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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.07.1923
- Strukturtyp
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- 1923-07-21
- Erscheinungsdatum
- 21.07.1923
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- Deutsch
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Nun, meine Herren, daß auch nicht alle Gildemitgliedcr ohne weiteres geneigt sind, diese Politik mitzumachen, das haben wir aus Äußerungen in der Verbandshauptversammlung und am Freitag gesehen. Auch viele Gildcmitglieder haben schwere Be denken dagegen, weil sie auf diese Weise ihren Führer zu verlieren fürchten, und deshalb bitte ich auch die hier anwesenden Sor timenter, zu der von Herrn vr. Klinkhardt vorgeschlagenen Liste Vertrauen zu haben. Nun komme ich zum Dritten: zu dem Verhältnis dieser beiden Vereine zum Börsenverein. Es ist gestern ganz richtig gesagt worden — ich glaube von Herrn vr. Klinkhardt —, daß der Börsenvereinsvorstand von seinen Mitgliedern häufig vor ganz unlösbare Aufgaben gestellt würde. Meine Herren, vielen von uns, die im Kreisverein oder Ortsverein in Vorstandsämtern tätig sind, treten häufig aus dem Kreis« der Mitglieder geradezu verwunderliche Anschauungen darüber entgegen, was denn nun eigentlich der Börsenvcreinsvorstand alles hätte tun müssen oder hätte tun sollen und worin allem er es versehen hätte. Ja, meine Herren, die Macht des Börscnvcreins ist doch kein« unbegrenzte. Er kann immer nur das Mögliche anstreben und durchsetzen; aber wenn Sie ihn mit Aufgaben belasten, die von vornherein unlösbar sind, so dürfen Sie sich nicht Wundern, wenn er gelegentlich ver sagt und Ihren Wünschen nicht Nachkommen kann. Nun, mein« Herren, die angeblich« — ich will einmal sagen —: Impotenz des Börsenvereinsvorstandes wird bei dem geplanten Systemwechsel ersetzt werden durch eine tatsächliche Impotenz; denn in dieser neuen Zusammensetzung ist — darüber bin ich mir vollständig klar — «in gedeihliches, ein fruchtbares Zusammenarbeiten auf die Dauer tatsächlich nicht möglich. Es wird im Gegenteil dahin kommen, daß dieser Kampf der Meinungen den Börsenvereinsvorstand selbst auseinandersprengen wird und muß, und das wollen wir verhüten. (Rufe: Schluß! — Klopfzeichen des Vorsitzenden.) Meine Herren, ich habe den Eindruck, daß es auf beiden Seiten kein Gesiihl der Stärke ist, das di« beiden Vertragschließenden zueinander führt; denn starke Vertragsgegner werden immer einen Weg finden, sich gegenseitig zu verständigen, auch ohne und sogar viel leichter ohne dieses seltsame Zusammcn- schmicden im Börsenvereinsvorstande. Anstatt die Spitzenorganisation als Vermittlungsinstanz zu stärken und zu festigen — wenn wir sie nicht hätten, müßte sie geschaffen werden würde durch diese Koalition also ihre Ausschaltung erfolgen. (Rufe: Schluß!) — Meine Herren, Sie haben bisher alle Redner ruhig ausreden lassen, und ich darf dasselbe Recht für mich in Anspruch nehmen. (Bravo!) Lassen Sie mich mit meinen Ausführungen ruhig zu Ende kommen. Wenn Sie ihnen nicht zustimmen, so können Sie ja Ihre Meinung nachher in der Debatte oder bei der Abstimmung zum Ausdruck bringen. Meine Herren, die alten Anhänger des Börsenvereius widerstreben in Gemeinschaft mit mir diesem Systemwechsel, und zwar einerseits gefühlsmäßig, andererseits aber auch rein berstandesmäßig in Wahrung ihrer Interessen. Meine Herren, gefühls mäßig! Herr Boysen hat uns im vorigen Jahre in einer Kantaterede erzählt, und das ist nicht ohne Eindruck auf mich geblieben, wie er als junger Mann diesen Saal stets mit Ehrfurcht betreten Hab«, und er hat uns geschildert, auf welch hohem Niveau der Sachlichkeit die Reden gestanden haben, die damals hier gehalten worden sind. Auch mir ist es so ergangen. Auch früher haben wir heftige Kämpfe gehabt. Ich habe meine erste vereinspolitische Schulung durch Albert Brockhaus erhalten, an den ich heute noch mit größter Verehrung gedenke. Auch Albert Brockhaus war ein Kämpfer, und wenn ich heute daran zurückdenke, wie der Kampf um die Abschaffung des Publikum, und des Bibliothekenrabatts getobt hat, dann muß ich sagen: damals haben wir diese Dinge, die an sich Wohl kein« Existenzfragen waren, genau so wichtig genommen wie die Wirtschaftsfragen, die heute zur Debatte stehen. Aber die Art der Polemik war