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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.06.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1903-06-17
- Erscheinungsdatum
- 17.06.1903
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- Deutsch
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F 187, 17, Juni 1SV8. Nichtamtlicher Teil, 4807 in solchen, die vom Büchermarkt weit abliegen. Es ist daher verständlich, daß der Buchhandel auf die Erhaltung dieses Systems Wert legt. In den siebziger und achtziger Jahren erhob sich eine Form des Geschäftsbetriebs, wodurch jene alte Form in ihrem Bestand bedroht wurde: der Barverkauf, besonders als Versandgeschäft, mit hohem Kundeurabatt, Einige Geschäfte in den Zentren des Buchhandels boten überall die Lieferung von Büchern, namentlich von teuren und gangbaren Werken, mit einem Rabatt von zwanzig Prozent des Ladenpreises und darüber an, während sonst der herkömmliche Kundenrabatt nicht über zehn Prozent betrug. Das Fünfzig - Pfennig - Paketporto ermöglichte den Vertrieb auf die weitesten Entfernungen, Der alte Sorti mentsbuchhandel, mit Ansichtssendungen und Jahreskredit der Kunden, wurde durch diese Konkurrenz mit dem Unter gang bedroht. Durch die Maßregeln des Buchhändler- Börsenvereins, der Verleger und Sortimenter umfaßt, ist dem Einbruch dieses Betriebs ein Riegel vorgeschoben worden: das öffentliche Angebot neuer Bücher unter dem Ladenpreis und der Verkauf mit einem über ein bestimmtes Maximum hinausgehenden Kundenrabatt wurde als »Preisschleuderei« mit Ausschluß aus dem buchhändlerischen Verkehr geahndet und so unmöglich gemacht. Das Bestreben geht jetzt darauf, den Kundenrabatt überhaupt aus der Welt zu schaffen; er ist im vorigen, Jahr auch für Berlin und Leipzig von zehn Prozent auf fünf Prozent als Maximum herabgesetzt worden und wird wohl in kurzem, wenigstens für den Privatkäufer, ganz verschwinden. Sofern diese Bestrebungen auf die Erhaltung eines wirklich leistungsfähigen Sortimentsbuchhandels gerichtet sind, wird man sie für unberechtigt nicht ansehen können; an seinem Dasein sind in der Tat sowohl die Käufer, als die Autoren und Verleger interessiert. Aber die Sache hat eine Kehrseite: für den Käufer be deutet die Abschaffung des Rabatts eine Erhöhung des Bücherpreises um zehn Prozent oder um zwanzig Prozent, sie mag, bei der gleichzeitigen Steigerung des Ladenpreises, bis auf ein Drittel gehen. Daß dies nicht zur Anregung der an sich schon nicht übermäßigen Kauflust dienen kann, liegt auf der Hand, Warum, so wird mancher Käufer sagen, soll ich die Kosten der Erhaltung des Sortiments handels tragen? Ich würde dem Barbezug mit zwanzig Prozent Rabatt weitaus den Vorzug geben vor dem System der Ansichtsendungen, wovon ich doch keinen Gebrauch mache. Etwas von der weitverbreiteten Abneigung unsrer Zeit gegen den »Zwischenhandel« regt sich wohl auch da und dort gegen den Buchhandel, Und ist sie ganz unberechtigt? Der Zwischenhandel zeigt auch hier die Tendenz, die ihm überall anhängt, die Tendenz zur Wucherung, Die Zunahme der Buchhandlungen, die in dem letzten halben Jahrhundert in Deutschland statt gefunden hat, wird man doch wohl nicht allein als ein An zeichen steigender literarischer Kultur deuten dürfen; vielmehr wird sie zu einem nicht kleinen Teil derselben Ursache ihre Entstehung verdanken, der auch die Grünkram- und Zigarrenlädeu ihre wuchernde Entwicklung verdanken: der Neigung, durch Kleinhandel sich einen leichten, weder Kennt nisse noch Kapital voraussetzenden Erwerb zu verschaffen. Ein paar Zahlen, die ich dem offiziellen Adreßbuch des deutschen Buchhandels von 1902 entnehme, sprechen eine deutliche Sprache, Im Jahre 1839 gab es 874 Buchhand lungen in Deutschland; die Zahl stieg bis 1861 auf 1588, bis 1871 aus 2854, 1881 auf 3543, 1891 auf 4650, 1901 auf 5520; also ungefähr alle zwanzig Jahr eine Ver doppelung, War diese Vermehrung durch das