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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.08.1911
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1911-08-24
- Erscheinungsdatum
- 24.08.1911
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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186. 21. August 1SI1. Nichtamtlicher Teil. «öq-Ml-»d «!»>. 8477 nicht mehr zu übertrumpfendes Höchstgebot erreicht war. Wien wird von allen Buchhandlungs-Reisenden als Dorado gepriesen, denn seine Firmen kaufen gern und viel — zu viel, wie es scheint. Wie ergiebig mußte dieser Boden erst für die »Platzreisenden in Antiquaria« sein! Diese Herren erzielten Umsätze und Gewinne, um die sie jedes mittlere Sortiment beneiden konnte. Das blieb natürlich kein Geheimnis, und immer größer wurde die Zahl ehemaliger Angestellter, die zu »Sackreißern» wurden und mit vom Publikum gekauften Büchern von einem Buchhändler zum andern hausieren gingen. Natürlich wurde es den Herren immer schwerer, Material zu erlangen, und so müssen sie heute zu Mitteln greifen, die sie in Deutschland, wo das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb besteht, sofort in verhängnisvolle Schwierigkeiten bringen würden. Nicht nur daß sie sich in den Blättern mit dem Charakter von »Privaten», »amerikanischen Bibliotheken«, »Bibliophilen» usw. als Bücheikäufer empfehlen, denen »eine Karte genügt»; einzelne unter ihnen verleiten direkt zu un lauteren Geschäften, indem sie die Beamten in den Ämtern animieren, größere Werke auf Raten zu beziehen und sofort nach Erlag der ersten Rate an sie zu verkaufen, also Dar lehnsgeschäfte bedenklichster und wucherischster Art entrieren. Das alles ohne Konzession, oder auch nur des Surrogats einer solchen. Statt daß nun die Buchhändler diese Parasiten abschüttelten, kaufen sie von ihnen und gewähren ihnen so tiefe Einblicke in ihre Betriebe, daß die intelligenteren dieser Zwischenhändler langsam zum Berkehr auch mit dem kaufen den Publikum übergehen. Ich kenne einen Milchhändler, der alles und überall kauft und dessen Privatkundschaft, aus Bibliotheken, Vereinen und Bücherfreunden bestehend, ihm mindestens soviel einbiingt wie seine Verkäufe an Antiquare. Würden letztere von diesen Herren auch nur einen Monat lang nichts kaufen, so wären sie allesamt fertig, denn Be triebskapital hat keiner von ihnen und das Publikum würde wieder in die Läden treten, wenn es Bücher verkaufen will. Das Sortiment leidet entsetzlich unter der Konkurrenz von Agenten, die, obwohl der Handel mit Drucksachen im Umherziehen preßgesetzlich streng verboten ist, in den Ämtern Buchhandlungsgeschäfte in großem Stil betreiben. Scheinbar ist z. B. in den Ministerien der Zutritt jedem Agenten ver boten, in Wirklichkeit hat ein jedes seinen eingesührten »Kolporteur», der besonders zu Weihnachten den Rahm ab schöpft, indem er die teuersten und beliebtesten Werke ge bunden an die Beamten aller Kategorien absetzt. Nur von den Schulbüchern, bei denen der Buchhändler unweigerlich alljährlich ein schönes Stück Geld zusetzt, lassen diese -Kollegen» ihre Finger; die darf der Konzessionär, wenn möglich auf Jahreskonto, liefern. Ferner sind da etliche Herrschaften, die in den Blättern ganz offen als Buchhändler inserieren und Werke wie Lexika, Sang und Klang. Brehms Tierleben usw. gegen Monatsraten von 2 bis 3 L anbieten. Hetzt man die Be hörden auf sie, so erklären und »beweisen» sie, daß sie nur »Annahmestellen» für in- oder ausländische Reisebuchhand lungen betreiben und jede Bestellung diesen überweisen. Daß sie Werke wie die angeführten, wo irgend in annähernd tadellosem Zustande erhältlich, antiquarisch aufkaufen, um sie an Stelle von neuen unterzuschieben, verschweigen sie natürlich in weiser Zurückhaltung. Diese Verhältnisse werden noch verschlimmert durch die merkwürdige Erscheinung, daß große reichsdeulsche Verlags firmen den Bibliotheken mit großem Jahresetat direkt mit bis 50 Prozent liefern. Ich will heute und an dieser Stelle mit Beschuldigungen zuritckhalten