil. ^ 38, 16. Februar 1S09. einer hübschen achtzehnjährigen Jüdin ein prächtiges Exem- plar einer Bibel geliehen, das ihm nicht einmal gehörte. Als er sie wieder erhielt, fehlten am Einbande die mit Edel steinen besetzten Schließen, die junge Esther hatte sie zurück- behalten: »porrr s'su ldirs äss sceroolrsoosur«, um sich Schmachtlocken daraus fertigen zu lassen, oder wohl um ihre Schmachtlocken dadurch wirksamer zu machen. Derartige mehr oder weniger harmlose Bllcherdiebe schildert Cim, so den Notar Boulard, dann den Pariser Buchhändler, der bei Bouquinisten, bei Auktionen Bücher mitgehen hieß, aber sie piompt bezahlte, wenn die Ver käufer, die auf ihn acht hatten, die Manipulation gemerkt hatten. Er erzählt aber auch von denen, die die Liebe zum Buch zu Mördern gemacht hat, die Geschichte des Don Vicente in Barcelona, der denjenigen, die von ihm ein seltenes Buch gekauft hatten, folgte und sie mit einem Dolchstoß tötete, um wieder in den Besitz des Buches zu gelangen, das er nicht glaubte missen zu können. Auch den schon von mir erwähnten Pastor Tinius führt er an, der, um sich Geld zu verschaffen, »m Bücher kaufen zu können, erst einen Kaufmann, dann eine alte Frau ermordete, um schließlich selbst auf dem Schaffst zu enden. Schlimmer noch sind die Diebe, die nicht einmal die Liebe zum Buch als Vorwand haben, die stehlen, um die Bücher zu Geld zu machen, die die öffentlichen Bibliotheken berauben, um sich Genüsse zu verschaffen. Ein großes Aussehen machte in den fünfziger Jahren die Affaire Libri. Libri, ein geborener Italiener, war Mathematiker und Professor in Pisa und hatte bereits einen Ruf als wissenschaftlicher Autor, als er sich in politische Umtriebe einlteß und gezwungen war, im Jahre 1830 nach Frankreich zu fliehen. Beschützt von Arago, machte er in Paris eine sehr schnelle Karriere. Im Jahre 1841 wurde durch die Ordonnance vom 3. August die Redaktion und Veröffentlichung eines »Oatslogus gönör»! st ästsillö äs taue Iss dlsuuscrits, «u lrrvguss »ncisrruss st woäsrues, »otuvlls- msut sxistaut «laus Iss bibliotlrdquss pudirquss äss äsparts- wsuts» verfügt und Libri zum Sekretär der zu diesem Zwecke eingesetzten Kommission ernannt. Als solcher hatte er das Recht unbeschränkten Zutritts zu allen Bibliotheken Frankreichs. In dieser Eigenschaft soll er systematisch die Bibliotheken ge plündert und außerdem es verstanden haben, durch Rasuren, Unterstreichungen, Umbinden den Ursprung der gestohlenen Objekte zu verwischen, nachdem er sich bereits an den Samm lungen in Florenz und Pisa in diesem edlen Handwerk geübt hatte. Bereits im Jahre 1846 wurden Stimmen gegen Libri laut; sie verhallten aber ungehört. Ein Jahr später wurde eine Anzahl kostbarer Bücher in einer Auktion verkauft, an der Libri beteiligt war, und die mehr als 100 000 Frcs. Erlös brachte. Nunmehr wurde der Staats anwalt Boucly beauftragt, unter der Hand Ermittlungen anzustellen, die aber, wie man sagt, auf Veranlassung Guizots, des intimen Freundes Libris, im Sande verliefen. Durch Guizot erfuhr Libri von dem Bericht des Staatsanwalts und zog es vor, sich nach England zu retten und dazu acht zehn Bücherkisten, die er mit 25 000 Frcs. versichert hatte. Libri wurde in contumaciam zu 10 Jahren Einschließung und zum Verlust seiner Ämter verurteilt. Von London aus protestierte er gegen seine Verurteilung, die er als das Werk politischer Gegner verdächtigte. Trotz seiner Verurteilung hatte er viele Anhänger behalten, die von seiner Unschuld überzeugt waren. Die Angelegenheit ist niemals ganz auf geklärt worden, und wenn auch vieles dafür spricht, daß er diese Veruntreuungen verübt hat, namentlich die Unter suchungen, die der Bibliothekar Leopold Delisle angestellt hat, so muß man doch