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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.12.1911
- Strukturtyp
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- 1911-12-27
- Erscheinungsdatum
- 27.12.1911
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- Deutsch
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LSS, 27. Dezember IS1I. Nichtamtlicher Teil. HSrpNblatt f. b. Ktschv. SllchhavL-S. 16095 Nichtamtlicher Teil. Leipziger Briefe. VII. Wenn man des öfteren Gelegenheit hat, sich mit Berufs fragen im Buchhandel öffentlich zu beschäftigen, so kommt man sich gegenwärtig vor wie einer jener modernen Kriegs berichterstatter, die unter der Schilderung von Episoden und Scharmützeln den Mangel an entscheidenden Kämpfen ge schickt zu verbergen wissen.*) Man erzählt in mehr oder minder packender Form von dem lauten Knall der Kanonen und der Menge des verschossenen Pulvers, ohne auf die Wirkung des Kriegsapparates besonderen Wert legen zu können. Dann scheint es, als ob unter dem Qualm und Staub, den die Par teien aufwirbeln, die sichere Spur eines gesteckten Zieles merklich verloren gehe, und man sehnt sich nach den Klängen des Hornes, das zum Sammeln bläst. Ähnlich verhält es sich mit den Dingen im Buchhandel, und man kann schon heute sagen, daß das Morgenrot, das uns in Gestalt der kommenden Tage von Leipzigs Ostermesse heraufleuchtet, wohl im Zeichen des Kampfes stehen wird; ob aber greifbare Resultate und Besserung unstreitig bestehender Übelstände erreicht werden können, ist eine andere Frage. Zunächst rüsten wir uns auf diesem noch friedlichen Schauplatze zum Weihnachtsfeste, dem wir nicht ungern entgegensehen, weil es eine Art Waffen stillstandes inmitten von allerlei Plänkeleien und eine Ge legenheit zur inneren Sammlung sein wird. Gegenwärtig fehlt noch die Zeit zu tieferem Nachdenken über wichtige Be rufsfragen, weil alle Hände damit beschäftigt sind, gewisser maßen die in den buchgewerblichen Erzeugnissen gebannten Geistesstrahlen wohlverpackt und -verschnürt nach allen Richtun gen der Windrose hinauszusenden. Diese Tätigkeit ist gerade vor Weihnachten eine der besten Illustrationen zu der dominieren den Stellung Leipzigs im Gesamtbuchhandel. Der gewaltige Apparat, dessen einzelne Glieder von alters her zu ihrer Zweck bestimmung geschult sind, erweist sich in diesen Tagen ganz erheblichen Anforderungen gewachsen. Wie aber bei jedem Mechanismus Störungen eintreten können, selbst wenn schein bar untergeordnete Teile versagen, so heißt es auch hier dafür sorgen, daß die Funktion des Apparates keine Unterbrechung erleidet. Nahe daran war es aber in diesen letzten Tagen. Die Leipziger Kommissionsgeschäfte und Barsortimente nament lich, die gerade in dieser lebhaften Geschäftszeit die Probe ihrer Leistungsfähigkeit abzulegen gewohnt sind, erfuhren durch die wieder aufgeflackerte Markthelferbewegung eine ständige Bedrohung. Und es ist gewiß kein Zufall, daß hauptsächlich die unruhigen jüngeren Elemente die Wochen vor Weihnachten gern dazu benutzt hätten, um angesichts der nicht wegzuleug nenden Teuerung einen Ausweg aus den Tarifbestimmungen zu suchen, an dessen Wortlaut sie gebunden waren, wenn sie sich nicht über Treu und Glauben einfach hinwegsetzen wollten. Der amtliche Nachweis einer zehnprozentigen Preissteigerung der Lebensmittel durch bestimmte Instanzen, der allein eine Revision des Tarises vor der Ablaufszeit zugelassen hätte, konnte nicht erbracht werden, und es fehlte infolgedessen jeg liche Handhabe, eine Lohnerhöhung durchzusetzen. Wäre es zu der von einem Teile der Markthelfer erstrebten Kraftprobe gekommen, so waren schwere Störungen im Verkehre mit dem Sortiment unausbleiblich. Auf Seiten der Arbeitnehmer behielt aber doch die Besonnenheit der Mehrzahl die Ober hand, weil sie sich wohl sagen mußte, daß die Arbeitgeber angesichts eines groben Vertrauensbruches fest geblieben wären und sich aller Schwierigkeiten zum Trotz auf das So lidaritätsgefühl der Standesgenossen gestützt haben würden. Denn wie einmal die Dinge