Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.06.1903

4434 Nichtamtlicher Teil. ^ 126, 4. Juni 1903. Gerhard Stalling in Oldenburg i Gr. bringt in Helio gravüre ausgeführte Bildnisse des Großherzogs von Baden und des Papstes Leo, die sich insbesondre für Zimmerschmuck eignen. Die Firma Stiefbold L Co. in Berlin bringt eben falls Porträtbilder, und zwar die Brustbilder von Beethoven, Wagner und Tolstoi, deren Ausführung eine ausge zeichnete ist. Die Photo-Illustration Hans Francke L Co. in Berlin zeigt auch in diesem Jahr wieder verschiedne Photographien, die für jeden Buchhändler von Interesse sind. Wir wünschen allen Bildern eine beifällige Aufnahme, vor allem aber dem Gruppenbild des Vorstands des Unterstützungsvereins Deut scher Buchhändler und Buchhandlungsgehülfen, denn der Reingewinn ist dieser Hilfskasse zugedacht. Die Neue Photographische Gesellschaft in Steglitz bei Berlin hat Erzeugnisse der Rotationsphotographie ausgestellt, durch die jetzt auch mittels Aufnahme von Landschaften nach der Natur oder von Gemälden ein weitrer Zimmerschmuck beschafft wird. Trotz mancher Mängel verdienen diese Bilder wohlwollende Beachtung. Sie sind immerhin viel besser als manche schlechte Lithographie, die mitunter zur Zierde des Zimmers verwandt wird. Wenig gefallen können uns aber die Frauenköpfe, zu denen als Vorlagen meistens photogra phische Aufnahmen von Reutlinger in Paris gedient haben. Diese Bilder »berühmter« Schönheiten scheinen uns ungemein süßlich und wollen uns nicht gefallen. Dagegen verdienen die vorzüglichen Ansichten von Städten, Denkmälern, Burgen, Bildwerken usw. uneingeschränktes Lob. Diese Bilder werden von Turisten sicher gern gekauft werden; sie ersetzen die reine Photographie in jeder Weise. Die Firma Breitkopf L Härtel in Leipzig, die mit als eine der ersten tatkräftig in die neuzeitliche Kunstbewegung eingegriffen hat, hat neben ihren seit 1895 erscheinenden »Zeitgenössischen Kunstblättern« auch eine besondre farbige Kinderserie geschaffen, um durch diese der echten Kunst auch Eingang in die Kinderstube zu verschaffen. Die vorliegenden zehn Blatt sind ausgezeichnete Arbeiten und vor allem in der Farbe der kindlichen Empfindung angepaßt. Thoma, Ubbelohde, Hans von Volkmann, Hein, Fikentscher, Kuithan, Engel, Molitor und Schiestl haben Bilder geschaffen, deren Form und Inhalt dem Verständnis der Kinder zugänglich ist. So ist mit dieser farbigen Kinderserie ein verdienstvolles Werk entstanden, das Beachtung verdient. Die im Verlag von Georg D. W. Callwey in München erscheinenden Meisterbilder, herausgegeben vom Kunstwart, bilden einen trefflichen Hausschatz, dem nur weiteste Ver breitung gewünscht werden kann. Die einzelnen Blätter geben dem deutschen Volk in Nachbildungen echter deutscher Kunst ein kostbares Gut, das in neurer Zeit noch eine treffliche Bereicherung durch die Vorzugsdrucke des Kunstworts erfahren hat. Die letztgenannten Blätter verdienen sowohl hinsichtlich der guten technischen Ausführung als auch des ungemein billigen Preises Lob. Ebenfalls Lob verdienen auch die verschiednen Kunstmappen des »Kunstworts«, die der großen Menge für billiges Geld gute Nachbildungen von Werken ältrer und neurer Meister geben. Emil Strauß, Kunstverlag in Bonn, bringt Original radierungen von Hermann Struck in Berlin und Hugo Ulbrich in Düsseldorf, die von hohem künstlerischen Wert sind. Beide Künstler sind Meister der Radierkunst, ihre Blätter stimmungsvoll und von prächtiger Auffassung. Jeder Kunstfreund wird an diesen kostbaren Arbeiten seine Freude haben und sie gern seinen Schätzen einverleiben. Wundervoll sind auch die ausgestellten farbigen Radierungen, die als erstklassige Kunstwerke bezeichnet werden müssen. Die Firma Meisenbach, Riffarth L Co. in Leipzig hat in einem prächtigen Rahmen (ausgeführt von der Firma Zeiß L Schneevoigt in Leipzig) eine