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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.12.1911
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1911-12-08
- Erscheinungsdatum
- 08.12.1911
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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285, 8. Dezember 1911. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhaitbcl. 15521 unserer Ausstellung sieht man auch die geometrisch kon struierte neudeutsche Schrift von Otto Hupp, die von der Schriftgießerei Genzsch L Heyse in Hamburg und München geschnitten wurde, das Georg Schillerschs -Nendeutsch-, das die Reichsdrucksrei herausgab und das m. W. zuerst in dem Pariser Weltausstellungskatalog 1900 zur Anwendung kam. Heute sieht man es kaum mehr. Bei manchen der neueren Schriften findet man auffallend wenig Gefühl für Symmetrie. In der Gutenbergschrift ist ein Grundstrich stets gleich weit von dem anderen ent fernt, und um dieses Ziel zu erreichen, hat der Erfinder rechts oder links ausladende Buchstaben abgeschliffen, wenn sonst die Gleichheit des Abstandes nicht erreicht wurde. Da rauf beruht zum großen Teil der schöne Eindruck, den z. B. eine Seite der 42zeiligen Bibel bietet. Die Tiemann- Schrift entbehrt völlig dieser Symmetrie, und zeigt z. B. schmale k und 8 neben breiten 8 und 0. Derartiges stößt mehrfach ab, denn es gibt unschöne Wortbilder. Lucian Bernhard in Charlottsnburg, der hier durch eine große Zahl von teilweise originellen Titelzeichnungen vertreten ist, hat sich nicht daran gestoßen, mehrere Majuskeln in seine Schrift zu komponieren, die ganz aus seinem Stil hinausfallen. Auch in der Ehmkeschrift zeigt sich, besonders in Titelschristen, manche Absonderlichkeit. Offenbar um den Buchstaben in der Breite einzuschränken, hat Ehmke die Antiqua-Majuskel L zu einem Scheusal gestaltet und das -L.> mit seinen Punkten neben dem aufrechtstehenden Spieß sieht eher wie ein chine sischer, als wie ein lateinischer oder »deutscher» Buchstabe aus. In Ehmkes meisten Majuskelnist alles bewußt unsymmetrisch: Die Köpfe des 8, 8, 8 sind unverhältnismäßig, die wage rechten Striche des 8, L, L, 8 sitzen entweder zu hoch oder zu tief. Seine Textschrift aber ist mager, schwindsüchtig. Die Kochfraktur ist eine erwünschte Vereinfachung und doch — ich habe kürzlich ein ganzes Buch »Koch« gelesen — sie liest sich nicht angenehm infolge der scharfen Kanten und Ecken, woran man hängen zu bleiben fürchtet. Auch die Initialen, die mit ihren Schwänzen nach oben und unten austreten und stechen, machen den Eindruck wildgewordener Indianer. Es ist in der Tat nicht alles schön, was neu und von einem Professor entworfen ist; das sieht man auch hier, und cs erinnert mich an meinen Besuch des Kannenbäckeilandes vor einigen Sommern. Dieses Land liegt etwas abseits vom Rhein, auf dem Westerwald bei Koblenz, seine Hauptorte! sind Grenzhausen, Höhr und Hillschsid. Ich durchwanderte eine der Höhrer Töpfer-Fabriken, die seit Jahrhunderten einen weiten Ruf genießen. Da kam ich an hohen Töpfen vor über, die mehr Röhren glichen. Ich fragte meinen Begleiter, was das denn sei, und er belehrte mich, es wären Schirm ständer. Die hätte er von einem Professor — er nannte einen bekannten Namen — entwerfen lassen! Vergeblich strengte ich meinen Verstand an, um zu enträtseln, was an dieser scheußlichen Röhre, die von außen nur mit einem Schlangenstrich verziert war, zu entwerfen war. Und langsam ging mir die Erkenntnis auf, daß die Menschen sich viel gefallen lassen, wenn ein Professor sie düpiert. Eine Samm lung professoraler Geschmacklosigkeiten in der Schrift hat F. Soennecken in seiner jüngst erschienenen Broschüre »Zur Schristfrage« zusammengestellt. Jedenfalls ist das, was wir in dieser Ausstellung in der Haiduk-Antiqua lesen, beherzigenswert: »Die Buch schrift soll sämtliche Vorzüge einer gediegenen Schrift in sich vereinen. Bei der Antiqua ist es klassische Schönheit, die wir zuerst verlangen. Denn sie allein hat die Jahrhunderte überdauert. Darum