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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.08.1900
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1900-08-27
- Erscheinungsdatum
- 27.08.1900
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- Deutsch
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6328 Nichtamtlicher Teil. 198, 27. August 1900. Etrangcrs und namentlich der Prussiens, d. h. also der Deutschen, für die bunten Kärtchen eingerichtet und noch kürzlich sahen wir, wie die stattliche Wirtin, Madame Moroni, die in Champigny an der Marne, gegenüber dem Schlachtenmonumont, eine beschei dene Wirtschaft führt, kaum den lärmenden Rufen von ganzen Scharen von Deutschen nach Ansichtspostkarten gerecht werden konnte. Mit Stolz zeigte uns die brave Frau einen großen Stoß von deutschen Postkarten, die sie von früheren Besuchern als Zeichen dankbarer Erinnerung an die gute Verpflegung erhalten hatte. -Die Franzosen kaufen mir nichts ab, sie haben keinen Sinn für die schönen Karten-, meinte sie, und sicherlich wäre uns das völkerpsychologische Rätsel der Ansichtspostkarte in jener Stunde offenbar geworden, wenn wir den mit südlicher Zungen fertigkeit gegebenen Erklärungen — Frau Moroni stammt aus Korsika — zu folgen Geduld gehabt hätten. Daß der Franzose übrigens keinen besonderen Anlaß hat, von Champigny aus Post karten in die Welt zu schicken, wo vom 30. November bis 3. De zember einer der erbittersten Kämpfe von 1870 tobte, der mit dem Rückzuge der Pariser endete, und wo 12000 seiner Landsleute be graben liegen, soll zugegeben werden. Man verleihe uns die Abschweifung nach Champigny. Wenn wir nach Paris zurückkehren, so finden wir, und besonders seit der Weltausstellung, jedes Schaufenster der Zeitungsverkäufer, der Tabaksbureaus rc. mit Ansichtspostkarten angefüllt. Wie aber nach dem bekannten Wort jede Tugend ihre Fehler hat, so ist die Postkarte, die in Deutschland meist ein so harmloses Dasein führt und sich ins Gewand der Unschuld kleidet, in Frankreich auf arge Ab wege geraten. Gerade wie ein Teil der Pariser Presse ohne einen Stich ins Pornographische, um uns gelinde auszudrücken, nicht auskommen zu können glaubt, so hat auch die Pariser illustrierte Postkarte neuerlich sich ein Aeußeres angeeignet, das nur an widern kann. Was jetzt in den Auslagen der französischen Haupt stadt an Postkarten zu sehen ist oder was auf den Terrassen der Cafes schmutzige Verkäufer den Gästen in die Hand zu drücken versuchen, liegt meilenweit jenseits aller erlaubten Grenzen. Sicher ist, daß die Reichspost sich nicht bereit finden lassen wird, derartigen Unrat zu befördern. Auch in dieser Hinsicht bietet sich wieder Gelegenheit zu psychologischen Studien über die beiden Nachbar völker. Vor solchen Postkartenserien, die zu jedermanns, also auch der Jugend beiderlei Geschlechts, Ansicht, überall ausliegen, steht der deutsche Beschauer, der im allgemeinen nicht prüde ist, aller dings doch einigermaßen verblüfft. Am aufdringlichsten machen sich diese schamlosen Auslagen in den Arkaden der Rue de Rivoli, wo sich ein Laden neben den andern drängt und bemüht ist, den Geschmack der englischen und amerikanischen Kundschaft zu be friedigen. Mit der -Deutlichkeit- dieser Postkarten steigt natürlich der Preis. Einzelne Serien kosten 6 Frank. Doch auch in Frankreich ist dafür gesorgt, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Zu Ehren der französischen Hauptstadt sei es gesagt, daß sich schon seit