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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.04.1902
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1902-04-18
- Erscheinungsdatum
- 18.04.1902
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- Deutsch
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88, 18. April 1SV2. Nichtamtlicher Teil. 8251 noch ein Schiff, das nach Petersburg fuhr, und kurz entschlossen erwarb Schwan einen Platz auf diesem Schiff, um auf gut Glück nach der nordischen Hauptstadt zu fahren und dort sein Glück zu versuchen. Bald wäre es ihm sehr schlecht ergangen, da er keinen Paß besaß und als Preuße jedenfalls als Spion betrachtet worden wäre; allein der Zufall war ihm günstig; ein Mitreisender, der die Seefahrt nicht vertragen konnte, verließ in der Nähe der Insel Bornholm das Schiff und überließ Schwan seinen, auf den Namen eines Sekretärs Witte lautenden Paß. So konnte Schwan ohne Fährlichkeit in Petersburg landen, allerdings ohne irgend eine Empfehlung zu besitzen, ohne auch nur einen Laut der fremden Sprache zu verstehen. Ungemein fesselnd sind nun seine Erlebnisse in St. Petersburg beschrieben, wie er, da er kein Unterkommen findet, auf dem Schiffe bleibt und schon an die Heimreise denkt, dann durch eine wackere Bäckerswitwe deutscher Herkunft ein Unterkommen in der Familie eines Professors der Akademie der Wissenschaften findet, dort beim Miltagstisch mit manchem Gelehrten bekannt wird und durch diese eine Stelle als Korrektor bei der Akademie er hielt, zu der später ein Posten als Erzieher junger Leute kam, die der damaligen Großfürstin, späteren Kaiserin Katharina, zur Be dienung dienen sollten. Manche interessante Wendung nahm sein Leben; fast wäre er wohlbestallter Konsulent geworden, ein alter angesehener Kon sulent hatte große Neigung zu ihm gefaßt und hoffte, ihn als Nachfolger zu sehen, wenn nicht der Tod der Kaiserin Elisabeth alle diese Pläne über den Hausen geworfen hätte. Schwan ließ sich bestimmen, eine Auditeurstelle bei dem holsteinischen Korps des Kaisers Peter III. anzunehmen, das unter dem Befehl des Prinzen Georg Ludwig von Holstein-Gottorp stand, und wurde somit in den Sturz des Kaisers verwickelt. Seine Schicksale in Petersburg während dieser Zeit geben ein anschauliches Bild von den dortigen Ereignissen und sind ein wertvoller Beitrag zur Geschichte jener Tage; es würde hier jedoch zu weit führen darauf einzugehen. Im September 1762 wurden die Holsteiner Truppen und Beamten nach Kiel zurückbefördert, und nach einer sehr schlechten Fahrt betrat Schwan wieder deutschen Boden. Durch Vermitte lung des Prinzen Georg Ludwig erhielt er, der noch immer unter dem Namen Witte figurierte, eine Empfehlung an den Prinzen Ferdinand von Preußen und durch diesen eine Auditeurstelle bei dem Infanterie-Regiment Alt-Stutterheim, das in Friedenszeiten in Anklam stand, sich jetzt jedoch noch in Sachsen befand. Schwan ging dorthin zu seinem neuen Regiment und kam dann mit diesem, da bald darauf der Friede unterzeichnet wurde, nach Anklam, auf der Durchreise in Prenzlau seine Mutter und Ver wandten begrüßend, die ihn längst zu den Toten gezählt hatten. Trotzdem er sich in Anklam in einer angenehmen, auch pekuniär günstigen Stellung befand, trieb es ihn doch wieder von dort fort, als er vernahm, daß sein Gönner, der Prinz von Gottorp, nunmehr Statthalter in Holstein wurde und für ihn eine staat liche Versorgung daselbst zu erwarten sei. Leichtsinnigermeise gab er seine gute feste Stellung in Preußen aus und begab sich nach Hamburg, um dort weitere Befehle des Prinzen von Gottorp zu erwarten. Doch -mit des Geschickes Mächten ist kein ewiger Bund zu flechten«, das Mißgeschick verfolgte Schwan auch hier, der Prinz starb plötzlich am 3. September 1763, nachdem ihm seine Gemahlin kurz vorher im Tode vorangegangen war, und Schwans Hol steiner Pläne wurden zu Wasser. Sein Wandertrieb führte ihn nun nach Holland, wo er Dienste zu finden hoffte. Daraus wurde nun freilich nichts; wohl aber hatte er Gelegenheit, Land und Leute kennen zu lernen und an genehme Verbindungen anzuknüpfen. Hier in der Mußezeit schrieb er die -^vseclotsL rus86s ou I6ttr68 ck'uu oküeisr allsmanck s, uv eueillisZ st publiösL par 0. k'. 