lagen, wäre ein Nachgeben unter dem Druck gleichbedeutend mit einem Bekenntnis der Schwäche ') Der Artikel ist in der ersten Hälfte des Dezember ge schrieben. Red. und einer erheblichen Einbuße des Ansehens gewesen. — Wenn man nunmehr einstweilen das Kriegsbeil begraben hat, so kann man zwar nicht von dem holden Frieden und der süßen Eintracht reden, die endgültig der patriarchalischen Vergangen heit angehören, aber beide Teile können doch nunmehr mit Ruhe den Feiertagen entgegensehen. Auch die Arbeiter werden es empfinden, daß ihnen die Lichter des Christbaumes Heller leuchten, wenn das Gespenst des Streikes sie nicht umschwebt und der Genuß der süßen Weihnachtsstollen nicht dadurch be einträchtigt wird. So wären wir bei denjenigen Dingen angelangt, die als Geschenkvorschüsse einer gütigen Vorsehung angesprochen werden und die nicht unwesentlich beitragen können zu jener inneren Zufriedenheit der Seele, wie sie zu einer rechten Weihnachtsstimmung gehört. Auch das Barsortiment hat seine Ruhe wiedergefunden. Seine Kriegsartikel — Ver zeihung, Verkehrsbedingungen, sind nun amtlich geprüft und abgestempelt von der Kommission zurückgekommen und brauchen leinen Widerstand mehr zu fürchten. Dem Struwwel peter sind die Haare hübsch glatt gescheitelt und die langen Fingernägel beschnitten. — Immerhin soll man dem Bar sortiment die gewonnenen kleinen Vorteile gönnen, die kaum eine Kompensation sein dürften für die bevorstehende Stei gerung ihrer Geschäftsunkosten, die sich durch die Lasten der Privatbeamtenversicherung ergeben und auch symptomatisch durch die Markthelferbewegung zum Ausdruck kommen. Schlimmer noch als das Leipziger scheint das Berliner Bar sortiment daran zu sein. Man hat den Eindruck, als ob dieser Ableger in dem sandigen Boden der Mark bisher keine tiefen Wurzeln zu schlagen vermochte und darf gespannt sein, ob er durch den künstlichen Dünger der Zuschläge und Bestellgelder besserem Gedeihen entgegengeführt werden kann. Bei der artigen Gründungen liegt oftmals die Gefahr nahe, daß die äußere Stärkung durch die Filiale eine innere Schwächung des Mutterhauses bedeutet, dessen Betriebsapparat am besten un geteilt wirtschaftet. Hossen wir, daß in diesem Tochterinstitut künftig Friede auf Erden herrsche, wenn auch seine erhöhten Spesen den Menschen kein Wohlgefallen sein werden. Bei allen diesen Dingen ist sreilich in vieler Beziehung der Sor timenter der Leidtragende, dessen Aussichten für das Weih nachtsgeschäft eben nicht die besten sind. Man möchte ihm etwas Besseres bieten, als gute Wünsche in diesem Jahre, etwas Greifbareres als den Trost, daß der liebe Gott ihn doch ernähren wird, wie er die Vögel unter dem Himmel ernährt. — Wenn man durch die Straßen der Stadt geht, drängen sich die Leute vor den Schaufenstern mehr als in den Läden. Sie halten sichtlich die Hand auf ihre Taschen, trotz der schönen Aus lagen, die zum Kaufen von Büchern anregen. Man glaubte auch ein übriges in Leipzig tun zu müssen. Der Jugendschristenausschuß des Leipziger Lehrervereins ver anstaltete eine Ausstellung empfehlenswerter Jugendschriften, angeblich von 3—8 Uhr nachmittags. Als ich mich gegen r/rb Uhr mühsam über den Hof des städtischen Kaufhauses nach dem Lokal durchgefragt hatte, sagte mir ein dienstbarer Geist, die Herren seien fortgegangen. Die Zeitungen hatten vorher die Notiz gebracht, daß für die Eltern ein Besuch dieser wert vollen Ausstellung »im Hinblick aus das Überhandnehmen der Schundliteratur« nur angebracht sei. Diese Bemerkung klingt unvorsichtig, weil sie nichts weniger als die gänzliche Erfolg losigkeit der Antischundbewegung ausspricht. Eine solche Be hauptung widerspricht aber auch den Tatsachen. Offenbar hat sich der Verfasser nichts dabei gedacht. Da nur unabhängige Eltern von 3—8 Uhr Zeit haben, eine solche Ausstellung zu besichtigen, so braucht man sich über den Mangel an Besuchern nicht zu wundern. Der Ausstellungsgedanke in dieser Form scheint überdies bedenklich an Sympathie im Publikum ver- 2083»
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