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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.10.1911
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1911-10-26
- Erscheinungsdatum
- 26.10.1911
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- Deutsch
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12884 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Fertige Bücher. 250. 26 Oktober Adolf Bonz L Comp., Verlagsbuchhandlung, Stuttgart. Der Einzige auf der weiten Welt Ein Menschenleben von Karl Bienenstein Oktav. Geheftet M. 2.5V ord., M. l.75 netto, M. l.SV bar <II/I0>. Elegant gebunden M. 36V ord, M. 25V netto, M. 2.35 bar <Il/lv>. Fr. Liinmelbauer schreibt in der Ostdeutschen Rundschau über dieses gehaltvolle Buch: Ein Roman von Karl Bienenstein. Ein Roman von Karl Bienenstein. Ich habe mir's in den Kopf gesetzt, so muß die Überschrift des Zeitungsartikels heißen, der dieses echte und reine Dichterwerk an^eigt. Und eigentlich soll das ganz marktschreierisch aussehen. Denn für ein so stilles und dabei so reiches Buch, das selber gar keinen Lärm zu machen versteht, müssen die Lärm machen, die es, ruhig genießend, in seinem Wert erkannt haben Sonst wird es von der Masse des Minderwertigen hinweggeschwemmt, das ganz andere Lockrufe hat, als im Register eines Dichters erklingen. Und so rufe ich und wollte, ich hätte dazu die Stimme eines Marktschreiers: Ihr, die ihr nur die Sherlock-Lolmes-Geschichten und den Karl May leset, oder ihr, für die die Literatur nur dann deutsch ist, wenn von Bärenhäuten und Ritterrüstungen erzählt wird oder wenn ihr die bunten Lappen einer Romantik umgehängt werden, die doch nur eine leere Schale ohne wirkliches Leben ist, kommt alle und kauft dieses Buch unseres Karl Bienenstein! Labt ihr noch Heger, wird als Opfer eines Wilddiebes tot ins Laus gebracht- Der Kummer seines Weibes und ihre Sorge um das Kind. Und hier schon, an der Leiche seines Vaters, treten in recht deutlichen Umrissen die zwei weiblichen Wesen in Erscheinung, die seinen Lebensgang bestimmen, ihn über Enttäuschung und Entsagung hinweg schließlich zu dem machen, als den wir ihn am Eingang kennen lernen, um vereint und in ihren Gegensätzen versöhnt in seinen letzten Tagen vor ihn hinzutreten. Kindheit und Jugend sind von rührenden Feinheiten. Schwer und lastend ist die Melancholie der Iünglingsjahre. Sein liebster Freund stirbt ihm: mit sanften, zarten Worten, die wie ein Gebet sind, streift der Dichter die Welt des Schmerzes. Die todkranke Mutter besucht ihn in der Stadt — innig schöne Blätter. Die Liebe tritt scheu in seine Brust, er muß das Gymnasium ver lassen. Und dann Stunden eines ganz anderen, beseligenden Liebesglückes, die nach seinen Militärjahren eine gar leidvolle, nicht erkannt, daß die Schöpfung einer deutschen Dichterseele, auch einsame Nachfolge erhalten : die Geliebte ist mit einem andern wenn das Wort „deutsch" darin gar nicht ausgesprochen wird, verbunden worden. Und so drängt sein Schicksal zu einem tra mehr vom Wesenskern unserer Art in sich schließen kann als gischen Gipfelpunkt hin hinter dem das Nichts oder eben jene jener oft so lächerliche Firlefanz, zu dem der Deutsche von heute, Erfüllung liegt, die unser Einsamer gefunden hat. „Es ist da", der seine Zeit erkannt hat. ja kaum mehr ein Verhältnis zu sagt er über das Erdenleid, „es ist da, um überwunden zu gewinnen.vermag? Die Leser dieses Blattes, und so vor allem werden, um glücklich werden zu können. Denn nur eine Seele, war die Überschrift gemeint, soll der Name Bienenstein allein die durch die Löllen geschritten ist, hat die Kraft, in die Limmel schon anlocken. Sie kennen ihn seit langen Jahren. Aus den emporzusteigen Das Leid ist der große Lämmer, der die niederösterreichischen Voralpen stammt dieser Dichter, von dort ehernen Schwingen schmiedet, auf denen man sich mit Gottes- auch. als er in dem einen oder anderen Örtchen Lehrer war, kraft über die Erde erheben kann. Den dieser Lämmer zer- erklangen seine ersten naturfrohen Lieder und volksliedartigen schlägt, der war nie mehr wert Das Leid ist die Leiter, auf Weisen. Lier in diesen Blättern hat er dann auch kleine Prosa- der das Menschliche zum Göttlichen hinanfteigen soll, denn alles dichtungen veröffentlicht, die in wunderbarer Weise die Mitte ^ Göttliche ist überwundenes, ohnmächtiges Leib." zwischen