Heliogravüre ausgestellt, die eine technische Leistung allerersten Ranges ist, denn die Bildgröße hat einen Umfang von 96x140 erv (Papiergröße 130x175 cm). Unsers Wissens ist in Deutsch land bis jetzt eine Heliogravüre von solcher Größe noch nicht angefertigt worden; die Schwierigkeiten, die bei so großen Platten zu überwältigen sind, sind gewaltig. Die Firma Meisenbach Riffarth L Co. hat daher auf dem Gebiet der Heliogravüre ein Meisterstück geliefert, das uneinge schränkte Anerkennung verdient. Richard Paulussen in Wien hat farbige Heliogravüren zur Schau gebracht, die ohne Tadel sind und der Firma alle Ehre machen. — Von den Kunstblättern gelangen wir zu den geo graphischen Karten, die in größtem und auch in kleinem Format vorhanden sind. Die Firma Artaria L Co. in Wien, Berliner Lithographisches Institut in Berlin, Geo graphisches Institut in Weimar, Ed. Gaebler in Leipzig, K. F. Koehler in Leipzig, A. Müller-Fröbelhaus in Dresden, Justus Perthes in Gotha, Ludwig Ravenstein in Frankfurt am Main, Dietrich Reimer (Ernst Vohfen) in Berlin, H. Wagner L E. Debes in Leipzig und Hellmuth Woller- mann in Braunschweig haben in reicher Zahl treffliche Er zeugnisse der Kartographie zur Schau gebracht. Ein Ein gehen auf diese oder jene Einzelheit darf unbedenklich unter-, bleiben. Mit den geographischen Karten in enger Verbindung stehen die Spezialkarten und Reisebücher. Unsre Zeit steht im Zeichen des Verkehrs und der Reisen, darum wächst auch von Jahr zu Jahr die Zahl von Spezialkarlen für Reise, Bureau und Verkehr, für Rad- und Autofahrer, für Turisten und andre Reisende. In frühem Ostermeßaus stellungen nahmen diese Büchlein einen bescheidnen Raum ein; gegenwärtig aber beanspruchen sie eine große Tisch fläche. Neben den neusten Reiseführern von Baedeker und Meyer, die immer noch die begehrtesten sind, finden wir die von Grieben, Bruckmann, Ortwein, Amthor u. a. Von den Städteplänen dürfen wir die des Pharusverlags in Berlin hervorheben, die sich durch Übersichtlichkeit auszeichnen. In den Plänen sind die sehenswerten Gebäude, Bahnhöfe und andres, in Abbildungen eingefügt, eine Verbesserung, die ein rasches und schnelles Orientieren ermöglicht und dem Ortsfremden von Wert sein wird. Kleine Mitteilungen. Arbeiten der Historischen Kommission für die Pro vinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt. — Die Histo rische Kommission für die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt hielt am 23. und 24. Mai ihre 29. ordentliche Sitzung in Erfurt unter dem Vorsitz des Geheimen Regierungsrats Professor l>r. Lindner-Halle ab. Außer den Mitgliedern wohnten Gäste aus Erfurt und Weimar den Verhandlungen bei. Zu Mitgliedern der Kommission an Stelle der durch den Tod ausgeschiednen Herren Geheimer Oberregierungsrat Or. Dümmler- Berlin und Geheimer Regierungsrat v. Wintzingeroda - Knorr wurden der Direktor des Provinzialmuseums Or. Förtsch und Privatdozent vr. Heldmann gewählt. Über den Stand der von der Kommission in Angriff genomm- nen Publikationen (die seit 1878 bei Otto Hendel in Halle a/S. erscheinen) wurde folgendes berichtet: Geschichtsquellen: Der 4. Band des Urkundenbuchs der Stadt Goslar ist nach der Mitteilung des Bearbeiters, Land gerichtsdirektors Bode in Braunschweig, nahezu druckfertig. Die Vollendung des Urkundenbuchs des Klosters Unser Lieben Frauen in Halberstadt steht in Aussicht. Das Urkundenbuch der Stadt Halle hat leider nicht gefördert werden können. Von dem Ur kundenbuch des Klosters Pforta, bearbeitet von Professor Böhme daselbst, ist auch die zweite Hälfte des ersten Bandes gedruckt und wird in einiger Zeit ausgegeben werden, über das Urkundenbuch des Hochstifts Zeitz sind die eingeleiteten Verhandlungen noch nicht abgeschlossen. Die Arbeiten für die Herausgabe des Erfurter varistatuw variloquus und der Quedlinburger Paurgedinge, Rats-