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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.07.1923
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- 1923-07-05
- Erscheinungsdatum
- 05.07.1923
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x° 154, 5. Juli 1923. Geschäftliches aus dem besetzten Gebiet. (Vgl. Bbl. Nr. Auf unsere Aufforderung in Nr. 144 hin sin-d uns von Kollegen aus dem besetzten Gebiet verschicdentliche Mitteikrmgen zugegangen, über die im Nachstehenden berichtet sei: Besonders die Postverbindung nach dem besetzten Gebiet ist sehr gestört. Co berichtet ein Buchhändler aus Essen vom 27. Juni, daß er an diesen! Tage Postkarten von Leip zig erhielt mit dem Poststempel vom 15. Juni, und das; er die Börsen blätter Nr. 137 vom 15. und Nr. 143 vom 22. Juni ebenfalls erst am 27. Juni erhalten habe. Ein Sortimenter aus Mainz berichtet an einen Verleger, daß er ein von -diesem nach Frankfurt gesandtes Paket mit vieler Muhe in Worms ausfindig gemacht und erhebliche Un kosten gehabt habe. Es kann den Herren Verlegern im unbesetzten Gebiet nicht warm genug ans Herz gelegt werden, Vorsicht und Nach sicht zu üben. Vorsicht, indem sie die von den Sortimentern ange gebenen Postwege genau beachten (Postpakete sind immer der Gefahr des Verlustes und der Verschleppung ausgesetzt; es ist ratsam, nur als Drucksachen- zu versenden), Nachsicht, indem sie mit ihren Forde rungen nicht zu rigoros Vorgehen, da sie nie wissen können, ob die Sendungen auch in den Besitz ihrer Geschäftsfreunde gelangt sind. Herr Franz Arenhold in Firma Besteche Buch- und Kunst handlung in B n e r ist nach den Zwischenfällen in Marl als Vertreter der Kaufmannschaft mit mehreren anderen ausgcwiesen worden. Sein Geschäft wird zwar weitcrgefnhrt, er bittet aber bei Verzögerungen um Nachsicht. Außerdem bittet er, da die Post fast gar nicht mehr in Buer ankommt, die Sendungen an seine jetzige Adresse: Münster (Westfalen), Hotel Florath, Jüdeselderstraße, zu richten. Zahlung er folgt von Buer aus, weshalb Vorauszahlungen und Nachnahmen aus geschlossen bleiben müssen. Soeben erfahren wir noch, daß neuerdings, seit der Nacht vom 1. zum 2. Juli, jeder Postverkehr nach dem besetzten Gebiet stockt. Die Postpaket« hänfen sich auf den Bahnhöfen zu Bergen. Die Herren Verleger werden gebeten, nichts mehr ins besetzte Gebiet zu senden, außer auf ausdrückliches Verlangen. Als selbstverständlich sollte doch gelten, daß im besetzten Gebiet keine Zirkulare und Prospekte von dort verbotenen Werken versandt werden. Trotzdem geschieht es, wie uns ein aus Worms zugegangener Prospekt zeigt, ans dem fettgedruckt steht: »Vom Franzmann beschlag nahmt«. Die Sendung war mit Leinerscher Adresse beklebt und, wie der Freistempel beweist, in Massen aufgeliefert. Hier sollte mehr Vor sicht geübt werden, denn eine solche Nachlässigkeit — um eine solche handelt es sich augenscheinlich — kann dem Empfänger der Sendung schwere Nachteile bringen (Ausweisung, Geldstrafe usw. usw.). Entrichtung der erhöhten Umsatzsteuer für Privatvcrkäufc. — Das Landesfinanzamt Groß-Berlin gibt bekannt, daß vom 1. Juli ab die Entrichtung der erhöhten Umsatzsteuer für Privatverkäufe nicht mehr durch Aufkleben von Umsatzsteuermarken auf die vom Verkäufer aus- zustcilende Quittung und Entwertung der Marken, sondern ausschließ lich durch Einzahlung des Steuerbetrugs an die Kasse eines der Finanzämter, die hier mit der Bearbeitung der -Umsatzsteuer betraut sind, zu erfolgen habe. Das Schicksal eines Buches. — In der B. Z. am Montag lesen wir: Vor 64 Jahren verkaufte der bekannte Londoner Buchhändler Bernh. Quaritch die Restauflage eines Buches fiir einen Penny je Exemplar. Es waren seinerzeit überhaupt nur 250 Exemplare davon gedruckt worden. Nur 50 davon fanden Käufer, und der Ver fasser gab die übrigen Quaritch zum bestmöglichen Verkauf. Der verkaufte einige davon zum Preise von einem Penny das Stück, wie ihm von den Käufern geboten wurde, der Nest blieb wieder liegen. Der letzte Verkauf eines dieser Bücher im Erstdruck brachte jetzt über 240 Pfd. Sterl., das ist 57 600mal soviel, als dafür bezahlt wurde, während es in Quaritchs Buchhandlung lag und niemand danach fragte. Das Buch war Fitzgeralds poetische Übertragung des Nubayat des vor 800 Jahren verstorbenen persischen Dichters Qmar Khayyam. Fitz gerald, ein guter Freund des Dichters Jennyson, übersetzte einen Teil des Gedichts. Die erste Übersetzung wurde dreimal revidiert und zog allmählich die Aufmerksamkeit der Buchlicbhaber auf sich, bis es jetzt in der ganzen Welt so berühmt geworden ist, daß man irgendein beliebiges von den 250 Exemplaren der Erstausgabe, das vielleicht noch erhalten ist, als Seltenheit fiir einen Liebhaberpreis von 200 Pfd. Sterl. oder mehr (— über 140 000 000 Mark) verkaufen kann. Die Rückkehr der grusinischen Handschriften. — Die Sowjetregierung in Moskau hat der Grusinischen Republik, die zu ihrem Staatenbunöe gehört, das Recht zugesprochen, die kostbaren grusinischen Handschriften zurückzufordern, die seinerzeit aus Grnsien fortgebracht und in die entliehe Bibliothek und in die Akademie der Wissenschaften in Peters burg gegeben wurden. Wie im »Cicerone« mitgetcilt wird, wurde zu diesem Zweck eine Kommission, bestehend aus russischen und grusini schen Gelehrten, gebildet, die nach langen Verhandlungen uiki die Einzelheiten über die Rückgabe ausgearbeitet hat. Es befinden sich ^ in den genannten beiden Petersburger Instituten 700 alte grusinische Haudschr-iften, von denen 308 nach Tiflis zurückgebracht werden sollen. In Petersburg bleiben die zweisprachigen Palimpsestc, die Manuskripte aus der Sammlung des verstorbenen Akademikers Brosse und eine Reihe kostbarer Miniaturhandschristen, darunter das- »Tibetsche Evangeliar« aus dem Jahre 985, eine griechisch-grusinische Handschrift mit 477 Miniaturen u. a. Verbrannte Bibliothckschätzc. — Wie die Ltoektrolms BickniuZ aus Moskau erfährt, brannte die Universität in Nostowa. D. nieder, wodurch auch die wertvolle Bibliothek — zum Teil Bücher sammlungen, die während- des Krieges von Warschau nach Rostow gebracht wurden — zerstört wurde. Man gibt die Schuld für den Brand einem Mordbrennerkomplott, dem 40 Dörfer im Dvugcbiet zum Opfer fielen. Muttersprache im Unterricht. — Einen über die Grenzen Badens hinaus beachtenswerten Erlaß hat der badische Kultusminister vr. Hellpach an die ihm unterstellten Schulen und Schulbehörden gerichtet; darin heißt cs: Es muß d-cn Beobachter mit Sorge erfüllen, daß die Fähigkeit des mündlich oder schriftlich gefaßten m u t t e r s p ra ch-- lichen Ausdrucks im deutschen Volke zurückgeht. Gerade auch die Erscheinungen des politischen Lebens in der jüngsten Vergangen heit zeigen vielfältig, daß es anderen Kulturnationen besser als uns gelingt, in ihren öffentlichen Kundgebungen Gedanken klar und ein fach, Gefühle stark und mit Wärme, Gesinnungen eindrucksvoll und über zeugend vorzutragen. Die Sprache des deutschen öfsentlichen Lebens bietet vielfach ein Bild fachlicher Trockenheit, blutloser Abstraktheit, lederner Armseligkeit und frostiger Unbeholfenheit. Ich erachte es darum für geboten, daß die Schule der Pflege eines guten mutter sprachlichen Ausdrucks von Gedachtem, Empfundenem und Gewolltem unablässig ihre größte Aufmerksamkeit schenkt. Diese Pflege des Ausdrucks muß sich auf das gesamte Sprechen und Schreiben im Unterricht erstrecken, in allen Fächern und in jeder Materie. Dabei s ist wirkliche persönliche Eigenart sorgsam zu wahren, immer aber auf ! Einfachheit und Durchsichtigkeit der Geöankenführung, auf Freimut und Anstand der Cesinnungskundgebnng zu halten. Ganz besonders > ist bildhafte Anschaulichkeit, die sich durchaus mit logischer Folge- j richtigkeit verträgt, liebevoll zu pflegen und auch dort niemals ein- i zuschüchtern, wo sie sich einmal vergreist und der Nachbesserung bc- , darf. Die Sprachvcrwild-erung durch fach- und sportsprachliche Un arten, durch Telegrammstil und Modercdensartcn ist unausgesetzt zu bekämpfen. Schließlich muß die deutsche Cprachgesinnung entschlossen gefördert werden. Ungeachtet allen Kulturgutes, das uns die Pflege der Fremdsprachen zubringt, muß der Glaube des juugcu Deutschen an seine Muttersprache als an eine Weltsprache frühzeitig geweckt und ihm das höfliche, aber bestimmte, schlichte, aber gepflegte Reden in seiner Sprache, statt der Sucht, in allen möglichen anderen zu rade brechen, als ein Teil seiner Wesensart anerzogen werden. Der deutsche Unterricht in Amerika. — In der Kölnischen Volks- zeitnng lesen wir: In einer zu Beginn der letzten Maiwoche von d-cr Vorkc ^88oeiaUon c>k UiZIi Letzool Besetzen ok Lerman abge- haltcnen Versammlung berichtete Prof. I. P. Hoskins von Princeton über die von dem Ausschuß zur Wiederaufnahme des deutschen Unter richts in den Mittelschulen jüngst unternommenen Anstrengungen. Von den westlichen Staaten hat kürzlich Indiana das Verbot des deutschen Unterrichts mit großer Mehrheit abgeschafft, und in Kalifornien wird die Bewegung gegen eine deutschfeindliche Verordnung des Erziehungs amtes sogar durch zwei englische Zeitungen unterstützt, obwohl niemand gegenwärtig sagen kann, welchen Ausgang die Dinge dort nehmen. Be züglich des mittleren Westens kann man in Ohio wohl eine Wieder aufnahme des -deutschen Unterrichts im September d. I. erwarten. Auch im Osten schreitet die Entwicklung weiter vorwärts. Der Aus schuß hat versucht, sieben oder acht Staaten des Ostens nun wieder für den deutschen Unterricht zu gewinnen. In Wilmington (Del.), Camden (N. I.) und Neading (Pa.) kann bald wieder an eine Wieder aufnahme des Deutschen gedacht werden. In Utica und Aonkers (N. N) . hat Professor N. W. Moore von der Colgate-Universität sich sehr ' für das Deutsche verwandt, und- man kann dort ebenfalls im Herbst ^ oder im Frühjahr bestimmt einen Wiederbeginn des deutschen Unter richts erwarten. In Jersey-City und Paterson (N. I.) hat möglicher es
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