sollten Klarheit und Lesbarkeit nicht zugunsten einiger originellen Ausladungen unterdrückt werden. Eine Buchschrift darf keine Modeschöpfung mit den Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 7S. Jahrgang. vergänglichen Zeichen des Tages sein. Was nicht veraltet, behält seinen Wert.» Es ist viel Schönes und Interessantes in dieser Aus stellung; die Tiemann, Haiduk und andere Schriften gäben Veranlassung zu noch manchen Bemerkungen, die aber hier zu weit führen würden. Die Buchbinderei, die Buch- Umschlag- und -Jllustrationskunst beansprucht in der Aus stellung noch einen großen Raum. Es sind ihrer zu viele, die erwähnt werden müßten, um den Anfang damit zu machen. Auch hier findet sich Schönes und direkt Häßliches nebeneinander, wenigstens sür meinen Geschmack. Andere wird es vielleicht geben, die die Ausdrücke miteinander vertauschen! Nach der Fülle der Veröffentlichungen über Kleist aus Anlaß der 100. Wiederkehr seines Todestages zu urteilen, mußte man ein großes Interesse im Volke sür den unglück lichen Dichter ooraussetzen. Unsere Theater veranstalteten auch Kleift-Festvorstellungen, aber von einem außergewöhn lichen Besuch konnte man durchaus nichts merken. Das Schauspielhaus feierte ihn vor der Aufführung des »Käthchen von Heilbronn« in einem Prolog — es ist das gute Recht der Prologe, schwülstig zu sein —, worin viel die Rede war von unserer Liebe zu dem Dichter und zu seinem Sieg, und im Deutschen Theater gingen dem köstlichen »Zerbrochenen Krug« Rezitationen aus unbekannteren Äußerungen — Kleists Briefen usw. — voran. Kleist ist zwar zum Klassiker ernannt worden, Herbert Eulenberg hat in der Frankfurter Zeitung ausgeführt, was eigentlich das deutsche Volk alles tun müsse, um ihn an seinem Todestags richtig zu ehren — und er verlangte ziemlich viel — aber bekannt ist der Dichter im Volke mit Nichten. Als ich vor zwei Jahren sein Grab am Wannsee besuchte, da zeigte mir der Zustand des ver wachsenen Pfades, der dorthin führt, daß Deutsche diese Stätte, die in unmittelbarer Nähe besuchter großer Restaurants liegt, weniger aufsuchen als das Grab Heinrich Heines auf dem Montmartre. Dort hält man es für guten Geschmack, seine Visitenkarte zurückzulasssn, was den Dichter im Elysium jedenfalls schon zu mancher beißenden Satire Anlaß gegeben hat. Kleists Grab ist jetzt vom preußischen Staat' über nommen worden, der dazu alle Veranlassung hatte; denn Kleist ist der größte Dichter, den das preußische Junkertum unserer Literatur geschenkt hat. Ob auch in der allgemeinen Wert schätzung des Dichters eine nachhaltige Änderung eintritt, muß erst die Zukunft lehren. Bei uns tut man das Mög liche dafür; der Dramaturg unserer Theater, vr. Simchowitz, hat einen unentgeltlichen Sonntags-Vortragskucs über Kleist begonnen, dessen erster Vortrag von 1200 Personen besucht war. Die Vormachtstellung, die Köln jahrzehntelang in der ganzen letzten Hälfte des 19. Jahrhunderts in bezug auf hervorragende Kunstversteigerungen in Deutschland behauptet hat, ist zwar jetzt von Berlin bestritten worden, aber gleich wohl behält die rheinische Metropole noch jetzt große Be deutung in dieser Beziehung. Hier war es -der alte Lempsrtz«, der die Firma I. M. Heberte selbst über die deutschen Grenzen hinaus bekannt gemacht hat. Er war ein Beispiel dafür, daß man auch als Autodidakt, ohne höhere Schulbildung ein bedeutender Mann werden kann. Von Düsseldorf kommend, gründete Heberle 1802 als Achtund- zwanzigjähriger in Köln eine Druckerei und später ein Antiquargeschäft, dessen erste Versteigerung am 12. August 1811, also vor hundert Jahren stattfand. In die Druckerei trat 1830 ein junger Kölner, der vierzehnjährige Heinrich Lempertz, aus der Tertia als Setzer ein, der sechs Jahre später sine heute noch beachtenswerte Abhandlung über den Drucker der Kölnischen Bibel veröffentlichte. Das Sammeln von Monogrammen, Wappen und Insignien der Buchdrucker und Verleger war ihm früh zur Freude geworden, wie er in soos
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