Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.04.1923
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1923-04-19
- Erscheinungsdatum
- 19.04.1923
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19230419
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-192304192
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19230419
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1923
- Monat1923-04
- Tag1923-04-19
- Monat1923-04
- Jahr1923
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
,v »I, lg. April 1923. Redaktioneller Teil- Studium der Plakate hat, und da es den gleichen Satz auf den Packungen der Firma in den Läden und in den Schaufenstern immer wieder sieht, so liegt in diesem Appell an das Gedächtnis ein wesentlicher Teil des Erfolggeheimnisses der amerikanischen Reklame. Sehr nett wirkt auch der Reklamesatz der zu einer großen Gruppe zusammengeschlossenen Blrimenhändler: »8nv u «itd Ilorvsrsl« (»Sage es mit Blumen!«). Diese vereinigten Blumen« HLndlergeschäfte — es handelt sich um 3009 Mitglieder mit je einem oder mehreren Ladengeschäften — haben übrigens auch die Einrichtung getroffen, daß man in jedem einzelnen Geschäfte eine Bestellung aufgeben kann, die, infolge straffer Organisation und telephonischer Abmachungen, unter Garantie innerhalb zweier Stunden in jeder beliebigen Stadt der Vereinigten Staaten und Kanadas ausgeführt wird. Der Baumwollmann aus New Orleans, drei Tagereisen von New Jork entfernt, kann also, wenn er mor gens um 8 Uhr aus dem New Uorker Hotel kommt und beim näch sten Blumenhändler eine Bestellung aufgibt, sicher sein, daß seiner Gattin kurz vor ihrem Erwachen ein duftender Gruß ihres fernen Ehemannes überreicht wird. Also ehemännliche Reklame! . . . Auch die Sucht des Amerikaners, alles schnell zu erledigen, gibt Anlaß zu vielen Plakaten, die mit dem persönlichen Appell beginnen: »Spare deine Zeit und tu« dies oder das«. Immer wieder und überall zeigt sich, wie wirksam dieses argumentum nck bominem, der direkte Appell an den Menschen selbst, der bei seinem persönlichen Interesse gefaßt wird, ist und der weit besser wirkt, alz nur der trockene mechanisch« Hinweis aus die Qualität der Ware. »Wandle deinen Schreibtisch nicht in ein Bett um und dein Bett nicht in einen Schreibtisch!« so beginnt eine im ganzen Lande großzügig verbreitete Reklame, die der Geschäftsmann unwillkür lich rpit Interesse liest, um dann zum Schluß auf die Empfehlung eines Ersatzgetränkes für Kaffee zu stoßen, das ihn vor Schlaf losigkeit bewahren soll. In Amerika sieht man auch besonders deutlich die Wahrheit der Behauptung, daß unwillkürlich das Schönheitsideal eines Volkes sich in seinen Reklamen widerspiegele. So kann man z. B. bei allen Anzeigen für Herrenartikel und für Zigaretten das Bild eines rotbäckigen, kraftstrotzenden, blonden jungen Ame rikaners mit scharf geschnittenen Zügen, lachenden Augen und kühnem Munde sehen; ganz so wie das Volk sich seinen besten Typ vorstellt. Selbstverständlich spielt auch das Porträt der jun gen schlanken Amerikanerin angelsächsischen Typs mit lichtgrauen Augen und hellblondem Haar «ine große Rolle. Eine Art sozusagen patriotischer Reklame möchte ich zum Schluß nicht unerwähnt lassen. Sie patzt ausgezeichnet in das Gefüge eines jungen Landes hinein, dessen oft überschäu mender starker Patriotismus und nicht selten Chauvinismus das ganze öffentliche Leben durchzieht und in dem die Kritik an den eigenen bodenständigen Einrichtungen außerordentlich mißliebig ist. Der in jeder Stadt arbeitende »Rotary-Club«, der sich aus Repräsentanten aller in der Stadt bestehenden Gewerbezweige, der Handwerker, Geschäftsleute ebensogut wie der Ärzte, Rechts anwälte und Apotheker zusammensetzt, tritt mit einer ganzen An zahl von anfeuernden Plakaten hervor. Aus einem der belebtesten Plätze New Jorks sah ich ein Schild von halber Größe eines Ber liner Hauses aufgestellt, gleichsam wie eine Insel im brandenden Verkehrsmeer, von dem dieser Klub die Worte an die Stadt rich tete, die ich dann später auch in Hunderten von Geschäften auf kleineren Zetteln an den Schaufenstern kleben sah: »Dies ist unser Land, deines -und meines. Wir haben für es gejochten, nun laßt uns für es arbeiten!« Und wieder an einer anderen Stelle wird von eben demselben Klub zur Hebung der sinkenden Kauf- und Unternehmungslust dem zögernden Geschäftsmann in riesigen Dachpla-katen zugerufcn: »Kaufe, baue, unternimm etwas und schaff«'so eine Arbeitsmöglichkeit für jedermann!