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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.04.1906
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- 1906-04-28
- Erscheinungsdatum
- 28.04.1906
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- Deutsch
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4248 Nichtamtlicher Teil. .U 97, 28. April 1906. bracht. In seiner Begleitung befand sich der gleichfalls in Haft und Untersuchung genommene Neckarsulmer Bürger Franz Müller, der in Merckles Auftrag die Abschrift der Flugschrift für Schoderer in Donauwörth besorgt hatte. Unablässig war nach alledem Kleiner für die Frei lassung Merckles tätig. Nachdem er erst an den in Neuen stadt einquartierten französischen Brigadegeneral Gauthier eine Bittschrift hatte abgehen lassen, wandte er sich mit dem Ersuchen um ihre Vermittlung auch an die Fürstin Oettingen- Spielberg, die jedoch in großer Vorsicht jedes Eingreifen in den Gang der Dinge ablehnte. Ebenso kam ein Bruder Merckles von Oettingen, wohin er auf Veranlassung Kleiners gereist war, bald unverrichteter Dinge zurück, während man den Peter Franz Müller ohne Haft und Strafe sofort wieder nach Hause entließ. Marschall Davoust selbst soll sich über die ganze Sache sehr unzufrieden geäußert und gesagt haben, der Kaiser, dem wohl nichts davon bekannt sei, werde das Geschehene mit Unwillen vernehmen. Auch hatte er den Gefangenen eine gelindere Behandlung an gedeihen lassen und zugesagt, daß er, da die Freilassung nicht in seiner Macht stehe und er nur höherem Befehl folge, sich wenigstens nach Kräften für die Gefangenen verwenden wolle. Die auf diese Zusage gesetzten Hoffnungen schwanden indessen bald, denn ein aus dem Gefängnis in Braunau von Merckle an Kleiner gerichteter Brief zeigte, daß sich der Gefangene in einer keineswegs beneidenswerten Lage befand. Seiner an Kleiner gerichteten Bitte um ein Leumundszeugnis entsprach dieser sofort und versicherte ihn, daß er alle Schritte getan habe, um seine Freilassung zu bewirken. »Einen Defensor«, schrieb er ihm, »konnte und wollte ich nicht für Sie bestellen. Wozu noch eine Verteidigung, da Sie als deutscher Bürger, als Unterthan eines deutschen Monarchen nur von einem deutschen Gerichte nach deutschen Gesetzen zu richten wären, wenn noch je ein Richterspruch über Sie ergehen könnte. Sie sind zwar in der Gewalt der französischen Autoritäten, aber der gerechte Kaiser der Franzosen wird — wie ich ver nehme — mit großer Indignation die auffallende Geschichte, welche Sie und Ihre Unglücksgefährten in die jezigen Ver hältnisse zog, hören, wenn dieselbe ihm vorgetragen wird.« Dieser »gerechte Kaiser der Franzosen« freilich, der sich inzwischen beeilt hatte, Palm erschießen zu lassen, schien andrer Meinung zu sein. Zwar hatte Merckle sich über die ihm in der Haft in Braunau zu teil gewordene Behandlung nicht zu beklagen; allein ein Ge fangener blieb er trotzdem. König Friedrich von Württem berg selbst bemühte sich aber um seine Befreiung, und ein Brief Merckles aus Braunau vom 10. September enthielt denn auch die Botschaft seiner Entlassung. -Nachdem ich«, schrieb er an Hofrat Kleiner, »die Prüfung des Himmels willig, wie es einem guten Christen zusieht, getragen, ist heute der Tag meiner Erlösung erschienen. Ich genieße seit einer Viertelstunde die goldene Freiheit wieder, deren Wert ich nun zum erstenmal in meinem Leben in ihrem ganzen Umfang fühle und zu schätzen gelernt«. Und in einer Nach schrift teilt er mit, daß er und Schoderer durch Gendarmen den Zivilbehörden ausgeliefert würden, Merckle wahrschein lich nach Stuttgart und Schoderer nach München. Ehe diese Nachricht indessen nach Neckarsulm kam, hatten die Angehörigen und Freunde Merckles noch eine harte Prüfung zu bestehen. Allem Anschein nach hatte nämlich Merckle das gleiche Schicksal wie Palm treffen sollen. Bei einer Heerschau, die Marschall Davoust am 10. September 1806 bei Großgartach