sagen, daß sie ihm nicht bewiesen worden sind und daß zweifellose Ehrenmänner bis zuletzt an seine Unschuld geglaubt haben. Vom Diebstahl zur Fälschung ist nur ein Schritt. Wird durch Diebstahl eines Buches der Eigentümer direkt geschädigt, so ist die indirekte Schädigung, wenn einem Lieb haber eine gefälschte oder geschönte Seltenheit aufgehängt wird, nicht minder empfindlich. Unter Fälschung verstehe ich z. B., wenn ein Faksimile eines Briefes für ein Original ausgegeben wird, unter Schönung, wenn z. B. ein Defekt in einem Buche durch ein faksimiliertes Blatt ersetzt, oder ein einfacher alter Einband durch Eindruck alter Fileten kostbarer gemacht wird. Ich erwähnte bereits, daß ein Bibliophile auch lernen muß, Fälschungen zu begegnen. Die Fälscher sind heute so gewitzt und die Technik so vollkommen, daß es tatsächlich eines sehr guten Auges und einer sehr großen Erfahrung bedarf, wenn man nicht getäuscht werden will. Und ganz gefeit ist niemand dagegen. Im Lritisll dluseum war ein Beamter angestellt, der in geschicktester Weise Lücken aus- fllllte, ganze Blätter faksimilierte, und zwar so täuschend, daß selbst Kenner die Erneuerung nicht wahrnahmen- Eines Tages wollte der Chief-Librarian einem Freunde die geschickte Arbeit zeigen und ließ ein Buch kommen, von dem er wußte, daß es vervollständigt war. Aber alles Suchen war vergebens, das Blatt wollte sich nicht finden. Der Schreiber wurde gerufen, aber auch er vermochte das Blatt nicht zu entdecken. Seit jener Zeit müssen im Lritislr dlu-suw der artige Blätter signiert werden. Groß erzählt in seinem sehr instruktiven Buche: -Der Raritätenbetrug< (Berlin ISOl), das für diesen Gegen stand ebenso aufklärend wirkt, wie Eudel, I-s truqu-rgs, eine ähnliche Geschichte. Der als ausgezeichneter Kenner geschätzte Pariser Buchhändler Porquet blättert eine Inkunabel von größtem Wert und ausgezeichneter Erhaltung wieder holt durch, ohne einen Grund zum Mißtrauen zu finden. Endlich findet er aber etwas sehr Merkwürdiges: etwa 6 Blätter find von einem Bücherwurm fein durchbohrt, dann kommt ein unverletztes Blatt und dann wieder eine Reihe durchbohrter Blätter; der Wurm kann das unverletzte Blatt nicht übersprungen haben, folglich kam es erst später hinein und ist falsch. Hätte der Fälscher das Wurmloch nicht übersehen, so wäre der ausgezeichnete Kenner Porquet getäuscht worden. Ein Treppenwitz der Weltgeschichte wäre es aber, wenn — was auch nicht unmöglich ist —, das eingefllgte Blatt gar keine Fälschung gewesen wäre, sondern einem anderen Ex-mplar zur Vervollständigung entnommen! Dann würde der fehlende Wurmstich sich ganz harmlos erklären! Noch erwähnen möchte ich zwei Fälle von Autographen betrug, die zugleich zeigen, mit welcher Leichtgläubigkeit zu weilen Sammler zuwege gehen und wie leicht sie es dem Fälscher machen, zu betrügen. Der erste Fall ist dem berühmten Mathematiker Pro fessor Chasles in Paris passiert, dem ein gewisser Vrain- Lucas erst einige wenige Stücke anbot, die er auf einem Speicher gefunden haben wollte, der die Archive des 1791 ausgcwandertcn Grafen Boisjourdain enthalten sollte. Nach und nach rückte er mit immer mehr heraus, so daß Chasles ihm allmählich eine Summe von 140 000 Frcs. bezahlte. Freilich kam bei dem Kauf einiger Dokumente auch die Nationaleitelkeit init ins Spiel, indem ein Teil von ihnen einen Briefwechsel zwischen Newton und Pascal enthielt, aus dem hervorzugehen schien, daß das Gesetz der Schwere nicht dem Engländer Newton, sondern dem Franzosen Pascal zu verdanken sei. Leider stellte sich, als die Sache vor Gericht kam, heraus, daß Newton zurzeit des angeblichen Briefwechsels erst 11 Jahre alt war und also kaum in diesem
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