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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.03.1910
- Strukturtyp
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- 1910-03-11
- Erscheinungsdatum
- 11.03.1910
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- Deutsch
- Sammlungen
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3090 Börsinitart s. d. Dttchn. Buchhandcl. Nichtamtlicher Teil. ^ 57, 11. März ISIS. Das Jubelfest des Hamburg-Altonaer Buchhändler-Vereins am 20. Februar isio. Zwar hat schon Herr vr. L. einen kurzen Rückblick auf die Festtage in Hamburg-Altona veröffentlicht, und Dank sei ihm gesagt für die hell klingenden Worte freudiger Anerkennung, die er uns dabei gespendet hat. Immerhin wird es allen Teilnehmern erwünscht sein, durch einen eingehenden Bericht die Stunden noch einmal zu erleben. Vielleicht finden auch sonstige Leser des Börsenblattes Geschmack an der nachfolgenden Schilderung. Fünfzig Jahre sind ein Zeitabschnitt, den festlich und dankbar zu begehen wohl Ursache gegeben ist. Es beschäftigte uns begreiflicherweise das Jubiläum schon lange Monate vorher. Die Hauptentscheidung fiel bereits im September vorigen Jahres und ging dahin, daß wir das Fest unter uns als Buchhändler feiern wollten; weder Staats- noch Kommunalbehörden, weder Gelehrte noch Künstler, noch Journalisten sollten eingeladen werden. Weshalb nicht? Nun, man hat seine Erfahrungen gemacht. Es gibt Dichter und Schriftsteller, die so sehr von ihren Wert durchdrungen sind, daß sie meist nur von sich und ihren Werken sprechen, um also ruhmbestrahlt dazustehen; wir aber wollten be scheiden lieber vom Buchhandel und von Buchhändlern hören. Deshalb luden wir auch nur Buchhändler als Gäste ein und freuten uns, daß diese unserm Rufe gern Folge leisteten. Bon Zwickau, Leipzig und Magdeburg, von Berlin, Lübeck und Bremen, aus den braunschweigisch-hannoverschen Landen, aus Mecklenburg und den meerumschlungenen Elbherzogtümern waren sie zahlreich zu uns gekommen. Dank sei allen für ihre Teilnahme gesagt! Natürlich waren wir uns bewußt, daß wir nun aus eigener Kraft unseren Gästen und uns selbst Unterhaltung bieten müßten. War es nicht verwegen, von aller »künstle rischen« Beihilfe abzusehen? Aber wir Männer »von de Waterkant« sind weder zaghaft noch lässig. So begannen denn die Proben schon im Oktober, woraus heroorgcht, daß der Dichter unseres Festspieles — weiter unten wird ein gehender davon geredet werden — noch viel früher mit seiner Arbeit eingesetzt hatte. Von Woche zu Woche mußten die Leistungen aller Teilnehmer an der Arbeit ge steigert werden; in den letzten acht Tagen blieb für sie kaum ein Abend frei. Endlich kam der große Tag, d. h. zunächst der Vorabend Bei der Doppelnatur unseres Hamburg-Altonaer Vereins wollte Altona sein vollgerüttelt Maß an dem Feste haben, und so fand der Vorabend im Kaiserhof zu Altona statt. Das Haus kann sich wirklich sehen lassen; ja, die Altonaer behaupten, daß der Vorort Hamburg — auf dem Altonaer Bahnhof werden nämlich die Fahrkarten nach Ham burg unter der Anschrist »Nach den Vororten» ausgegeben — kein ebenbürtiges Lokal auszuweisen hätte. Mit be merkenswertem taktischem Geschick hatten die Altonaer Kollegen ihre Maßnahmen getroffen. Es fand in den oberen Räumen des Kalserhoses zu gleicher Zeit ein Gletscher ball mit allem Zubehör und in entsprechenden Kostümen statt. So ließ man uns denn die mit verschiedenen gletscherhasten Hindernissen versehenen Treppen hinauf steigen, verschaffte uns dadurch einen genußreichen Blick in den verschneiten Ballsaal, wo die Paare in Nansenkleidung tanzten, und überließ es uns, den Abstieg in den tiefer gelegenen für uns