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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.12.1911
- Strukturtyp
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- 1911-12-06
- Erscheinungsdatum
- 06.12.1911
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- Deutsch
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288, 6. Dezember 1S1I. Nichtamtlicher Teil, virlmbl-ll >. d. Dtlchn. »uchhand-l. IS419 Bnchhändlerische Fürsorgeerziehung. Man hat in unserer Zeit mit Recht darüber geklagt, daß sie wohl reich an Personen, aber desto ärmer an Persönlich keiten sei. Auch der Buchhandel macht davon keine Ausnahme und läßt sich bald von dieser, bald von jener Klique ins Schlepp tau nehmen, ohne lange zu prüfen, ob sich die halb freiwillige, halb gezwungene Gefolgschaft auch mit der Würde unseres Standes und den ihm berufsmäßig zugewiesenen Aufgaben verträgt. Ja nicht selten erfolgt der Anschluß an die oder jene Koterie gegen die eigene Überzeugung, allein in der Annahme, daß man sich von der jeweils herrschenden Strömung tragen lassen müsse, weil es be quemer sei, ihr zu folgen als gegen den Strom zu schwimmen. Wenn nun gar die Geistlichkeit oder die Lehrerschaft den Wind macht, der unser Schifflein an die Gestade menschlicher Glück, seligkeit tragen soll, so sind wir nur allzu leicht geneigt, aus Furcht, es mit diesen Kreisen zu verderben, diesen Wind in unsere Segel einzufangen und die vorgeschriebene Flagge mit dem neuen Losungswort zu hissen. Ein solches scheinbar funkel nagelneues, in Wirklichkeit aber recht altes Losungswort ist der Kampf gegen den Schund und Schmutz in der Literatur. Denn in diesem Zeichen hat der Börsenverein seit Beginn seiner Tätig keit gestanden, wenn der Kampf auch weniger geräuschvoll in Szene gesetzt worden ist als das gegenwärtig für notwendig erachtet wird. Ihm gilt noch heute der beste Teil der Berufsarbeit aller, die als erste Voraussetzung einer ersprießlichen Pionierarbeit des Buch handels die Unterscheidung zwischen echt und unecht, zwischen Fabrikations- und Qualitätsware ansehen. Soweit uns dabei die Unterstützung von Vereinen und Verbänden, von der Geist lichkeit, den Lehrern und der Presse zuteil wird, haben wir sie dankbar und freudig willkommen geheißen. Kann es doch nicht Helfer genug in dem Kampfe gegen Mittelmäßigkeit und Schund, nicht genug Förderer des Guten und Schönen auf literarischem und künstlerischem Gebiete geben! Denn wenn — um einen bekannten Ausspruch zu zitieren — Bücher auch nicht gut oder schlecht machen, besser oder schlechter machen sie doch. Und schon um dieser Wandlung willen, die sie bewirken können, liegt es im Interesse des Buch handels, alle auf eine Gesundung unseres Literaturlebens ge richteten Bestrebungen zu unterstützen. Die Entwicklung der Dinge hat indes gezeigt, daß man sich oft die Helfer und ihre Dienste etwas genauer ansehen muß, ehe man mit ihnen gemeinsame Sache macht. Denn nicht nur, daß oft der fremde Schund durch den eigenen ersetzt werden soll und der sogenannte »Kampf um den Schund und Schmutz« nur als Aushängeschild für rein egoistische Zwecke dient, ist es auch mit der Fähigkeit, über literarische Dinge zu ur teilen, meist recht übel selbst in den Kreisen bestellt, an deren gutem Willen und reinen Absichten nicht zu zweifeln ist. Glaubt doch jeder, der ein Buch lesen kann, auch Urteilsfähigkeit genug zu besitzen, dessen künstlerische und sittliche Qualitäten richtig einschätzen und ihre Wirkung auf die Allgemeinheit be stimmen zu können. Während von jedem Handwerker, von jedem Künstler, der zu einer Sache das Wort ergreift, verlangt wird, daß er das Metier kennt, sind die meist ausschließlich mit Gefühls werten operierenden Vereinstanten männlichen und weiblichen Ge schlechts, fern von Welt und Leben stehend, in ihrem Urteil durchaus souverän und vonkeines Gedankens Blässe angekränkelt. Wie es eine Zeitlang zum guten Ton gehörte, die moralischen Qualitäten der Negerkinder durch Zuwendung wollener Unterkleider und Strickstrümpfe von Vereins wegen zu verbessern, so hat sich die neueste Vereinsmode der eigenen Volksgenossen ange nommen, um ihre moralischen Blößen mit den Feigenblättern veilchenblauer, jenseits von Gut und Böse blühender Literatur gewächse zu bedecken. Würde sich ihre Fürsorge lediglich auf die Armen im Geiste erstrecken, so könnte man sich diese Bestrebungen zur Not noch gefallen lassen. Aber die meisten dieser Damen und Herren, denen die ganze Sache oft nur ein angenehmer Zeitvertreib