8. äo ls, Narello (Christian Friedrich Schwan aus der Mark nämlich). Diese Briefe machten bei ihrem Erscheinen großes Aufsehen, da noch Niemand gewagt hatte, von der Katastrophe etwas Authentisches bekannt zu machen. Ver gebens bemühte sich der russische Gesandte, von dem Verleger Staatmann in Erfahrung zu bringen, wer der Verfasser sei, um ihn dann voraussichtlich unschädlich zu machen. Schwan glaubte sich in Holland sicher, erhielt jedoch von einem angesehenen Staats manne den Bescheid, daß er, wenn er ein geborener Holländer sei, auch wenn er als Verfasser der russischen Anekdoten bekannt würde, nichts zu befürchten hätte; da er aber Ausländer sei, so zweifle er, ob, im Falle man ihn entdecke und die Kaiserin von Rußland seine Auslieferung verlange, die Republik Holland sich eines Fremden wegen mit dieser Kaiserin Überwerfen werde. Fraglich war es auch, ob Friedrich II. seinen Unterthanen, der außer Landes war, schützen würde und könnte. So zog es Schwan vor, weiter zu wandern und den Rhein und seine Gegend kennen zu lernen. Am 17. August 1764 verließ er Verbürg beim Haag, wo er liebevolle Ausnahme gefunden hatte, und ging über Utrecht, Arnheim und Cleve nach Köln und von dort zu Schiff nach Mainz. Von Mainz aus begab sich Schwan nach Frankfurt, um dort, im^ Mittelpunkt des mittleren^ und füd- heraus und dann beschäftigte er sich mit der Herausgabe einer litterarischen Wochenschrift. Diese moralischen und literarischen Wochenschriften waren ja seit den zwanziger Jahren des acht zehnten Jahrhunderts sehr in Mode, sie schaffen wie Pilze aus der Erde, allerdings um ebenso rasch wieder einzugehen. Schwans Unternehmen führte den Titel -Der Unsichtbare« und erschien bei dem Buchhändler Eßlinger in Frankfurt a. M. jeden Montags und olättern sind vier Bände des -Unsichtbaren« erschienen, später (1763) hat Schwan eine neue gekürzte Ausgabe in zwei Teilen heraus gegeben. Die ersten Nummern des -Unsichtbaren» fanden großen Absatz Schwan wurde eine bekannte und gesuchte Persönlichkeit und mit ein literarisches Wochenblatt für Deutschland zu schreiben unter dem Titel: -Neue Auszüge aus den besten ausländischen Wochen- und Monatsschriften«. Dieses Blatt sollte in gedrängter Kürze das Neueste und Merkwürdigste von dem enthalten, was im Aus land in dem Reiche der Wissenschaften und Kunst bekannt gemacht wurde. Das Postamt wollte alle auswärtigen Journale und in dieses Fach einschlagenden periodischen Schriften unentgeltlich liefern und sich ferner verpflichten, für eigene Rechnung so viele Exemplare zu nehmen, als nötig war, um die Druckkosten zu be streiten. der Ueberschuß sollte Schwan zufallen. Selbstredend er klärte sich dieser einverstanden und machte sich ans Werk. Der Auszüge erschienen und haben einen ganz ansehnlichen Gewinn abgeworfen. Weshalb Schwan das Unternehmen eingehen ließ, sagt er nicht, dagegen schreibt er selbst, daß er es nachher oft be reut habe, die -neuen Auszüge« aufgegeben zu haben, -weil mich Beifall des Publikums erworben hat, in der Folge, wenn es auch an innerem Wert abnehmen sollte, gewissermaßen als ein ständiger Artikel anzusehen ist, den man, weil man ihn einmal angefangen hat, der Folge wegen jorthält, wie das so manche, sowohl in- als ausländische Journale beweisen, die ihre fortdauernde Existenz fast allein noch der Achtung, die man für ihr Alter hat, zu verdanken haben«. Erwähnen möchte ich noch kurz, daß dem -Unsichtbaren- bald eine Konkurrenz entstand in dem -Sichtbaren« und daß in diesem Blatte das uns erhaltene Jugendgedicht Goethes: -Höllenfahrt Christi, abgedruckt wurde. Die Ausgabe des »Unsichtbaren« brachte cs mit sich, daß Schwan häufig mit seinem Verleger Eßlinger zusammenkam und auch in dessen Familie eingeführt wurde. Die älteste Tochter Eßlingers erweckte seine Neigung, ihre Herzen fanden sich, und er beschloß, beim Vater um ihre Hand anzuhalten. Nun bestand aber die Schwierigkeit, daß Eßlinger beschlossen hatte, seine ältesten Töchter nur an Buchhändler zu verheirathen, damit die Schwieger söhne dann die Filialen selbständig übernehmen könnten; Schwan aber war weder Buchhändler, noch hatte er ein Amt, noch Ver mögen. Die Sache schien aussichtslos, wenn sich nicht Herr von Berberich der Angelegenheit angenommen hätte. Dieser sagte zu Schwan, wie in der Selbstbiographie berichtet wird: -Was hindert Sie denn, die Handlung in Mannheim zu übernehmen? Daß Sie kein gelernter Buchhändler sind? Ist denn der Buchhandel eine mechanische Kunst, die man so wie der Uhrmacher die Uhrmacher- man Bücher einkaust oder eintauscht und dann wieder mit Vorteil zu verkaufen sucht, dann ist es eine bloße Krämerei, und die ver stehen unsere Frankfurter Juden, die mit alten Büchern handeln, so gut wie irgend ein Buchhändler in Deutschland. Ich dächte, zu einem geschickten Buchhändler im eigentlichsten Verstände gehörten auch literarische Kenntnisse, um den Wert oder Unwert der Manu skripte, die ihm zum Verlag angeboten werden, beurteilen zu kön nen, sowie auch, um durch eine gute Wahl der zu verkaufenden, bereits gedruckten Werke Geschmack und Aufklärung im Publikuni u verbreiten. Werden Sie Buchhändler, und ich stehe Ihnen da- ür, Herr Eßlinger wird ferner kein Bedenken mehr tragen, seine 430*
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