« llnd: Warum sollte nicht wirklich -ein solches Plakat, herab leuchtend -von 189 Meter Höhe, dem vorübergehend mutlos ge wordenen, durch Fehlschläge um seine Arbeitslust gebrachten Ge schäftsmann einen gehörigen Stotz geben, ihn ansrütteln und seine Nerven erneut auspeitschen? Auf daß er noch einmal alle Kräfte zusammennimmt, die Zähne zufammenbeitzt und sich — ein zu allem entschlossener Schwimmer — von neuem in den Strudel des Geschäftslebens wirft. »Susinsss ürst! Der Uankee läßt sich nicht unterkriegen I» Zum Kapitel: Reklame im Buchhandel. Von Max Koch in Leipzig. Der bekannte Dichter ArturBr-iusewetter hat in meinem Aufträge für die Reihe meiner Lebensbücher einen neuen Band unter dem Titel »Freuden des Lebens« geschrieben: ich gab dabei insbesondere die Anregung zu dem folgenden Kapitel »Mein Buchhändler«, das mit seinen Grundgedanken: »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Die Seele braucht ihre Nahrung wie der Körper. Für ein gutes Buch sollte man vieles opfern, sollte man unter Umständen hungern un-d- dürsten können« recht geeignet ist, in vornehm zurückhaltender Weise ausktärcnd und aus- mnnlernd zu wirken. Bei der großen Verbreitung, die die Lebcnsbüchcr von Artur Brau- sewctter si-nden, dürfte jcdensatls die Wirkung nicht ausbleiben, aber man könnte darüber hinaus erwägen, ob man diesen Artikel aus der Feder eines in der breiten Öffentlichkeit bekannten Dichters nicht noch als Sonderdruck dem Buchhandel zur Verbreitung in die Hände geben iotlte. Lassen wir nun den Dichter sprechen: Mein Buchhändler. Von Artur Brauseivetter. »Mein Buchhändler.« Diese Bezeichnung, und sie ganz allein, charakterisiert bas rechte Verhältnis des Kunden zu seinem Buchhändler, übrigens ist »Kunde« hier nicht das Passende, es ist vielmehr in -diesem Zusammenhänge ein häßliches Wort. Denn der Buchhändler und der Büchersuchende stehen sich nicht wie Kausmann Mid Käuscr, sondern wie Anwalt und Schutz befohlener, wie Ratsuchender und Raterleilender gegenüber. Ein Buch ist keine Ware, sondern ein Ding, dem eine Seele inne wohnt. Es ist kein toter Gegenstand, sonder» ein lebendes Wesen. Und es ist vor allem der beste und zuverlässigste Freund, den ein Mensch haben kann. Der Buchhändler aber ist der Hüter dieser lebenden Dinge, dieser sprechenden Seelen. Er wacht über sic, wählt sie aus und gibt sie je »ach ihrer Art und Wesen dem Wescnsverwandien in die Hand. Der Buchhändler ist gewöhnlich ein seiner Menschenkenner. Er blickt in das Herz der Leute, kennt ihren Geschmack und ihre Richtung; indem er weiß, was sie lesen, weiß er, was sie sind. Freilich, es gibt auch Bücher, die gar keine Bücher sind. Genau so wie es Menschen gibt, die gar keine Menschen sind. Und es gibt Bücher, die eine besteckte Seele haben. Geradeso wieder wie bei den Menschen. Auch die kennt der Buchhändler, und er macht bald die Erfahrung, daß Menschen, die keine Menschen sind, stets die Bücher wünschen, die keine Bücher sind. Und bei den Büchern mit der besteckte» Seele findet dasselbe Verhältnis statt. Auch hier gesellt sich Gleich gerne zu Gleich, wie überall im Leben. Vielleicht blickt keiner so in die Gründe der menschlichen Seele hinein wie der Buchhändler. Darm» ist er auch der Seelsorger aller derer, die ein Buch lieben und suchen. Und selbst der Kenner guter Werke, ja, der Hochgebildete und Gelehrte sind auf »ihren« Buchhändler angewiesen und sreue» sich, wenn sie einen gefunden haben, dem sie ihr unbedingtes Vertrauen ent- gegenbringen können. Aber mehr ist der Buchhändler: ein Erzieher. Indem er zum Vermittler zwischen Dichter und Publikum, zwischen Buch und Leser wird, ist es in seine Hand gelegt, Las Gute zu fördern, das Schlechte zu unterdrücken, den Geschmack der Menschen zu bilden, ihr Urteil zu läutern. Und wenn er es weise und mit Liebe ansängt, dann wird cs ihm, klein und scheinbar unbeabsichtigt beginnend, nicht schwer satten, auch solche Leser, deren Geschmack ungebildet oder verbildet ist, allmäh lich zici einer besseren Richtung, zu einer höheren Höhe ästhetischen und ethischen Wohlgefallens zu führen. Die Menschen find ja gar nicht von Natur so geschaffen, daß s!e nnr das Mittelmäßige oder gar das Schlechte wollen, Scheinen sie es oft, so liegt das daran, daß man sich nie die Mühe gemacht hat, ihnen die Augen zu öffnen, sie nie ein wenig bei der Hand genommen, sie zwischen Gutem und Schlechtem unterscheiden zu lehren. Keiner kann das so gut wie der Buchhändler. Das macht ihn nicht nur znni Freilvde, sondern zum Führer der Menschen. Ja, cs macht ihn zu etwas Größerem: zu einem Kulturträger. Denn das Steigen und Fallen unserer Kultur hängt vom Buche ab. Das Buch ist der Bringer und Verbreiter aller Kultur. Lesen die Menschen erst schlechte Bücher, lesen sic gar keine mehr, so sinkt natur- notwendig die Kultur tiefer und tiefer. Was uns ln Deutschland heute zuallererst nottut, ist der zielbe- wnßte Aufbau einer idealistischen Weltanschauung. Denn cs ist außer jedem Zweifel-, daß unser Volk in viel höherem Maße als durch viele 523
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder