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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.04.1875
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- 1875-04-07
- Erscheinungsdatum
- 07.04.1875
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- Deutsch
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1198 Nichtamtlicher Theil. ^ 78, 7, Aprit. Studienzeit fällt ein Ereigniß, das für Frommann's späteres Leben von Bedeutung werden sollte: seine Bekanntschaft mit Stüve, dem späteren hannoverischen Abgeordneten, Minister und Staatsmann und einem der tüchtigsten deutschen Männer, in welchem er bald einen gleichgestimmten Freund fürs Leben gewann, Wie innig beide Männer mit einander verbunden waren, erhellt aus dem Gedenkblalt, das nach Stüve's Tode der Ueberlebende dem geschiedenen Freunde in der Schrift: „Zur Erinnerung an I, C. B. Stüve" gewidmet hat. Es war ein Freundschaslsbund edelster und intensivster Art, wie ein solches Verhältniß eben nur unter der Einwirkung der dem deutschen Wesen eigenthümlichen Herzenssolidität und Gemllthstiese empor wachsen und gedeihen konnte. Aus dieser Berliner Studienzeit hat uns der Jubilar in seinem mehrcrwähnten Buche eine Reihe von Briefen seines Vaters auf bewahrt, welche diesen herrlichen Mann in seiner ganzen charakte ristischen Eigenart uns vorführen. Es sind wahre Goldworte ernster Lebensweisheit darin enthalten, Friedrich Frommann ließ seinem Sohne in reichen, Maße Freiheit, das Studentenleben in all seiner Lust und Freude zu genießen, — „znm Buchhandel kommst Du noch früh genug, und hast Du nur offene Augen und Ohren, so wirst Du immer mehr begreifen, wie diese Zeit Dich fürs Geschäft und Leben vorbereitet," — aber wiederholt warnt er ihn vor bloß quantita tiver, nicht genügend verdauter Aneignung des Wissensstoffes, „Wenn Du auch kein Classengelehrter wirst, alles andere ausschlie ßend — Philosoph, Jurist rc, —, so hoff' ich, Du wirst ein tüchtiger, durchs Leben und durch Studien gebildeter Mensch, der fest auf seiner Stelle steht, die er sich gewählt, und der im Stande ist, seinen Wir kungskreis aus eine edle Art auszufüllcn. Schreiben oder Dociren ist nicht die einzige Art, wie man erworbene Erkcuntniß anwendet. Ein tüchtiger Buchhändler kannstDu werden, wennDu auch nicht für das Publicum sorgst, welches Deck das Schätze! nennt," Die Jahre der Frommann'schen akademischen Studien fielen in die für das deutsche Universitätsleben bekanntermaßen sehr verhäng- nißvoll gewordene Periode der Jahre 1817 und 1818, Die Ber liner Studentenschast bewahrte zwar im Allgemeinen eine größere Zurückhaltung, ganz spurlos ging der Geist, der an anderen Uni versitäten, namentlich Jena, Gießen rc, die Studentenschaft be herrschte, indessen doch nicht an ihr vorüber. Eine Scene, welche unser Jubilar selbst erzählt und bei der er mitbetheiligt war, ist dessen Zeugniß, Zum Rcsormationsjnbisänm, 3l. Octbr, 18l7, war Werner's „Weihe der Kraft" im Berliner Opernhause aufgeführt worden, eine Wahl, welche den Studenten und auch anderen Leuten sehr unpassend erschien, nachdem Werner inmittelst katholisch geworden war und die „Weihe der Unkrast" geschrieben hatte. Eine größere Anzahl Studenten, unter denen auch unser Jubilar, ging deshalb ins Parterre und als Luther in der zweiten Scene auftrat, stellte sich einer aus die Bank und rief: „Der Reformator von der Bühne", woraus alle andern pochten und der Vorhang sallen mußte. Das Ende vom Liede war Entfernung der Ruhestörer durch die Theaterpolizei, ohne daß diese selbst übrigens Widerstand leisteten, DerVorfall war für den Vater Frommann Anlaß, eine wohlgemeinte Philippika an denSohn zu richten, dcrenJnhalt sich dieJugend aller Zeiten ack uotam schreiben kann: „Werdet nur nicht übermüthig, Ihr stolze studirende Jugend, wenn Ihr die Hoffnung des Vater landes mit Ehren heißen und bleiben wollt! Laßt Euch nicht zu sehr ge lüsten, zu entscheiden, woesdochwohlwllnschenswcrth wäre, die gehö rigen Kcnntnissecrsteinzusainmcln, um zurKenntnißzugelangen. Dies geht nicht aus die Geschichte im Theater; wenn so ein geringer Schritt