Bedürfnis der Bücher- käufer gefordert? Ich glaube nicht, daß dies jemand wird behaupten wollen: es ist doch wohl nicht notwendig, daß in jedem Städtchen von 5—10 000 Einwohnern vier oder sechs Buchhandlungen vorhanden sind; dem Bedürfnis wäre am Ende mit einer, oder, der Konkurrenz halber, mit zweien ge nügt, Sieht man näher zu, so zeigt sich freilich auch alsbald, daß ein guter Teil dieser »Buchhandlungen« in Wirklichkeit nicht viel mehr sind als Papierläden oder Buchbindereien, in denen neben Portemonnaies, Bisitenkartentäschchen und den unvermeidlichen Ansichtspostkarten einige Gebetbücher und Kalender, Kochbücher und Liebesbriefsteller ausliegen. Zu gleich aber erbieten sich die Inhaber auch zur Besorgung von Büchern, Schulbüchern vor allem, aber gelegentlich auch an dern Büchern, Und so find sie zwar nicht Buchhandlungen, aber doch Konkurreuzanstalten der eigentlichen Buchhand lungen und ziehen diesen das Blut aus. Mir ist von einem Berliner Buchhändler, einem der besten Kenner dieser Ver hältnisse, gesagt worden: durch die »Bücherbesorger« werde der Buchhandel ruiniert. In der Tat, der alte Sortiments buchhändler, ein gebildeter Mann, der, mit Sach- und Personenkuude ausgestattet, den Verkehr zwischen Autor und Käufer vermittelte, Nachfrage und Angebot zusammeuführend, — es gibt ihn auch heute noch — der übte eine wohltätige soziale Funktion, Von dem bloßen Bllcherbesorger kann man kaum dasselbe sagen: wenn er durch seine Maffenhaftigkeit jenem die Existenzmöglichkeit nimmt und anderseits die Bücherteuerung steigert, so wirkt er schädlich, und das Be streben zur »Ausschaltung des Zwischenhandels« tritt in sein Recht, Wird die alte Organisation des deutschen Buchhandels durch diese Wucherung von innen heraus bedroht, so muß man wohl auch gestehn, daß die Funktion selbst durch die allgemeine Entwicklung unsres Lebens an Bedeutung und innrer Notwendigkeit verloren hat und fortwährend ver liert, Sie ist entstanden in einer Zeit, wo der Verkehr noch wenig entwickelt war, wo die Masse der Bevölkerung auf dem Lande und in der Kleinstadt lebte, wo eine Reise in eine größre Stadt noch ein seltnes Ereignis war. Damals, wo auch das Zeitungswesen noch wenig entwickelt war, war der Sortimentsbuchhäudler der notwendige Vermittler zwischen Autor und Leser, Inzwischen haben wir Eisenbahnen und Großstädte, Dreipfenuigporto und Fünfzigpfennigpakete, und die Zeitung wird täglich in jedem Haus gelesen. In der Großstadt wird die Ansichtsendung wohl mehr und mehr ersetzt durch das gelegentliche Besehen der Novitäten in einem der großen Buchläden, Aber auch der draußen auf dem Land sitzende Arzt oder Pastor kommt alle Augenblicke in die Großstadt und hat hier Gelegenheit, auch seine lite rarischen Bedürfnisse zu befriedigen. Durch Zeitung und Zeitschrift ist er unterrichtet über das, was erschienen ist und was ihn interessiert. Man darf daher wohl sagen: mehr und mehr wird der Barverkauf die den neuen Lebeus- verhältnissen zusagende Form, Das wird namentlich für die schöne Literatur gelten, aber in einigem Maß auch für die wissenschaftliche, vor allem die auf das weitre Interesse rechnende Hälfte, Es ist doch eine bemerkenswerte Tatsache, daß auch das »Warenhaus- begonnen hat, sich des Bücher handels zu bemächtigen. Und einen andern nicht ganz un beträchtlichen Teil hat der Kolportagebuchhändler an sich ge rissen, vor allem auch die großen Lieferungswerke, Unter diesen Umständen kann es fraglich erscheinen, ob die an sich bewunderungswürdige Organisation des deutschen Buchhandels auf die Dauer erhalten werden kann, Macht seine Erhaltung beständiges Steigen der Bücherpreise not wendig, dann wird der Tag kommen, wo sich der Verlags handel die Frage wird vorlegen müssen, ob er nicht mit wirksamem und wohlfeilern Mitteln als der alten Ansicht sendung, z, B, durch die Annoncen und das Zirkular, mit 637»
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