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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.12.1911
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1911-12-23
- Erscheinungsdatum
- 23.12.1911
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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ISS 72 BSrsmblaU s. d. Dlschn. SiMond-I NtchtamMcher Teil. 298, 28. Dezember 1911. sind, und die wenigen so unzweckmäßig. Es ist ja ganz hübsch und recht empfehlenswert, von der Decke farbenschillernde Leporello-Alben herabhängen zu lassen, aber noch viel besser ist es, Bilderbücher ausgcschlagen recht tief unten auszulegen, wo die Kleinen und Kleinsten, die erst zu laufen anfangen, sie sehen und bewundern können. Wie oft zwingt so ein putziger Wicht seine Begleiter, bei einem Struwwelpeter stehen zu bleiben und weicht nicht eher, als bis er die heiligsten Schwüre und die elterliche Bürgschaft empfangen hat, daß das Christ kind ihm dieses und noch manch anderes schöne Buch bringen werde. Und während die Kleinen ihre Literatur bewundern, sucht sich vielleicht der Vater ein Werk für die Mutter, die Mutter eines für den Vater aus. Oft weisen den Weg in die Buchlädcn nur die Augen der Kinder. Also tiefer mit den Büchern der Kleinen! Schlimm steht es mit dem Auslegen der Geschenkliteratur. Die Verleger sind darauf erpicht, die Titel auf den Einband decken dort anzubringen, wo sie am allerwenigsten hingehören: ganz unten. Der Buchhändler will recht viele Bücher ausstellen, daher bedient er sich häufig solcher Gestelle, bei denen immer das rückwärtige Fach höher als das vordere ist. Sollen alle Buchtitel lesbar fein, so müßten alle Bände in die vorderste und zugleich unterste Reihe kommen, denn tief unten angebrachte Titelzeilen rückwärts stehender Bücher werden ja von der oberen Hälfte der vorderen verdeckt. Alle Bücher kann man aber unmöglich in eine Reihe stellen und zum Auswechseln fehlt in den Weihnachtswochcn die Zeit. Deshalb, ihr Verleger: laßt euch Einbände zeichnen, bei denen der Titel möglichst hoch oben ist! Und schreibt keine gner liegenden Rückentitel vor, — die machen sich unschön und fordern vom Beschauer, sich den Halswirbel zu verrenken. So weit war ich in meinen Betrachtungen, da trat eine Dame aus dem Laden. Drei weniger eins macht zwei. Noch ein wenig Geduld! Ich blicke der Dame nach smeine Frau liest das Börsenblatt nie) und bemerke, wie sie mit der einen Hand ihr Kleid aushebt, während von einem Finger der anderen das zierlich eingepackte Paket an einem modernen Reklame bindfaden herabbaumelt. Auf einmal — o weh! — reißt augenscheinlich der Faden, und das Buch fällt zu Boden, ausgerechnet in eine zu diesem Zwecke dort entstandene Pfütze. Den Ärger der Dame kann man sich denken. Und sie teilt ihn mit ungezählten anderen Damen und Herren, die zu Opfern ganz derselben unangebrachten Reklamesucht wurden. Denn diese Bindfäden mit aufgedrucktcr Firma, wie man sie in Wien fast überall sieht, sind fast durchweg wenig haltbar, schleißig und eignen sich nicht dazu, daß an ihnen Bücher, deren Gewicht im Verhältnis zum Umfang immer beträchtlich ist, herabhängen. Die Kollegen ahnen gar nicht, um wie manche Kundschaft sie dieser Behelf, der doch Kunden fesseln soll, bringen kann. Da ist der gute alte »Spagat« doch solider! Die Dame hat ihr Buch statt durch-, aufgelesen und ist im Gewühl verschwunden. Sie geht schwerlich wieder zum Herrn Walch. Was aber macht denn der Mensch; i wird er mit den zwei Kunden, die noch drinnen sind, niemals fertig? Ich blicke durch die Lücke und sehe ihn im Gespräch mit einem ernst dreinschauenden Herrn, während der Gehilfe einen Stoß Jugendschriften um den andern auf den Ladentisch schleppt, offenbar um der Frau, die dort sitzt, eine recht reiche Auswahl zu bieten. Ganz falsch! Je mehr Artikel, desto schwerer die Wahl! Wenn bald das ganze Pult vollgeräumt ist, kann sich die Kundschaft erst recht nicht entschließen; in acht Fällen unter zehn entfernt sie sich mit der Versicherung, sie müsse sich's noch