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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.10.1899
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1899-10-14
- Erscheinungsdatum
- 14.10.1899
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
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240, 14 Oktober 1899. Nichtamtlicher Teil. 7513 Nichtamtlicher Teil. Sortiment und Publikum iu Breslauer Beleuchtung. Zur Kundenrabattfrage.*) In Nr. 228 d. Bl. führt uns Herr Kollege Dülfer zu Gemüte, daß wir in der Rabattfrage die Rechnung ohne den Wirt gemacht hätten. Der Egoismus der Käufer fei im Nehmen mindestens ebenso berechtigt wie der unsrige im Ver dienen, und es läge kein zwingender Grund vor, diese gegen uns einzunehmen. Dieser posthume Standpunkt hat den Schein der Wahrheit für sich, doch sehen wir zu, ob er halt bar ist. lieber das gewisse »Etwas« bei der Sache wollen wir uns durchaus nicht täuschen. Wir wissen nur zu gut, wie verwöhnt und anspruchsvoll das Publikum durch die jahre langen Vergünstigungen ist und wie zähe es daran festhalten wird. Wir haben nur zu lauge unter seinem Egoismus leiden müssen, als daß der unsrige dagegen noch in Frage käme. Auch geben wir uns nicht der falschen Vorstellung hin, als ließen sich alte Gewohnheiten kurzerhand ändern. Wenn aber Herr Dülfer von unverzeihlichen Eingriffen in die Rechte des Publikums spricht, von Rechten, die, dem Konsumenten einmal zugestanden, nie und nimmer ohne Schädigung des Sortiments wieder aufgegeben werden dürften, so wird er uns erst Nachweisen müssen, worin diese Rechte begründet sind. Er bezeichnet sie selbst nur als eine frei willig geübte Reduzierung der Preise, und wer nun aus dieser Freiwilligkeit dem Publikum ein Recht ohne Ende vindiziert, wird es sich freilich gefallen lassen müssen, wenn es von diesem den ausgiebigsten Gebrauch macht. Darin liegt eben die ganze Ironie und Schwäche unserer Situation, daß wir mit dem Rabatt den Käu fern erst die Karte gegen uns in die Hand geben und dann nicht den Mut haben, auf unser wirkliches Recht zu bestehen. Was sollen die Fälle beweisen, wo aus den höchsten Adels- und begüterten Bürgerkreiscn das Verlangen nach Rabatt gestellt wird, während Herr zu Putlitz in Darm stadt am Fuße desselben Artikels im Gegenteil mitteilt, wie sich angesehene Persönlichkeiten darüber wunderten, daß er bei Barzahlung Rabatt in Abzug brachte. Sie beweisen nur die Inkonsequenz und Nachgiebigkeit unseres Verfahrens auch nach der Seite, wo mau den Rabatt am wenigsten braucht. Herr Dülfer hält es für die grundlegende Frage, ob es unter den heutigen Verhältnissen Sache des Sortiments sei, ohne zwingenden Grund das Publikum gegen uns einzu- uehmen. Es wäre allerdings das bedenklichste, was wir thun könnten, uns die Gunst derer zu verscherzen, auf die wir im Grunde angewiesen sind. Aber Herr Dülfer muß entweder auf Rosen gebettet sein oder von dem Krebsschaden, gegen den schon mehr als einmal das scharfe Messer gezogen ist, — der aber leider die Natur der Fortwucherung besitzt, — keine rechte Vorstellung haben, wenn er darin noch keinen zwingenden Grund erkennen kann, dem Uebel an die Wurzel zu gehen. Der Einzelne kann natürlich nichts dagegen aus- richten; das Erstaunen und der Widerspruch des Publikums wird sich jedoch legen, wenn es schwarz auf weiß erfährt, daß es sich nicht etwa um einige notleidende Geschäfte, sondern um die Existenz eines ganzen Standes handelt. Darüber kann nach den Beschlüssen in Lübeck und Dresden kein Zweifel mehr sein. Das gleichzeitige Vorgehen der französischen *) Vgl. Börsenblatt Nr. 144, 150, 152 159, 161, 165, 167, 169, 170, 173, 175, 178, 181, 182, 185,' 186, 192, 202, 