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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.01.1911
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- 1911-01-31
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- 31.01.1911
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2S, 81. Januar 1SII. Nichtamtlicher Teil. «i>r,-M»U I. d. Dychn. Buch-ant-l. 1299 Der Wahrheitsbeweis bei Beleidigungen. Von Syndikus A. Ebner.*) Am IS. März 1909 ging dem Reichstage der Entwurf zu der sogenannten kleinen Strafgesetznovelle zu. Der Vor. entwurf zu dem allgemeinen deutschen Strafgesetzbuch war damals noch nicht fertig, er wurde erst im Oktober 1909 veröffentlicht und zur Kritik gestellt; bis das neue Straf gesetzbuch zustande kommt, werden noch Jahre vergehen. Nach Ansicht der Regierung sind aber einige Bestimmungen unsers heutigen Strafgesetzbuchs einer schleunigen Umgestal tung bedürftig, und diesem Zweck soll der erwähnte Entwurf dienen. Er betrifft außer Hausfriedensbruch, Tierquälerei, Kindermißhandlung, geringfügigen Diebstählen und Unter schlagungen, Erpressung, auch die Beleidigung. Was die letztere betrifft, so soll durch eins Änderung des Z 186 des Strafgesetzbuches (Behauptung oder Verbreitung nicht erweis lich wahrer Taisachen) der Wahrheitsbeweis einge schränkt und das Strafmaß erhöht werden. Die ganze Novelle ist zuriickzuführen auf einige Strafprozesse, die da mals in hohem Grade die öffentliche Meinung erregt haben. Die Einschränkung des Wahrheitsbeweises erschien wünschens wert wegen des übergroßen Umfanges, den die Beweisauf nahme in dem Beleidigungsprozeß Moltke-Harden ange nommen hatte; die Änderung des Z 186 ist deshalb lex Eulenburg genannt worden. Der Entwurf will einmal das Höchstmaß der Geldstrafe von 600 auf 1600 Mark und bei öffentlicher oder durch die Presse erfolgter Beleidigung von 1500 auf 10 000 Mark erhöhen und läßt die Geldstrafe auch neben der Freiheitsstrafe zu. Dis neue Bestimmung über die Einschränkung des Wahrheitsbeweises lautet: Bei einer öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften, Abbildungen oder Darstellungen begangenen Be leidigung tritt die Bestrafung ohne Rücksicht auf die Er weislichkeit der Tatsache ein, wenn diese lediglich Ver hältnisse des Privatlebens betrifft, die das öffentliche Interesse nicht berühren. Eine Beweisaufnahme über die behauptete oder verbreitete Tatsache ist nur mit Zu stimmung des Beleidigten zulässig.» In der Begründung zu dem Entwurf heißt es, die Be strafung der Beleidigung ohne Rücksicht auf die Wahrheit und Erweislichkeit der beleidigenden Behauptung lasse sich sehr wohl rechtfertigen, soweit die Beleidigung öffentlich, ins besondere mittels der Presse begangen sei, uud in der Be hauptung oder Verbreitung von Tatsachen bestehe, die sich auf das Privatleben des Beleidigten bezögen, ohne das öffentliche Interesse zu berühren. Bei bloßen Prioatmitteilungen, dis für die Öffentlichkeit nicht bestimmt seien, könne der Wahr heitsbeweis, auch wenn es sich um Tatsachen der bezeichneten Art handle, nicht ausgeschlossen werden, da solche Mitteilungen, falls sie auf Wahrheit beruhten, auf durchaus berechtigte Be weggründe zurückführen und unter Umständen sogar einer sittlichen Verpflichtung entsprechen könnten. Anders verhalte es sich aber mit der öffentlichen Verbreitung. Man dürfe davon ausgehen, daß unter keinen Umständen ein berechtigtes Interesse bestehe, Privatverhältnisse eines andern, die das öffentliche Interesse nicht berührten, an die Öffentlichkeit zu bringen. Geschehe dies in einer den andern beleidigenden Weise, so erscheine ein solches Verfahren ohne Rücksicht auf die Wahrheit oder Unwahrheit der behaupteten Tatsachen von vornherein verwerflich. Denn der Beweggrund könne in diesem Falle nur ein unlauterer sein: Schmähsucht, Neid, Haß, Rache oder die Absicht der Erpressung. Da nun dem *i Mit gefällig erteilter Erlaubnis abgedruckt aus »Der Zeitungs-Verlag» Eigentum und Verlag des