überlegen oder erst ihren Mann, wenn nicht gar die Großmutter ihrer Tante sragen. In Wirklichkeit geht sie zum Konkurrenten, der ihr bloß füns Bücher vorlegt und eines von diesen so warm empfiehlt, daß sie vielleicht sogar zwei von den anderen kauft. Denn die Wienerinnen sind sehr mißtrauisch geworden! Was nur der Herr will? Mir scheint, einen Weihnachts katalog ! Es gibt so viele »Katalogmarder«. Sic haben meistens eine Aktentasche in der Hand, in der sich zwischen schon zur Strecke gebrachten Katalogen und Probeheften Butter bemmchen und Käserinden befinden, tragen Zwicker oder Augengläser, über die sie beharrlich hinwegsehen und erfreuen sich der Gabe einer überaus salbungsvollen Suada. Sie sind imstande, den Chef so lange sestzuhalten, daß ihm inzwischen ein Ministerialrat, der für fünfzig Kronen Bücher kaufen wollte, davonläuft und versichern ihn beim Weggehen ihrer unwandelbaren Hochachtung. Manche von ihnen tragen keine Taschen, dafür aber Havelocks, unter die isie Bücher ver schwinden lassen. Diese sind ausfallend höflich und bedanken sich für jeden Prospekt einige zwanzig Mal. Jetzt endlich geht er, bis zur Tür vom Chef persönlich geleitet. Ich drücke mich rasch, der Herr geht an mir vorbei in die Metallwaren-Riederlage. Um einen Katalog natürlich, und illustriert muß er sein! Also nur noch die eine Dame! Soll ich nicht schon jetzt eintreten? Schon nähere ich mich der Tür, da kommen mir drei Leute zuvor. Drei aus einmal!! Nun sind wieder vier Kunden im Laden! Jetzt wird der Chef den »Rummelkoller« kriegen. So sagte nämlich immer mein Lehrherr, der diesen Koller aber selbst in dem Maße haben konnte, daß er mir einmal einen Band Konversationslexikon an den Kops warf, weil ich an geblich nicht rasch genug bediente. Waren mehr als drei Leute im Lokal, so wurde er ungeheuer aufgeregt, schoß wie ein verirrter Fußball hin und her, schrie und gestikulierte und tat dabei nicht nur selbst nichts, sondern hinderte auch seine An gestellten, etwas zu leisten. Er hatte aber auch lichte Momente, und in einem solchen behauptete er, das Sprichwort »man könne nicht zweien Herren auf einmal dienen«, sei ganz falsch, man könne im Gegenteil ein Dutzend auf einmal bedienen. Man brauche nur jeden zu fragen, was er wünsche und einen ganz kleinen Teil seines Auftrages sofort ausführen, dann erachte sich jeder als bedient. In der Tat kam es oft genug vor, daß ich in den Laden trat und ihn voll mit Personen fand, von denen mir jede einzelne versicherte, sie »bekomme schon«. Er hatte eben jede um ihr Begehr gefragt, dieser eine Auskunft, jener einen Katalog gegeben, dem einen ein Buch vorgelegt, dem andern einen Stuhl angeboten, aber niemanden ganz »erledigt«, und jeder war dabei überzeugt, er widme sich aus schließlich ihm. Noch zwei Kunden. Rein das ist zu viel! Sechs Kunden auf einmal! Und die soll ich alle abwarten? Da bin ich schön hin^stigefallen, mich friert schon an den Füßen. Und dabei steht der Mensch noch und lacht!! O ich weiß, über was er lacht, denn ich kenne den Herrn, mit dem er jetzt spricht. Er ist Auktionskommissär im k. k. Versteigerungsamt und ein schnurriger Kauz nebenbei. Bei jedem Zuschlag macht er einen »Witz«. Zu einer Dame, die eine Stockuhr erstanden hat, sagt er: »Gnädige Frau, Sie werden sehr oft an mich denken.« »Wieso?» fragt sie verwundert. »Ja, ja«, entgegnet er, »so oft Sie nämlich mit dieser Uhr zum Uhrmacher gehen werden, um sie reparieren zu lassen.« Ein Revolver wird aus geboten, aber kein Bieter meldet sich. »Ist denn kein Selbst- mordkaudidat da?« ruft er in den Saal. «Für Nicht losgehcn wird garantiert!« Ein Herr hat zahnärztliche Instrumente erstanden. Der kaiserliche Rat beglückwünscht ihn mit den Worten: »Nun lassen Sie sich aber recht häufig Zahnschmerzen dazu kommen.« Ich erstehe ein Lexikon von Brockhaus in 17 Bänden. »Merkwürdig«, sagt der Rat, »Sie haben ja erst vor einigen Wochen einen »Meyer« geiaust. Haben Sie denn den schon ausgelesen?» Ein Lexikon aus dem Jahre l824
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