Märchen und Lyrik halten. Als er später nach Ist es unrecht und grausam, ein so reines Kunstwerk wie Marburg an der Drau übersiedette, ward er noch rnehr als den Roman BienensteinS gewissermaßen zu sezieren, schon früher zu einem verläßlichen Führer durch die Welt der Bücher, deren Neuheiten seine Feder mit beispielloser Raschheit zu folgen wußte. Nicht, daß er dabei die Geschichte unseres Schrifttums beiseite gelaffen hätte, aber manches Mal meinte man doch und fürchtete es, er habe sich von solcher prüfenden und anzeigenden Tätigkeit so umstricken lassen, daß er nimmer den Weg zu sich zurückfinde. Ünd seine Freunde fragten für sich: And du, hast du uns nicht selber noch etwas zu sagen? Birgt dein heimattreues Dichterherz nicht noch eine besondere Kunde für uns? Gib uns endlich das Buch, das ganz du selber bist! And nun auf einmal hat er uns alle wirklich mit diesem Buche überrascht. Es ist, zu hoher, neuer Schönheit entfaltet, ganz der Karl Bienenstein, wie wir ihn uns dachten. And es ist ein Buch von so sorgfältigem, reinem, beseeltem Stile, daß der leisen Sorge, die sich vielleicht da und dort regen wollte, für immer der Boden entzogen ist Es ist ein Werk, das nur langsam ausreifen, nur in Feierstunden gestaltet werden konnte. „Der Einzige auf der weiten Welt Ein Menschenleben" heißt es und ist ein Lohes Lied auf die Einsamkeit, wie es nur die Sehnsucht und das dankbare Nachgenießen erinnerungs reicher Stunden schaffen kann. Der Einsame fitzt ,m stillen Wald und schreibt die Geschichte seines Lebens nieder. Am ihn herum ist es still geworden, nur die Natur lebt noch für ihn. Er hat sie innig an sein Lerz, das die Schläge eines harten Schicksals schon einmal erstarren ließen, geschloffen und empfindet sie mit der Zartheit eines Vielgeprüften, der in ihr erst seine Welt gefunden. Das namentlich in den Ein kleidungen jeden Abschnitts, Naturschilderungen und Landschafts stimmungen voll eigenen Reizes. Sie sind jeweils der poetische Rahmen — eine Poesie ernster Beschaulichkeit, die sich bis zu philosophischen Gedankengängen erhebt — für die Lebensdar stellung dieses Einsamen, die wir in deutlichen, blutvollen Bildern von seinen Kindheitstagen an kennen lernen. Mit einer hochdramatischen Szene setzt das Buch ein: Der Vater, ein Wald einzelnen Proben das hohe Können des Dichters veranschau lichen zu wollen? Ich tue es trotzdem, denn es sind einige jener Worte aus diesem Werk, die man nimmer vergessen möchte Als die Müllerin aus seiner Leimat ihm die Nachricht vom Tode seiner Mutter gebracht und ihn nun in ihren Schutz nehmen möchte: „Auf diese Worte konnte ich nicht anders, ich beugte mich hinab und küßte die Lände, die so treu die meinen umschlossen hielten und von denen es in warmen Wellen in mich überströmte wie der letzte Segen meiner Mutter." Über das Lied: „Es ist bestimmt in Gottes Rat": „And nun erklang von jungen Kehlen das alte Leimwehlied, das so schwer ist von Tränen, von unsäglichem Lerzeleid, und das doch so weich wie eine Mutierhand über den Scheitel des schluchzenden Kindes, über die schmerzbebende Seele streicht und sie auf den zärtlichen Armen seiner schlichten, innigen Melodie wiegend zur Ruhe singt " And dieses wunderbare Bildnis seiner Marie: „Ich habe von Marie nie ein Wort des Vorwurfes, der Klage gehört. Was geschehen war, war ihr ein Liebesopfer. Keine Trauer stand in ihren Augen, nur weicher, inniger noch war ihr ganzes Wesen, aber trotzdem auch bestimmter. Sie wußte sich meiner ungestümen Sehnsucht auf eine Art zu entziehen, die mich wehr los machte, ohne mich zu beschämen, weil ich dabei doch deut lich empfand, daß sich ihre Liebe nur verdoppelt habe. Damals habe ich erkennen gelernt, daß eine Frau alles geben und dabei doch so keusch und rein bleiben kann wie eine Leilige." And was wir an einer anderen Stelle über Leimat und Leimatsgefühl lesen, das sind Worte, die geradeswegs in die Lesebücher unserer Jugend übergehen sollten. Der „Marktschreier" hat also jetzt auch noch „Proben" vorgelegt. And vermutlich werden nun die Leser Anstoß an diesen beiden unzarten Worten, die ich eben gebraucht habe, nehmen. Aber dann habe ich ja erreicht, was ich wollte: Sie lieben be reits den „Einzigen auf der weiten Welt" und werden trachten, das Buch sich nächstens ganz zu eigen zu machen
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