12370 Börsenblatt f. b. Dtschn. Buchhandel. Künftig erscheinende Bücher. 243, 18, Oktober 1S11. (A Zn der ersten Novemberwoche erscheint: Heinrich von Rleifts Leben und Werke Sein öeutschen Volke üargestellt von Heinrich Meper-öenfep 2b Sogen in Halbpergament gebunöen M. 4.80 orS., ü conü. mit ZSV», in Rechnung mit ZZ V//o und bar mit 40"/o Rabatt. Partie - 8 Exemplare. Heinrich Meyer-Benfey, der ausgezeichnete Göttinger Germanist und Mitarbeiter am Grimm- -v) schen Wörterbuche, hat sich durch seine diesjährige große wissenschaftliche Publikation über das „Drama Leinrich v. Kleists" in die erste Reihe der Kleistforscher gestellt: einen Teil der glänzenden Kritiken über dieses Werk bringe ich im zweiten Teil dieser Anzeige zum Abdruck, Die vorliegende Biographie Leinrich v. Kleists erscheint rechtzeitig zum 100. Todestage des Dich ters. Das Buch wird, obschon z. Zt. aktuellen Charakters, aus Zahre hinaus eines der hervor ragendsten Werke deutscher Geistesarbeit bleiben. In der biographischen Literatur wird ihm Weniges an die Seite zu sehen sein. Das Buch ist für die weitesten Kreise der Gebildeten gedacht. Der Name des Verfassers bürgt dafür, daß es sich um eine gründliche, wissenschaftlich gesicherte Arbeit handelt. Große Partien sind in hinreißender, glänzender Darstellung geschrieben. Alle grundlosen und willkürlichen Hypothesen und aller unkontrollierbare Klatsch, der sich so reichlich an Kleist angesetzt, sind aus geschieden. Die Arbeit beschränkt sich jedoch nicht auf die Darstellung der äußeren Tatsachen, sondern sucht sie in ihrer psychologischen Begründung und inneren Bedeutung verständlich zu machen. Durch die Anwendung dieser (für die Wissenschaft eigentlich selbstverständlichen) Grund sätze ergibt sich ein Bild, das von den älteren Darstellungen wesentlich abwsicht und von allen pathologischen Zügen frei ist. So möchte das Buch die Erkenntnis verbreiten, daß Kleist nicht nur der größte Meister der künstlerischen Form in der deutschen Literatur, sondern auch ein wahrhaft großer Mensch, ein Charakter von makelloser Lauterkeit, selbstlosem Idealismus und heroischer Willens- kraft war, daß er in jedem Sinne berufen war und nur durch die Angunst der Zeit und bei spielloses Anglück gehindert wurde, den nach Schillers Tode leer gewordenen Platz neben Goethe einzunehmen.