Vereins Deutscher Zeitungiverleger, Hannover, Nr. 3 vom 20. Januar 1811. Beleidigten nicht zugemutet werden könne, zum Zwecke der Verteidigung gegen den ihm gemachten ehrenrührigen Vor wurf seine Privat- und Familienverhällnisse zum Gegenstand einer gerichtlichen Verhandlung machen zu lassen, so gebe cs zum wirksamen Schutz der Ehre kein andres Mittel, als daß in solchen Fällen die Bestrafung ohne Rücksicht auf die Erweislichkeit der von dem Beleidiger behaupteten Tat sachen eintrete. Demzufolge brauche dem Beleidiger hier die Führung des Wahrheitsbeweises nicht gestattet zu werden. Eine andre Behandlung verlange die Frage vom Stand punkt des Beleidigten. Dieser könne zuweilen ein dringendes Interesse daran haben, daß eine Beweisaufnahme über die behauptete Tatsache stattfinde, damit die Unwahrheit des öffentlich gegen ihn erhobenen Vorwurfs dargetan werde. Nehme der Beleidigte die Unzuträglichkeiteu, die sich für ihn aus der Erörterung seiner privaten Angelegenheiten ergäben, freiwillig auf sich, so dürfe ihm die Möglichkeit, seinen guten Ruf durch ein gerichtliches Urteil wiederherzustellen, nicht ab geschnitten werden. Hiernach solle der Wahrheitsbeweis ein geschränkt werden, und zwar im Anschluß an einen Grundsatz, der schon jetzt in ausländischen Gesetzgebungen zur Anerkennung gelangt sei und auch in der Literatur namhafte Vertreter gefunden habe. Welche Bedeutung diese Beschränkung in der Praxis gewinnen werde, hänge wesentlich davon ab, ob die Anschauung mehr und mehr Geltung erlange, daß, wer im Urteile seiner Mitbürger als Ehrenmann dastehe, auf eine besondere Widerlegung beleidigender Ausstreuungen schmäh- sllchtiger Blätter über sein Privatleben verzichten dürfe. Unter allen Umständen werde dem Überhandnehmen von Aus schreitungen dadurch vorgebeugt, daß die Strafbarkeit der Ver öffentlichung bestehen bleibe, auch wenn der mit Zustimmung des Beleidigten unternommene Beweis der Wahrheit gelinge; insbesondere dem Treiben der sogenannten Revolverpresse werde hiernach künftig mit größerer Energie entgegengetreten werden können, und auch die der Sensationslust gewisser Kreise des Publikums dienenden Blätter würden sich in engern Schranken halten müssen. Der Presse im ganzen aber, die es sich zur Aufgabe mache, die öffentlichen Inter essen wahrzunehmen, könne eine Vorschrift, die sich aus schließlich gegen Auswüchse der Publizistik wende, nur will kommen sein. Die hier ausgesprochene Hoffnung hat sich als trüge risch erwiesen, die vorgeschlagene Neuerung ist fast überall ungünstig ausgenommen worden, und zwar nicht etwa bloß seitens der Presse, sondern auch seitens einer Anzahl von Rechtsgelehrten (vgl. Zeitungs-Verlag 1909 Nr. 15,17,19.) Die der Neuerung zugrunde liegende Absicht fand natürlich allgemeine Billigung, nicht jedoch der eingeschlagene Weg. Hauptsächlich ist eingewendet worden, durch die Einschränkung des Wahrheitsbeweises werde der Beleidigte nicht den beab sichtigten Schutz erlangen, es werde gerade in seinem Ver zicht auf den Wahrheitsbeweis ein Zugeständnis der be haupteten Tatsache erblickt werden. Der Entwurf habe wohl das höchst sympathische Bestreben, die Sensationsjournalistik zu bekämpfen, er übersehe aber, daß der vornehme Berus der anständigen Presse, öffentliche Mißstände auszudecken, schwer gesährdet werde; die berechtigte Empörung über einige Strafverfahren der letzten Zeit sei nicht durch den Wahrheits beweis als solchen hervorgerufen, sondern durch die Art, wie er in die Öffentlichkeit dringe; hier könne geholfen werden durch den Ausschluß der Öffentlichkeit bei den Gerichtsver handlungen und durch ein unter Strafe gestelltes Schweige gebot. Von einer Seite ist eine besondere Strafe für den GeheimniSbruch vorgeschlagen worden. Der Reichstag hat sich am 2S. und 24. April 1909 mit dem Entwurf beschäftigt. Der Staatssekretär des Reichs justizamts führte zur Rechtfertigung des Entwurfs noch den 170«
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