jenseits nicht zuweilen von der Jugend käme, wie gern schliefen viele Alte bequem ein; aber wenn man solche Stimmen vernimmt, wie »das innere Gesetz ist besser wie das äußere, und man muß ihm fol gen — man muß die Menschen zwingen, das Gute zu wollen« — dann wirds mir schwül, denn wer spricht? aus? Sehr oft eine Partei junger Leute, die häufig, wenn sie ins Leben kommen, erschlaffen, wenn es in ihrer Macht steht, das, was sie früher wollten, zu be wirken, So bist Du nicht, aber, um keinen Rückschritt thun zu müs sen, halte dich nicht zu den Schreiern," In Gedanken ähnlichen In halts ergeht sich ein Schreiben, das wenige Tage daraus, am 23, Nov, 1817 anläßlich des bekannten „Wartbnrgsestes" Vater From- manu an seinen Sohn richtete: „Aber was soll ich über die Folgen des Wartbnrgsestes sagen? Am liebsten schwiege ich ganz, da es hier so oft, breit und viel besprochen wird, doch ist auch dies mir nicht möglich. Noch itzt ist mir dieses Fest, wie Du es mündlich und schriftlich schildertest, unschätzbar und ich habe mich in Deiner und Eurer Aller Seele dessen innigst gefreut, und thue es noch ebenso lebendig, als Du es in Leipzig sau mirs sähest. Möchte Euch doch nichts die Erinnerung dieser Gefühle getrübt, nichts Euch Eure Unbefangenheit geraubt haben! Dies ist noch mein innigster Wunsch, Daß dies aber geschehn, daß es geschehe! mußte, daß Parteisucht, Gemeinheit, Kastengeist, Verleumdung und Lug so ihr Spiel damit treiben, daß man Euch eine Wichtigkeit gibt, die Ihr nicht habt, und die man Euch nicht einbilden sollte; daß man Euch Pläne und Absichten leiht, an die Ihr nicht dachtet, daß man so Eure ganze Unbefangenheit stört — dies ist mir im Innersten wehmüthig und empörend. Kaum ists erklärlich, wie schies die Sache von Vielen angesehen und behandelt wird. Ausrichtig leid thut mir unser Großherzog, an dem von allen Seiten gearbeitet wird; noch hält er sich fest; wer cs aber gut mit ihm meint, muß wünschen, daß seiner so wenig als möglich gedacht wird, damit auch von der Seite die Engherzigkeit und der Parteigeist nicht noch mehr genährt und es ihm dadurch säst unmöglich gemacht lvird, ruhig und selbstän dig zu handeln: Zu Reformatoren der Welt seid Ihr wahrlich nicht berufe»; dazn.scid Ihr zu unreif; dazu gehört mehr Ruhe, Kennt- niß und Erfahrung, als Ihr haben könnt. Ja, jedes zu gewaltsame Hinanstreten nach Außen vor der Zeit stört jeden Einzelnen in seiner wahren inuern und äußern Ausbildung, künftigen Tüchtigkeit und Wirksamkeit, Es bleibt Euch dagegen neben Euren Studien genug zu thun, Euch auch in Eurer Gemeinsamkeit wackrer und tüchtiger zu machen," Bei unserem Jubilar fielen solche Worte nicht auf unfrucht baren Boden, Begeisterung für den Gedanken der Wiedergeburt des deutschen Vaterlandes bildete seit den Jugcudjahren einen Grundzug seines Wesens, der mit demselben innig verwachsen geblieben ist bis ins Greiscnalter, Allein darüber machte sich sein praktisch nüchterner Sinn Wohl schon damals keine Illusionen, daß eine so gewaltige, inhaltschwere Ausgabe mit Demonstrationen wie das Wartburgsest, so anerkennenswerth der demselben zu Grunde liegende patriotische Sinn an sich immerhin sein mochte, nie und nimmer ihre Lösung finden könne. Im Herbst 1818 verließ unser Jubilar die Universität Berlin und trat wieder ein in die Buchhandlung von Perthes L Besser in Hamburg, Er wohnte bei Friedrich Perthes im Hause und erfreute sich, so ganz zur Familie gerechnet, nicht allein der vielerfahrenen geschäftlichen Unterweisung, sondern auch des steten häuslichen Ver kehrs init dein seltenen Manne und dessen trefflicher Gattin, Im Sommer 1820 ward ihm daselbst die Freude eines Besuchs seiner Mutter, welche in Begleitung seiner Schwester seit 1800 zum ersten Male wieder ihre Vaterstadt besuchte. Mit ihnen verließ er Hamburg, In Cassel, wo die Familie mit dem Vater zusammen schaft fürs Leben geschlossen. Beide Grimms haben wiederholt die Gastfreundschaft des Frommann'schen Hauses, mitunter Monate lang, genossen. Eine Rückkehr nach Hamburg fand nicht statt. Nach
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