X- 286, 6. Dezember 1824. Lerttgc Bücher. »ör,°ndl°il,, d, Dtschn, «uchh-°d-i. 1831g Neue Züricher Zeitung: Jakob Wassermann ist unter den Deutschen der einzige, den das Vorbaben beflügelt, den Roman unserer Generation zu schreiben. Während andere Hölderlins Schicksalslicd kontemplicren und auswendig lernen, ist Wassermanns Lehre: Dieses Lied, lernt es doch inwendig! Wir haben's erlebt in dieser entstcrnten letzten Zeit! Das Lied muß übersetzt werden in unsere schicksalhaltigen Wirklichkeiten! Die Lebenssubstanz ist so groß in Wassermanns Romanen, daß der Schluß eines Romanes immer wieder das weite Feld für einen neuen Roman eröffnet, das len re Blatt immer wieder in der Kettenfolge der Schicksale das erste eines neuen Buches ist. Das sind die Kraftäußerungen einer wahren epischen Potenz. Ienacr Li teratu rze > t» ng: Viel tiefer und mit nicht geringerer Meisterschaft har Wassermann in seinem Roman „Fabcr" unsere Zeit und ihre Nöte geschildert. Und mitten im Rahmen dieser Welt der Schieber und Beutemacher, der korrekten Nationalen und der flammenden Kommunisten, der Genußsucht und einer neuen Frömmigkeit unendlicher Menschenliebe liehen zwei Menschen mit ihrer ganz besonderen Not: der nach vieljähriger Gefangen schaft heimkehrende Mann und seine im Krieg langsam zu eigener Kraft und Wesen heit emporgewachsene Frau. Wie diese beiden Menschen unter tiefsten Qualen dorr nicht mehr anfangen können, wo sie aufgehört haben und doch durch alle Schmerzen biS zum Wahnsinn hin sich wieder zusammen finden werden, das hat hier ein großer Herzenskündiger hinreißend und erschütternd gemalt, Hamburger Fremdenbiacr Wassermann verpflichtet sich einer Kunst der Seelenzergüederung, die heute m Deutschland kaum ihresgleichen hat. Er betrachtet die Welt, deren Leidenschaft, Angst und Sehnsucht auch ihn gebildet haben, mit einem fast fanatischen Spürsinn. Der Schöpferrausch des großen Chirurgen, unter dessen Händen sich das Lebendige zerreilen und lenken läßt, ist in seinen Romanen Sprache geworden. Die psychologische Dar stcllungsart gilt heute als veraltet, weil sie sich an abseitige Konflikte und belanglose Charaktere zu verlieren pflegt. Wassermann, der sich seiner künstlerischen Mission als Gewissen der Gegenwart in hohem Maße bewußt ist, belvcift ihre lebendige Kraft mit icdem neucnWerk. Er, der die Fünfzig schon überschritten hat, ist von jener altmcisterlichen Beschaulichkeit, zu der sich andere große Romanziers der Deutschen heute bekennen, noch sehr weit entfernt. Die Kunst der Erzählung, die über dem vielen Plaudern, Spintisieren und Lallen verloren zu gehen droht, ist noch fruchtbar und gegenwärtig, so lange sich Könner und Missende vom Range Wassermanns um sic bemühen. K. Fgschrr -H7rr!ag - Lerlin -VusIietMing: l.eipriß-ti., N»tick>-m8trklNk g2 G 2427*