eine andere, und, meine Herren, gefühlsmäßig widerstreben wir dem geplanten System wechsel auch deshalb, weil wir es nicht für wünschenswert halten, daß der polemische Ton, der in der buchhändlerischen Fachpresse in der letzten Zeit angeschlagen worden ist, der Verkehrston dieses Hauses und der Verkehrston innerhalb des Vorstandes werde. Wir haben bisher im Börsenverein eine aristokratische Regierung gehabt. Diese aristokratische soll durch eine demokratische Regierung ersetzt werden. Irgendwelche politische Vergleiche liegen mir bei dieser Äußerung gänzlich fern; es handelt sich hier mehr um eine Frage der Weltanschauung, und daher kommt es auch, daß die Meinungen in den letzten Tagen einander so schroff gegenübergestanden haben, weil jeder von einer ganz andern Grundeinstellung ausgegangen ist. Meine Herren, die Fehler der aristokratischen Regierung, die wir im Reiche wie im Börsenverein gehabt haben — und sie hat große Fehler gemacht —, müssen wir zukünftig vermeiden, indem wir den gesunden Grundgedanken des Kompromißantrages des Börsenvereinsvorstandes, wenn auch in anderer Form, im neuen Börsenvereinsvorstand zur Verwirklichung bringen, indem wir bei den wichtigsten Fragen unter allen Umständen die Vorsteher des Deutschen Verlegervereins und der Deutschen Buchhändlergilde zu den Beratungen hinzuziehen. Eine solche Beteiligung der Parteiführer ist nur zu begrüßen. Meine Herren, gefühlsmäßig sind wir alten Anhänger des Börsenvereins gegen diese Koalition; wir sind aber auch ver standesmäßig dagegen, weil wir nach langer Prüfung und Erwägung alles dessen, was dafür vorgebracht worden ist, erkannt haben, daß dieser wundervolle, gut eingespielte Mechanismus Gefahr läuft, unter ganz veränderten Verhältnissen, wie sie eintreten würden, wenn die Zusammensetzung des Börsenvereinsvorstandes geändert werden würde, zu Schaden zu kommen — ein Schaden, der uns all« in unserer Berufsvertretung treffen würde. Was soll also nun werden? Ich komm« jetzt zum Schluß und werde Ihrer Ungeduld damit Rechnung tragen. Meine Herren, die Anerkennung des Grundsatzes der paritätischen Vertretung von Verlag und Sortiment im Börsenbereinsvorstand steht außer allem Zweifel — auf diesem Boden haben wir uns alle vereinigt —, und ich würde der letzte sein, der dagegen spräche. Ich habe diese Parität ausdrücklich als selbstverständlich anerkannt, und diese Parität ist hergestellt in der Liste, die Herr vr. Klinkhardt vorge- schlagcn hat. Damit wäre also diesem Wunsche unter allen Umständen Rechnung getragen. Im übrigen stehe ich auf dem Standpunkte: in all den Fragen, die uns bewegen, vor allem in wirtschaftlichen Fragen, muß immer eine ehrliche Verständigung gesucht werden. Ist eine solche aber nicht möglich, dann lassen Sie uns einen unvermeidbaren ehrlichen Kampf ausfechten. Das halte ich für richtiger, als daß wir immer wieder versuchen, diese Widerstände durch unhaltbare Kompromisse — und dazu gehört auch der Gedanke einer solchen unhaltbaren Koalition — zum Ausgleich zu bringen. Wenn aber der Kamps unvermeidlich ist, dann soll es nicht ein Kampf innerhalb des Börsenvereinsvorstandes, innerhalb des Börsenvereins, sondern unter Erhaltung dieser unparteiischen Instanz ein Kampf in den Gruppenvereinen außerhalb des Börsenvereinsvorstandes und des Börsenvereins sein. Das ist die Politik, die wir haben wollen, und nur so ermöglichen wir dem Börsenvereinsvorstande selbst eine Politik der Aktivitäi. Die Koalitionspolitik aber wird ihn zur Passivität verurteilen. Meine Herren, ich bin am Schluss«. Wünschen Sie diese gesunde, ehrliche Politik des Börsenvereinsvorstandes, dann bitte ich Sie, die Kompromißliste vr. Klinkhardt anzunehmen. Wenn Sie dies nicht wollen, so werde ich mich aus der buchhändlerischen Öffentlichkeit zurllckzichen und den weiteren Gang der Dinge aus der Ferne beobachten. Wenn Sie mich aber wählen sollten, so darf ich jetzt schon sowohl an die Vertreter des Verlags wie an die Vertreter des Sortiments die Bitte richten, zusammen mit mir an der Lösung aller der schwierigen Fragen zu arbeiten, die uns beschäftigen, zum Heile des deutschen Buchhandels, dem wir alle samt, auch wenn wir jetzt einander als Gegner gcgcnüberstehcn, dienen wollen. (Anhaltendes lebhaftes Bravo und Händeklatschen.) ISIS
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