längerer Zeit laute Stimmen gegen diesen Unfug erhoben haben. Vor allem wurde der Senator Verenger bestürmt, mit Hilfe seines Einflusses der Zügellosigkeit der Postkarten einen Riegel vorzuschieben. Verenger, von seinen Gegnern, deren Zahl Legion ist, Is ?sre-?nclsur genannt, ist der Mentor der Pariser, der Hüter der guten Sitte, der Schrecken der Zeitungsoerkäufer und kleinen Buchhändler und der Gründer und Vorstand der -Looietö eontrs la licsnos clss ross-. Es ist viel leicht für unsere Leser nicht uninteressant zu erfahren, wie die genannte Gesellschaft vorgeht. Wenn sich ein Laden mit unzüch tigen Darstellungen unangenehm bemerkbar macht, erhält sein Be sitzer eine Warnung, die folgendermaßen abgefaßt ist: -Sie werden hiermit benachrichtigt, daß 1. eine ausgestellte Zeichnung, wenn sie den Charakter der Obscönität darbietet, der sie dem Gesetze vom Jahre 1882 unter wirft, dem Gerichte zur Verfolgung denunziert wird; 2. daß, wenn eine Zeichnung, ohne im eigentlichen Sinne obscön zu sein, einen bedauerlichen Grad von Zügellosigkeit darbietet, die Polizei das Recht hat, zu fordern, daß sic dem Publikum nicht mehr vor Augen gestellt wird, und daß, wenn diese Verwarnung nicht beachtet wird, die Verwaltungsbehörde die Verkaufskonzession zurückziehen kann. Die Gesellschaft gegen die Unanständigkeit auf den Straßen, die sich zum Ziel gesteckt hat, die öffentliche Schicklichkeit vor den Verirrungen zu schützen, die sich seit zu langer Zeit breit machen, wird nicht verfehlen, darüber zu wachen, daß diese Erklärung nicht wirkungslos bleibt. Benachrichtigt, daß Sie fortwährend Zeichnungen ausstellen, deren Ungcbundenheit nicht geduldet werden kann, richten wir zur Warnung gegenwärtige Mit teilung an Sie. Wenn Sie derselben nicht Rechnung tragen, werden wir uns in die Notwendigkeit versetzt sehen, Klage bei dem Staatsanwalt einzureichcn.» Ncunmal unter zehn Fällen genügt diese Verwarnung, um den Geschäftsinhabern eine heilsame Furcht einzujagen und die beanstandeten Bilder u. s. w. verschwinden zu machen. Auch im Falle der Postkarten ließ es Börcnger nicht an sich fehlen- Er wandte sich sogar direkt an den Justizminister. Nur beging er die Unvorsichtigkeit, die Absicht seines Vorgehens vorschnell be kannt werden zu lassen. Indem die Presse ankündigte, daß die und die Postkartenserien den gerechten Zorn Börengers erregt hätten, wurde diesen eine ungerechte Reklame bereitet und der Vorrat der Läden noch vor Thoresschluß bedeutend gelichtet. Gegenwärtig aber hat das Schicksal die zu freien Postkarten er reicht. Am 22. August wurde in den Zeitungskiosken, Tabaks- bureaux, Buchhandlungen, Druckereien u. s. w. der großen Boule vards, der Ausstellung und der sämtlichen Stadtviertel von Paris auf Antrag des Untersuchungsrichters durch den Unterchef der Sicherheitspolizei Hamard eine große Razzia veranstaltet, der 80 000 Postkarten zum Opfer fielen. Das gleiche Loos der Beschlag nahme erlitten obscöne Photographieen und mutoskopischc und kinematographische Rollen. Das Vorgehen der Polizei ist nur zu billigen. Aber zweierlei Bedenken seien erlaubt: Warum ist sie nicht eher eingeschritten und wie lange wird es dauern, bis alles wieder den alten Schlen drian geht? Paris. U. Kleine Mitteilungen. Zcitungsbestellgcld. (Vergl. Börsenblatt Nr. 186 und l88.) — lieber die Verteuerung des Zeitungsbezugs durch die Postvcrwaltung wurde in letzter Zeit in mehreren Zeitungen Klage geführt. So schrieb die -Post-: Die Reichspost- vcrwaltung ist