bestimmten Festraum zu finden. Wir fanden ihn natürlich, wenn auch nicht sogleich. Eine geniale Leistung — oder ist Leitung richtiger? — des Altonaer Festausschusses! »lind deshalb hatten wir beschlossen, daß Sie hier vor uns erscheinen sollten- — so klang die Begrüßungsrede des Altonaer Seniors aus. Na, dieses »vor uns» (statt »bei uns») wurde den Altonaern natürlich nicht geschenkt. Über haupt wurde an jenem Abend in so schneller Folge geredet, daß einer der Redner meinte, die Artillerie hätte sich seit dem siebziger Kriege zwar wesentlich vervollkommnet, aber gegen die Geschwindigkeit mit der hier die Toast-Kanone abgefeuert würde, käme sie doch nicht an. Zwischendurch wechselten Gesangsvorträge unseres berühmten singenden Busch und eine musikalisch-gesangliche Darbietung von Hermann Lorenzen, der den Pfarrer von Ohnewitz, der be kanntlich nur eine Predigt in Besitz hatte, vollendet zu Gehör brachte. Auch sür gemeinschaftliche Lieder hatten die Altonaer Kollegen gesorgt, als erstes wurde das plattdeutsche von Klaus Groth gesungen. »II weit einen Eikboem, de steit an de See, De Nurdstorm de brüht in sin Knöst, Stotz reckt he de mächtige Krön in de Höh, So is dat all düsend Jahr west. Kein Minschenhand, de hett en plant't, Hei reckt sick von Pommern bet Nedderland. Zum Schluß sangen wir das schöne »Lammerstcaat- Leed. Von den Mann, de sick wat maken kann.» Das klingt auch nicht übel, wenn wir es gelegentlich zu Leipzig im Thüringer Hof oder im Kaffeebaum, auch wohl im Sachsenhof zu später Stunde, gesungen haben, »Und darbie wohnt he noch jümmer, Up de Lämmer Lammerstraat, Kann maken wat he will Swieg man jümmer-jümmer still. :,:» aber dann waren wir stets nur wenige Hamburger unter vielen Sachsen und anderen Nicht-Plattdeutschen, die erstaunt den kraftvollen plattdeutschen Lauten lauschten. Hier jedoch war das Verhältnis umgekehrt, unter uns Plattdeutschen verschwanden die wenigen Hochdeutschen. Der Abend, das Präludium für den kommenden Festtag, darf als gelungen im besten Sinne bezeichnet werden. Um Mitternacht brachte uns Soliden die Vorortbahn nach Hamburg zurück. Am andern Tage leuchtete die Sonne hell und warm. Es ist ein Unterschied, ob der Himmel grau umzogen ist, oder ob eine freundliche Sonne herniederleuchtet und, wie es bei uns der Fall war, ihre Strahlen in den Festsaal hinein sendet, die Hellen Gewänder der Frauen glänzender, die dunklen Kleider der Männer weniger eintönig machend. Aber über den Festakt selbst ist schon berichtet worden. Nach seiner Beendigung strömte die Menge in die Nebenräume — von einer Menge darf man wohl bei nahezu 150 Personen reden. Jetzt galt es, die Tisch-Kopulationen, die der Festausschuß kraft seiner Machtvollkommenheit und seiner Weisheit — wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch das bißchen Verstand dazu, wie schon bei Jesus Sirach zu lesen ist — vorbereitet hatte. Alles vollzog sich programmmäßig, und bald konnten die Paare wohlgeordnet unter den Klängen der virtuosen Tafelmusik in den Speisesaal schreiten. Die zwei Dutzend junger Herren — neben dem geladenen Vorstand der Sphynx hatte die Prinzipalität von dem Rechte der Einführung ihrer Gehilfen ausgiebigen Gebrauch gemacht — wußten ihren Kummer über das Alleinschreiten gesittet zu verbergen, und nach der Kopu lation mit der Flasche leuchteten ihre Gesichter bald wieder fröhlich. Man saß zu Tisch und wartete natürlich auf die Suppe. Da, plötzlich, ein lautes Zeichen, und hinter dem Vorhang der Bühne ertönten die gemütvollen, quietschenden Klänge eines Akkordeons oder Bandoneons, zu deutsch Zieh harmonika genannt, in der heitern Weise des »Jägers
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