18890 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Fertige Bücher. 28K, 9. Dezember 1911. Albert Langen Verlag für Litteratur und Kunst München Für die Weihnachtszeit sei nochmals empfohlen Ludwig Thoma Der Wittiber Ein Bauernroman Buchschmuck von Prof. Ignatius Taschner. 10. Auflage. Geheftet 4 Mark, in Leinen 5 Mark 50 Pf., in Lalbfranz 7 Mark. Die ersten Besprechungen: Breslauer Zeitung: Am es gleich vorweg zu sagen: hier tritt wieder, zum zweiten Mal, der große Thoma, der urwüchsige Schöpfer des Andreas Vöst auf den Plan.... Der „Wittiber", Ludwig Thomas neuester Roman, ist trotz seines schlichten Vorwurfes zu einem imposanten modernen, deutschen Epos emporgewachsen. Es ist eines jener wenigen Bücher, die den Leser innerlich bereichern und ihm seelische Welten erschließen, die er kaum ahnen konnte... Das am meisten zu Bewundernde an dieser dichterischen Leistung ist Thomas meisterhaftes Beherrschen der bäurischen Sprache. Nicht in dem Sinne der uns zum Ekel gewordenen sogenannten Leimatkunst, deren schmachtlappige, sentimentale Akzente alljährlich von wichtigtuerischen Entdeckern beinahe provinzmäßig proklamiert werden; nein, hier hat ein größeres Können gewaltet, als das der Familienblattautoren, die mit albernen dialektischen Schnörkeln, mit Mutting und Vating allzu billige waterkantische Leimatkunst treiben. Lier hat einer aus einer kargen, würzigen Sprache das Letzte heraus geholt, was sie zu bieten hat, nicht äußerlichen, koketten Tand, sondern das seelische Arwesen der Menschen, die sie sprechen. Neue Freie Presse, Wien: Eine bäuerliche Schicksal tragödie in harter Albrecht Dürerscher Lolzschnitt- manier.... Es ist kein Salonbauerntum, mit dem Thoma tändelt, seinen Romanen und Novellen aus dem ländlichen Milieu ist stets der bleibende Wert zeitgenössischer Kultur bilder nachzurühmen. Die Welt am Montag, Berlin: Thoma ist mit diesem Roman wieder in das bäuerliche Milieu gedrungen, in dem sein prächtiger „Andreas Vöst" wurzelt. Einfache Menschen sind da zu Lause, wenig kompliziert ist ihre Psyche, derb und gradlinig lenkt sie das Schicksal. Aber es ist Menschen schicksal, packend, die Leben durch ein anderrüttelnd und von einer Tragik, die durch die Urwüchsig! eit ihrer Ob jekte nur um so erschütternder wirkt. Was für eine einfache Landlung: ein verwitweterBauersteigt halbbetrunken einmalin die Kammer seiner Dienstmagd, eines robusten Mädels, aus Arbeits wille und Gutmütigkeit zusammengesetzt; die Tochter entdeckt den Fehltritt des Vaters und hetzt auch den Sohn auf gegen die „Schande"; und nun ergibt sich aus den natürlichen materiellen Verkettungen dieser vier Personen ein Konflikt, der mit einem Morde endigt. Die Erzählung, im Dialog von gemäßigtem Dialekt, zeichnet sich durch jene Schlichtheit der Sprache aus, die wir bereits von Thomas früheren Bauernromanen her kennen. Unter den zahllosen Produktionen der „modernen" Roman-Industrie ist die Lektüre geradezu eine Erholung, ein Lauch kräftigen Landruchs inmitten einer süßlichen Salonatmosphäre. Bund, Bern: Das alles istsehr einfach und doch wahrhaft ergreifend erzählt, oder besser gesagt, vorgebracht, denn drei Viertel des Romans bestehen in mehr oder weniger erregten Mechselreden und dramatisch geschauten Szenen. Ein geschickter Regisseur könnte mit wenigen Änderungen den ganzen Roman auf der Bühne spielen lassen. . .. Und so ist denn auch der Gesamteindruck des Buches: wie ein Erlebnis. Bezugsbedingungen: i. R. mit 25°/», bar mit 33nA>, 7/6. Wir bitten zu bestellen. Albert Langen, München. München, den 7. Dezember 1911.