204, 206, 207, 208, 222, 223, 228, 229, 230. Kollegen, auf das Herr Dülfer selbst repliziert, und auch das der englischen, die nach ihrer Art die Sache noch fester an fassen, beweist zur Genüge, daß die Krisis selbst über unsere Grenzen hinausgeht und damit zwingender Natur ist. Nur unter diesem Gesichtspunkt und unter gemein samer Front werden wir dem Publikum die Ueberzeugung beibringen können, daß wir nicht willkürlich, sondern not gedrungen die Beseitigung des Rabatts anstreben. Denn so berechtigt auch der Egoismus der Käufer ist, möglichst billig einzukaufen, so darf er doch nicht unsere eigene Existenz iu Frage stellen. Das kann namentlich den besitzenden Kreisen, den Bibliotheken und Behörden gegenüber nicht entschieden genug betont werden. Es ist eine der deprimiereudsten Erscheinungen in unserem modernen Kulturleben, daß dem Prinzip des billigsten Einkaufs die geschäft liche Sicherheit der eigenen Bürger geopfert wird und das Buch von oben herab nicht höher gewertet wird als jede andere Ware. Haben wir nicht den Willen und die Macht, hier in oorxors Wandel zu schaffen, resp. auf unser Recht zu bestehen, so wird die bisherige respektable Organisation den deutschen Buchhandel vor dein inneren Ruin nicht bewahren können. Durchblättere ich das tägliche Börsenblatt und erwäge, welche Fülle von Arbeit und geistiger Anstrengung auch nur eine Nummer in sich birgt, so sage ich mir immer wieder, daß all diese Liebesmüh um den Kulturfortschritt der Mensch heit wahrhaftig einer höheren'Würdigung und eines besseren Lohnes wert ist. Und die wir nun die Kärrnerdienste thun und das gesamte Material an den richtigen Mann bringen sollen, wir kleinen und großen Sortimenter müssen es uns gefallen lassen oder lassen es uns leider gefallen, daß man uns täglich die Butter vom Brote nimmt. Welche Bedenken könnten stark genug sein, um einen derartigen Zustand noch länger berechtigt oder notwendig erscheinen zu lassen? Müßten wir mit der Aufbesserung unserer Lage nicht warten bis zum jüngsten Tage, wenn man an maßgebender Stelle nach wie vor dem Grundsatz huldigt, dem billigsten Angebot den Vorzug zu geben, so lange noch ein Lieferant dafür zu haben ist? (S. Lübecker Verhandlungen.) Ein größerer Stich und Druck auf den Lebensnerv des Buchhandels ist nicht denkbar, und wir würden uns angesichts des riesenhaften Aufschwunges sonstigen deutschen Handels und Wandels nur die Rolle des Aschen brödels zuziehen, wenn wir uns dieses Joch noch länger gefallen ließen. Herr Dülfer scheint ohnehin sonderbare Anschauungen über den geschäftlichen Ertrag zu haben. Zeiten eines mühe losen Reichtums hat es im Sortiment nie gegeben; dazu ist es viel zu komplizierter Natur. Wie hätte sich im Buchhandel bei kleinem Umsatz je ein großer Gewinn erzielen lassen und wie könnte man selbst bei größerem Umsatz mit einem Ge winn auskommen, der durch Rabatt und Spesen über jedes Maß geschmälert wird? — An den bescheidensten Ertrag sind wir im Sortiment nur zu sehr gewöhnt; dafür sorgt noch obendrein die Konkurrenz von allen Seiten, deren unlauterer Egoismus nicht minder drückend ist und jenen Ansprüchen erst zur Folie dient. Auch hier gilt es einen Kampf auf Leben und Tod, zumal in dem billigsten Angebot nur zu oft eine größere Lieferungsfähigkeit erblickt wird, die frei lich nicht selten mit einem Krach ihr Ende findet. Daß wir aber trotzdem auf hohem Pferde sitzen und uns den Anschein geben, als wären wir wirklich in der Lage, den Generösen selbst nach oben hin zu spielen, —- darin liegt der Gipfelpunkt unserer buchhäudlerischen Illusion. Herr Dülfer bezweifelt schließlich, daß sich der durch das 1000
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