bedeutet, würden glauben, sich einer Pflichtvergessenheit schuldig zu machen, wenn sie ihre sitt lichen Forderungen nicht auch auf jene Kreise auszudehnen suchten, die das Recht auf ein eigenes Urteil über literarische Dinge nicht aus der Unbefangenheit einer schönen, von keinerlei Sachkenntnis getrübten Seele, sondern aus ihrer sittlichen und geistigen Reife herleiten. Wenn nun aber gar, wie in dem weiter unten bezeichneten Falle, von dem Sortiment verlangt wird, daß es sich mit Haut und Haaren einem Vereine verschreiben soll, der, wenn auch vielleicht von den besten Absichten geleitet, mit dem Ansprüche auftritt, den Verkauf von Büchern und Schriften von seiner Ge nehmigung abhängig zu machen, ohne dazu irgendwie legitimiert zu sein, so wird man diese Fürsorgeerziehung mit aller Energie, sowohl im eigenen Interesse wie auch in dem des Publi- kums, zurückweisen müssen. Das ist denn auch seitens der Königsberger Firmen mit nicht mißzuverstehender Deutlich, keit geschehen, und wir freuen uns, dieses Dokument, das als Inserat allen größeren Königsberger Zeitungen zugegangen ist, hier abdrucken zu können als ein Zeichen dafür, daß man auch in unserer Zeit noch des alten Spruches: »Wer frei sein will, muß führen das Schwert« eingedenk ist. Und diese Freude soll uns auch nicht dadurch vergällt werden, daß ein paar Firmen es für gut befunden haben, sich dem Protest nicht anzuschließen, auf ein eigenes Urteil zu verzichten und ihre Tätigkeit von Ver- eins wegen abstempeln zu lassen. öffentlicher Protest im Kampf gegen Schund- und Schmutzliteratur. Die hiesige Kommission zur Bekämpfung der Schundliteratur geht mit der Absicht um, ein Plakat herzustellen, das durch öffentlichen Aushang den Kauf guter, billiger Bücher fördern soll. Sie stellt den Unterzeichneten, altangesessenen Königsberger Buchhändlern, die, der hohen Aufgabe und der Verantwortung ihres Berufes bewußt, es für sich in Anspruch nehmen, ihre Geschäfte von Schund- und Schmutzliteratur rein gehalten zu haben (deren einzelne bereits vor nahezu einem Jahrzehnt durch Sonderausstellungen die Auf- merksamkeit auf gute und billige Jugend- und Volksliteratur hinlenkten), das Plakat für ihre Schaufenster zur Verfügung mit dem Ansinnen, folgenden Revers zu unterzeichnen: Kommission zur Bekämpfung der Schundliteratur. »Der Unterzeichnete bekennt durch seine Unterschrift, ein Exemplar des Plakates der Kommission zur Bekämpfung der Schundliteratur empfangen und gleichzeitig die Ver- pflichtung übernommen zu haben, solche Bücher und Abbil dungen in seinen Schaufenstern und Verkaufsläden nicht auszu- legen, welche nach dem Urteile der oben bezeichneten Kom mission (!) sittlich anstößig oder sonst (!) eine schädliche Wirkung zu üben geeignet sind. Dem Unterzeichneten ist bekannt, daß die Kommission im Falle eines Verfehlens gegen seine Verpflichtung das Plakat zurückfordern darf und sich weitere Schritte, insbesondere die Veröffentlichung des Tatbestandes oorbehält.« (!) Dieses Verlangen der Kommission, welches unserm Dafür- halten nach eine ungeheuerliche Beschränkung der persönlichen Freiheit des Kaufmanns darstellt, pieisen wir hiermit zurück und unterbreiten es dem Urteile aller Bücherkäufer. In der Sitzung des Deutschen Reichstages vom 15. März d. I. äußerte sich gelegentlich der Beratung des Etats für das Reichs amt des Innern bei Besprechung der Schund- und Schmutz. Uteratur-Frage der Herr Stellvertreter des Reichskanzlers, Staats sekretär des Innern, Staatsminister Dr Delbrück, nach dem stenographischen Protokoll wie folgt: » Das Reichsjustizamt, das ja hier in erster Linie zuständig sein würde, hat eine kommissarische Be- ratung eingeleitet, um festzustellen, inwieweit auf dem Wege der Gesetzgebung zur Bekämpfung dieser Mißstände etwas geschehen könnte. Das Ergebnis dieser Verhand lungen ist gewesen, daß, soweit die Schmutzliteratur, also die unsittliche Literatur mit ihren Begleiterscheinungen in Frage kommt, die bestehende Gesetzgebung genügt, wenn sie mit der nötigen Energie und Schärfe zur Anwendung gebracht wird . . . Was die beinahe ebenso bedenkliche Frage der Schundliteratur betrifft, so ist hier ein gesetzliches Ein- schreiten, wie das auch bei den Verhandlungen des Justiz- Ressorts bestätigt worden ist, um deswillen schwierig, weil es außerordentlich schwer ist, den Begriff der Schund literatur festzustellen. Meine Herren, wer von Ihnen die Ausstellung besucht hat, die vor einigen Monaten 1SV5*
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