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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.06.1902
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1902-06-12
- Erscheinungsdatum
- 12.06.1902
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- Deutsch
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^ 133, 12. Juni IS02. Nichtamtlicher Teil. 4819 Vauit/ 1'air. Drutli und Mio IVorlä sind die haupt sächlichsten Gesellschaftsjournale! Dös Vkorlä ist in jeder Beziehung unbedeutend, witzlos und frivol, für Drutk hin gegen habe ich eine gewisse Schwäche, obwohl es womöglich noch skandalsüchtiger ist als die beiden erstgenannten Wochenschriften; aber es tritt häufig in die Schranken der Bedrängten und Unterdrückten und hat schon oft bewirkt, daß ein fauler Prozeß wieder ausgenommen oder schreienden Uebelständen abgeholfen wurde. Es ist liberaler Richtung und bringt beißende Artikel gegen die Tories; aber sein Sarkasmus hat Witz und da ist man geneigt Vieles zu entschuldigen. Vauitze kair kostet eine halbe Krone, Drutli einen Schilling und "tlw IVorlä sechs Pence, für Wenig bemittelte unerschwingliche Preise. Aber damit diese nicht leer ausgehen, haben unternehmende Federn sich in Be wegung gesetzt, um »auch die urteilslose Masse « mit Klatsch- und Skandalgeschichten zu versorgen, und für einen Penny bringen sie deren eine solche Auswahl, daß auch ihr Leser kreis zufrieden sein muß. Bekannt ist, daß dem Engländer neben seiner Presse eine unbegrenzte Redefreiheit gestattet wird, wovon er auch bei jeder Gelegenheit im vollen Umfange Gebrauch macht. Im Uouso ot Oowinous bindet ihn noch die parlamenta rische Form; aber einmal außerhalb desselben, läßt er frei die Zügel schießen und macht sich in den stärksten Aus drücken Luft, ohne daß die Zuhörer daran Anstoß nehmen. Sv mußte eine Freundin von mir auf einem Meeting der Prünelliga mit anhören, wie der Redner gegen Gladstone eine beißende Philippica richtete und ihm i» seiner Wut die Worte entfuhren, daß er (Gladstone) eigentlich schon längst in der Hölle schmoren (stovr) sollte. Der Honourable Gentleman war kein Demagoge, kein Anarchist, auch seines Zeichens nicht etwa ein Kesselflicker, sondern ein Vollblut tory und ein Lord von altem Adel. Nur zwei Dinge giebt es auf der Welt, welche den vornehmen Engländer außer Fassung zu bringen und hochgradig zu erregen ver mögen, das ist außer dem Alkohol vor allen Dingen die Politik. Man greife seine Person an — es läßt ihn kalt; erlaube sich jede Anzüglichkeit — er macht sich nichts daraus; mache schlechte Witze über seine Frau — es ficht ihn nicht an. Aber nun wage einer, den politischen Gegner zu loben oder die Integrität Alt-Englands auch nur mit einem Worte anzutasten, und — verschwunden ist das be rühmte englische Phlegma, dann wird er mit einem Schlage zum Choleriker, gerät plötzlich in Harnisch, schickt feine guten Manieren zum Teufel und donnert seine Gegner dermaßen an, daß man vor Staunen und Bewunderung Beifall klatschen möchte. Hin und wieder bin ich in der angenehmen Lage gewesen Zeugin solcher Auftritte zu sein und zu beobachten, wie in jedem Vollblutengländer die nationale Seite die stärkste ist. Seitdem ich diese Wahr nehmung gemacht habe, ist mir manches verständlicher ge worden, seine Ausschreitungen auf den Rednerbühnen sowohl, wie auf dem Papier, und wenn letztere in den meisten Fällen nur als Druckerschwärze zu bezeichnen sind, so bleiben sie dennoch ein treuer Abdruck seines Temperaments, das er selbst am besten kennt, und wenn er sich John Bull nennt, einen Beweis eben dieser seiner tiefen Selbstkenntnis giebt. Monatsschriften mit und ohne Illustration giebt es in England die Menge, und immer noch entstehen neue Revüen und Magazine, so viel des Schönen, Guten und Gediegenen bietend, daß man mit dem englischen Geschmack sich wieder aussöhnt und nur bedauern kann, wie neben diesen wirklichen Litteraturblüten solche Wucherungen, wie die Gesellschafts- journale es sind, geduldet werden. " Wer kennt nicht Lunch, das berühmte englische