über die Division des Generals Gudin abhielt, wurde jedem Oberoffizier ein in deutscher und französischer Sprache gedrucktes Urteil des zu Braunau niedergesetzten Kriegsgerichts vom 25. August zugestellt und dabei sämtlichen bei der Heerschau anwesenden französischen Truppen bekannt gemacht, daß zwölf deutsche Bürger, die die Majestät des französischen Kaisers durch ihre Handlungen beleidigt hätten, zu Braunau erschossen würden. Dieses Urteil vom 25. August besagte auch, daß Merckle und Genossen des Aufstands, Meuchelmords und Hochverrats schuldig und zum Tode verurteilt worden seien. Aus dem Munde französischer Stabsoffiziere vernahm man sogar die Kunde, daß in der Tat Merckle mit 11 Genossen am 10. September zu Braunau erschossen worden sei, und es war deshalb die erst später eingetroffene Nachricht von der Freilassung Merckles für die Seinigen um so befreiender. Wie sich herausstellte, war die Ostentation auf dem Groß- gartacher Feld in der Hauptsache darauf berechnet, Schrecken einzujagen und vor ähnlichen Agitationen gegen den mäch tigen Kaiser zu warnen. Am Abend des 11. September war Merckle und Schoderer ein in das Deutsche übersetzter Befehl zugestellt worden, wonach sie an ihre betreffenden Regierungen nach München und Stuttgart ausgeliefert werden sollten. Diese denkwürdige Urkunde hatte folgenden Wortlaut: »Befehl! Von Seiten des Kaisers! Nachdem Seine Majestät der Kaiser Napoleon in Betracht gezogen hat, daß Löwenwirth Merckle von Neckarsulm, welcher durch die am 25. August dieses Jahres in Braunau nieder gesetzte Militär-Commission vor Gericht gezogen und ver urteilt worden, sich mehr schuldig gemacht hat, Schmäh schriften gegen die eigene Person Sr. Majestät zu ver breiten, als solche auszustreuen, welche die Einwohner Deutschlands zum Aufstande und Ermordung der Franzosen aufrufen sollten, so hat Se. Majestät, dessen Mildthätigkeit seiner Großmut gleichet, den Einhalt der Vollziehung des durch die Militär-Commission gefällten Urteils gebilligt, und, was namentlich den Löwenwirth Merckle betrifft, selben von der Strafe losgesprochen, die von besagtem Gerichtsrath über ihn verhängt war. Selbe (Majestät) haben mir daher aufgetragen, den Löwenwirth Merckle seiner Regierung überliefern zu lassen, um von seinem Landesfürsten die paffende Strafe zu erhalten, die selber über ihn auszusprechen für gut halten wird. Es sollen daher sämtliche französischen Truppen in Deutschland alles das für ungültig und unerfüllt ansehen, was in dem vor der unterm 25. August d. I in Braunau niedergesetzten Militär-Commission ausgesprochenen Urteil die Person des Löwenwirth Merckle betrifft.« Zu diesem am 9. September von dem Major-General der großen Armee, Kriegsminister Fürsten von Neufchatel und Valangin Alexander Berthier, in München Unterzeichneten Erlaß bildet eine Mitteilung Merckles, daß General St. Hilaire bei Mitteilung seiner Freilassung auf ihn den Eindruck ge macht habe, als ob er froh gewesen sei, das Todesurteil nicht vollziehen zu müssen, einen interessanten Nachtrag. Unermüdet setzte Hofrat Kleiner, nachdem Merckle dem König von Württemberg zu eventueller Bestrafung über geben worden war, seine Verwendung für diesen fort und übernahm in einer an den Staatsminister gerichteten Denk schrift die Verteidigung des Merckle, indem er neben Be leuchtung des rechtlichen Standpunktes sich namentlich dahin aussprach, daß dieser durch seine seitherigen Leiden für sein Verschulden genügend gestraft sei, wenn auch zugegeben werden müsse, daß er die Pflichten der Ehrerbietung gegen Napoleon durch Mitteilung der Flugschrift verletzt habe. Kleiners Bemühungen hatten freilich nicht den erhofften Erfolg. Merckle, der in Begleitung von zwei Gendarmen in Braunau entlassen worden war, kam am 17. September 1806 in München an, wo er die Verwandten des Schoderer besuchte. Diese berichteten ihm, daß der bayerische Minister
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