bei der Festsetzung des Zeitungsbcstellgeldcs autonom, d. h. sie kann die Gebühren für die Zustellung der Zeitungen ins Haus nach eigenem Ermessen bestimmen. Bei Annahme des neuen Postgesetzcs wurde vom Reichstage eine Resolution angefügt, -dafür Sorge tragen zu wollen, daß das Bestellgeld neu geregelt wird, und zwar in der Richtung, daß die Häufigkeit des Erscheinens mehr als bisher und außerdem auch das Zeitungsgewicht berücksichtigt wird». Der Zweck dieser Anregung war klar: man wollte die Postbehörde veranlassen, das Bestellgeld nach dem Umfange der Leistungen abzustufen. Die Verwaltung hat indes die Neuregelung lediglich dazu benutzt, um eine Plusmacherci im größten Stile zu betreiben. Sie hat die Preise derart normiert, daß sie außer bei den ein- bis dreimal wöchentlich erscheinenden Blättern ein Plus ergeben. Die einmaligen ersparen 12 die beiden anderen Kategoriecn 4 H im Jahre, was für die Post schon deshalb keinen Ausfall bedeutet, weil derartige Organe in ganz geringer Anzahl durch die Post vertrieben werden. Bei den sechs- bis siebenmal erscheinenden Blättern erhöht sich der Preis um 5 Prozent. Die täglich zweimal erscheinenden Zeitungen aber müssen einen Zuschlag von 44 Prozent bezahlen, eine Lastenvermehrung, die bisher im Verkehrswesen unerhört war. Man mag sich einen Be griff von dem Umfange dieser Preissteigerung aus der Thatsache bilden, daß die Post eine Mehreinnahme von 82,32 erzielen würde, wenn jeder Zeitungsbetrieb mit sechsmaliger Erscheinungs zeit in der Woche täglich nur je ein Exemplar ausgeben würde. Da aber diese Presse die Mehrzahl der Leser hat, deren Gesamt zahl sich auf Millionen beziffert, so kann man sich ausrechnen, wieviel die Post schon bei dem Aufschlag von 5 Prozent aus dem Volke herauszieht. Bei einer Leserzahl von, willkür lich angenommen, 3 Millionen macht das Plus 246060000 ^ aus. Ist jemals eine solche Plusmacherci dagewesen? Die jenigen Leser, die 44 Prozent Zuschlag zahlen müssen, werden sich zum Teil einem billigeren Lesestoff zuwenden und auch zu den Blättern übergehen, die Herz und Hirn leer lassen, die nichts bringen als Klatsch und wieder Klatsch, oder aber die Blätter entschließen sich, einen Teil der Lasten durch Abonnements herabsetzung selbst zu tragen. Daß das aber nur auf Kosten der Leistungen geschehen kann, ist selbstverständlich. Die Plus macherei der Post ist demnach nicht allein unberechtigt, sie ist auch sozial unverständlich, weil sie geeignet ist, das Niveau der guten Presse zu drücken, die, mag sie nun einer Partei an gehören, welcher sie will, doch auch dem Geiste Anregung bietet. Ist es erlaubt, daß die Post sich gerade die Zeitungen, das wichtigste Bildungsmittel des Volkes, für solche Experimente aussucht? Die Lage der Zeitungsindustrie ist durch die Papier- und Kohlenteuerung und die fortwährenden Lohnsteigerungen ohnehin eine schwierige. Da fehlt es denn gerade noch, daß auch die Post noch auf eine Plusmacherei ausgeht. Es wird nichts anderes übrig bleiben, als daß die Zeitungen die Mehrgewinne der Post genau ermitteln und dem Reichstag das Material über geben, damit er demnächst mit der Reichspostverwaltung Deutsch reden kann. Auf diese Klagen versendet die Po st Verwaltung jetzt folgende Darlegung: -Die kürzlich erfolgte Neuregelung des Zeitungsbestell geldes vom 1. Januar k. I. ab hat mehreren Zeitungen Veranlassung gegeben, in unzutreffenden Uebertreibungen über die Verteuerung des
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