und nur warnend erwähnen, daß ich eine Original-Rechnung in Händen habe, die beweist, daß eine große katholische Verlagsfirma einer Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 78. Jahrgang. hiesigen Vcreinsleihbibliothek mit vielen Filialen ihre Sammel werke zum Buchhändler-Vorzugs-Rabatt geliefert hat! Und eine andere große Vereinsbibliolhek widerrief vorige Woche einen mir erteilten großen Auftrag mit der Begründung, daß sie durch Vermittlung eines hiesigen Verlags-Gehilfen (!) alle Bücher von den Verlegern zum Buchhändler-Nettopreis erhalten werde. Auch über die Privatgeschäfte mancher An gestellter hiesiger Firmen ohne Ladenoerkehr könnte ich übrigens manch Erbauliches berichten. Ich erwähnte in meiner Ausführung gelegentlich auch der Konzessions-Surrogate, deren Existenz eine echt österrreichische Einrichtung zur Umgehung des Gesetzes ist. Wer in Wien durch gewisse Gassen der äußeren Beznks geht, findet Geschäfte, die man unbedingt für Buchhandlungen hält, denn ihre Schaufenster find mit Büchern vollgestopft. In Wirk lichkeit sind es Makulaturhandlungen. Ihre Besitzer haben nur einen Gewerbeschein für den Papierhandel. Diese Herren sind zwar verpflichtet, jedes Buch abzuwiegen und nach dem Gewicht zu verkaufen, aber erstens steht nirgends ge schrieben, wieviel das Kilo kosten darf (V- Kilogramm Freytag, Soll und Haben ist bedeutend teurer als 5 dx alte Gebetbücher), und zweitens gibt sich der Mann erst gar nicht so viel Mühe. Was kann ihm denn anderes passieren als daß er angezeigt und zu 3 I! Geldstrafe verurteilt wird? Jährlich 3 L Geldstrafe machen erst in 20 Jahren den Betrag der Einschreibegebühr für die Buchhändler-Korporation aus! Wenn ein solcher Herr zum Papierhandel-Gewerbeschein noch die Lizenz zum Vertrieb periodischer Druckschriften, ferner jene für Schulbücher, dann jene für Kalender, Gebet- und Wunschbücher, jene für Bilder- und Märchenbücher, Jugend schriften usw. und schließlich die »Teilkonzession» für populäre Literatur und Volkslieder erwirbt, gibt es überhaupt keinen Marktkommissär (das ist in Österreich kurioserweise die kompetente Stelle!), der infolge einer Anzeige wegen Über tretung des Preßgesetzes in Konzessionssachen einschritte, denn er kennt sich einfach nicht mehr aus, was mit den Lizenzen geführt werden darf und was nicht. Der größte buchhändlerische Betrieb ohne Konzession in Wien, die größte Konkurrenz für den an einen Laden gebundenen Detaillisten überhaupt, ist aber zweifellos das k. k. Versteigerungsamt! Unermeßlich ist der Schaden, der dem Buchhandel besonders zu gewissen Zeilen, wie Weihnachten, durch die allwöchentlichen Bücherversteigerungen im Rößler-Saale des -Dorotheums» zugefügt wird. Auch im Sommer, wenn alle Läden leer stehen, drängt sich dort das Publikum und zahlt für schön ge bundene Bücher, Klassiker und sogenannte »Brot-Artikel» oft über die Ladenpreise hinausgehende Beträge. Das Dorotheum wirkt aber gleichzeitig auch als Versatzamt un günstig ein. Es belehnt auch Bücher ohne eindringliche Frage nach der Herkunft. Daß im Buchhandel verhältnismäßig viel unbezahlt verschwindet, ist bekannt, und eine der am meisten diskutierten Handlungen unseres früheren Korporations- Vorstehers war die Herausgabe einer Mahnung an die Antiquare, nicht unvorsichtig und ohne Legitimation Bücher in auffallend großer Anzahl oder tadelloser Erhaltung an- zukaufen. Das k. k. Versatzamt belehnt Bücher in tadellosem Zustande in erster Linie. Der Beamte schreibt den Namen auf, den man ihm sagt oder die Nummer des Dienstmannes, der sie bringt. Keineswegs aus Leichtfertigkeit, sondern weil die Vorschrift es so von ihm verlangt. Somit wäre mein heutiger Schmerzensschrei aus geklungen. Möge er Widerhall finden bei jenen Faktoren, die berufen und in der Lage sind, zu helfen! Die deutschen Kollegen aber wollen daraus ersehen, daß es uns samt unserem Konzessionszwang nicht besser geht als ihnen; im Gegenteil, diese Verhältnisse sind für uns um so bedauerlicher, I2S2
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