Witz blatt, und wer hat nicht seine Freude gehabt an dem herr lichen aber gutmütigen Humor, womit er auf politischem, wie auf sozialem Gebiete alle Zeitsragen berührt, alle Schrullen geißelt? jSeine reizenden Zeichnungen erfreuen jung und alt, über seine Witze lachen ernste Staatsmänner und harmlose Kinder zugleich, denn in seinen Spalten hat nie eine Zweideutigkeit Raum gefunden. Dies alles weiß so ziemlich jeder Gebildete; aber nicht so bekannt dürste es sein, daß Lunch auch oft ernst ist und Worte findet, die zu Herzen gehen, daß er am Grabe eines großen Toten Thränen geweint, sich jederzeit der Unterdrückten und Un glücklichen angenommen und den Schüchternen das Wort geredet hat, daß z. B. die beiden rührendsten Gedichte, welche die englische Sprache kennt — die Seufzerbrücke und das Lied vom Hemde von Thomas Hood —, durch ihn zuerst bekannt geworden sind. Er hat ein Herz für alles Große und Schöne und vereinigt stets um sich eine wahre Geisteselite. Harare Mayhew, Thackeray, John Leech — dieses herrliche Dreigestirn, ihre Namen sind von Lunch unzertrennlich. Er kann auf eine glorreiche Vergangenheit zurllckblicken, glorreicher, als vielleicht die Gegenwart es ist; aber wer weiß, ob nicht seiner noch eine große Zukunft wartet. So wie er war und ist, hat er jedenfalls dem un vergleichlichen englischen Humor für alle Zeiten ein Denk mal gesetzt. Kleine Mitteilungen. Handelsregistereintrag. — -Auf Blatt 11 421 des Handels registers ist heute die Firma Emil Grottke's Verlag in Leipzig (Königsstraße Nr. 23) und als deren Inhaber der Buch händler Herr Carl Emil Sicgismund Grottke ebenda eingetragen worden. — Leipzig, den 9. Juni 1902. — Königliches Amtsgericht, Abt. II L.- Kunstpflege in einfachen Verhältnissen. — In der 32. Generalversammlung der Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung, die am 8. und 9. Juni in Düsseldorf getagt hat, sprach Herr Assessor Helmighausen, Düsseldorf, über -häusliche Kunstpflege in einfachen Verhältnissen-. Der Redner führte aus, daß es nahegelegen habe, gerade in Düsseldorf dieses Thema zu be handeln. Für öffentliche Kunstpflege geschehe im allgemeinen auch in deutschen Landen verhältnismäßig viel, aber man gehe an den Kunstgegenständen zumeist als an gewohnten Anblicken gleichgiltig vorüber. Museen würden von Arbeitern wenig befucht; wenn dies aber geschehe, so könne man beobachten, daß Bilder gegen ständlichen Inhalts, also namentlich Historienbilder, besonders angeschaut würden, während Landschaften und dergleichen wenig Beachtung fänden. In Hamburg besonders sei die Kunstpflege im Volke durch den Museumsdirektor Lichtwarck durch Be lehrungen über Beschauen von Kunstgcgenftänden gefördert worden. ' Sähe man sich im Hause des Arbeiters und gewöhnlichen Mannes um, wie dort die Kunst gepflegt werde, so nehme man wahr, daß in katholischen Gegenden vorwiegend Bilder religiösen Inhalts sich vorsänden. Leider würden diese Bilder in unschöner Darstellung fabrikmäßig hergestcllt. Bestrebungen kunstsinniger Wer Kunst im Volke pflegen wolle, müsse sehr taktvoll Vor gehen, da sich der gewöhnliche Mann nicht Dinge aufdrängen lasse, von denen man ihm sage, sie sollten zu seiner Verbesserung oder Veredelung dienen. Das Haus des Arbeiters dürfe auch aus sozialen Gründen nicht des Kunstschmuckes entbehren, damit er sich daheim wohl fühlen könne. Die beste Art, die Kunst im Volke heimisch zu machen, sei es, wenn man Mitglieder der hand arbeitenden Volksklasse zu Aposteln dieser Bestrebungen heranziehe. Den Einwand, die Kunst im Hause zu pflegen sei zu teuer, entkräfte in der Ausstellung besonders das Arbeiter - Doppelhaus der Firma Krupp. Die Möbel dieses Hauses seien mit künstle rischem Verständnisse hergestellt, und doch kosteten sie nur etwa 800 zu welchem Preise sie auch vertragsgemäß während der Ausstellung in Auftrag genommen werden. Bei Möbelocrzier^ng auf gute Vorbilder, besonders aus dem Pflanzenreiche. Vor tragender wies daraus hin, wie ergiebig beispielsweise das K32*
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