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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.10.1911
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- 1911-10-17
- Erscheinungsdatum
- 17.10.1911
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- Deutsch
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12262 Mrpn«a« s, d. Dtlchn, Buchende! Nichtamtlicher Teil. 242, 17 Oktober 1911. die Aufgabe zu, den anderen Völkern und auch den Eng ländern sichtbar zu machen, in welcher Art die Charakter anlage des deutschen Volkes — sie braucht darum nicht besser zu sein — sich von den anderen Nationen unterscheidet. Die Frage, ob Fraktur oder Antiqua, ist also keine intellektuelle Nützlichkeitsfrage, ebensowenig eine Geschmacks frage, sondern die Frage: Haben wir die Freiheit, die Formen für unser Innenleben auch aus dem Ge biete der mit uns gewachsenen Schrift weiter zu entwickeln? Sie ist im letzten Grunde nicht der Kamps um die Beibehaltung von etwas historisch Gewordenem, sondern der Kampf des für die Zukunft schaffenden, schöpferischen Lebens gegen die Beckmesser und sonstigen geistigen Polizisten. Welche Schrift in der Welt die Vor herrschaft hat, ob Antiqua, ob Fraktur, ob Russisch, ob Chi nesisch, wird von unserer Tüchtigkeit als Volk abhängen. Die Schulbücherpolitik des Preußischen Kultusministeriums. In der Unterhaltungsbeilage der »Täglichen Rundschau« vom S. Oktober 1911 findet sich folgender Warnungsruf eines Verlagsbuchhändlers: Das Preußische Kultusministerium hat in der jüngsten Zeit über die in den höheren und mittleren Schulen (sowie Seminaren) zu benutzenden Schulbücher eine Reihe von Verordnungen erlassen, die eine entschiedene Abkehr von den bisher befolgten Grundsätzen bedeuten. Die neuen Grundsätze sind insofern keine Verbesse rung, als sie unfehlbar zur Ausschaltung des freien Wett bewerbes, zum Schulbücher-Monopol und damit zu einer Verknöcherung dieses wichtigen Bildungsmittels führen müssen. Das Ministerium mag auf den neuen Weg gebracht worden sein durch vielerlei Klagen, bei Umzügen der Eltern mit Umschulung der Kinder erwüchsen allzuviel Ausgaben für andere Schulbücher. Obendrein erschienen von diesen immer neue, veränderte Auflagen, deren Anschaffung den Eltern auferlegt würde. Die Richtigkeit dieser Klagen steht im umgekehrten Verhältnis zu der Häufigkeit ihrer Wieder holung. Ja, neue Auflagen erscheinen, und müssen er scheinen. Wird zur Ergänzung der Vorräte neu gedruckt, so ändert selbstverständlich der Verfasser das ihm verdesse- rungssähig Scheinende. Täte er es nicht, was sollte man von ihm denken! Es werde aber willkürlich und zu viel geändert, heißt es, aus »Gewinnsucht der Verleger«, die die Schüler so zum Kauf neuer und immer neuer Auflagen nötigen wollen. Nun, der dies schreibt, gehört einem alten Schulbücher- verlage an, der manche neue, veränderte Auflage gedruckt hat. Aber Gewinnsucht ist wahrlich nicht der Grund ge wesen. Dem Verleger ist cs viel lieber, er kann Auflage um Auflage von Stereotypplatten heruntcrdrucken. Das ist ein glattes, angenehmes Geschäft. Jede veränderte Auflage aber ist eine Störung auch für den Verleger. Er muß einen kostspieligen Neusatz Herstellen; ihm verbleiben mit unter wertlos Restvorräle der alten Auflage, ebenso den Sortimentsbuchhändlern, die darum mit dem Verleger hadern. Und die Hauptsache: Den Lehrern geschieht durchaus kein Gefallen, wenn man sie unnötig zwingt, sich auf ein stark verändertes Buch einzuarbeiten: auch sie werden unzufrieden. Das sind Verluste und Verdrießlichkeiten, die nicht ausgewogen werden durch den etwas stärkeren Ab satz der neuen Auflage. Ein Verleger, der neue Auflagen aus Gewinnsucht unternimmt, handelt darum sehr kurz sichtig. Man sucht den Grund der Klagen am unrichtigen Ort. Wie ist denn der normale Verbrauchsgang eines Schulbuches? Ist es nur für eine Klasse bestimmt, so ist es für diese mit Schluß des Schuljahres erledigt. Ist es für mehrere Klassen bestimmt, so kann die von Schülern der unteren an geschaffte Auflage mit aufrücken. In beiden Fällen also, bei normalem Laufe, berührt eine neue Auflage die Besitzer der alten überhaupt nicht. Und wenn Schüler, die nicht mit den anderen in die höhere Klaffe aufrücken, sich in Übereiltstim mung mit den neu in die untere Eintretenden die inzwischen erschienene neue Auflage eines Lehrbuches anzuschaffen haben, so mag das wohl den Eltern unlieb sein. Sie mögen sich dann aber über den fitzengebliebenen Herrn Sohn, nicht über das Buch ärgern. Das Vielerlei von Auflagen in einer Klasse entsteht ganz anders: aus der Verhökerung abgelegter Schulbücher unter den Schülern selbst und durch Buchhand lungen, die sich dazu hergeben. Die Schulen mögen diesen sanitätswidrigen, den verkaufenden Schülern zu heimlichem Taschengeld verhelfenden, den Kaufenden zur Unsauberkeit verführenden Handel verhindern. Dann werden neue Auf lagen den Schulbetrieb nicht mehr stören. — Oder die Eltern betrachten es als ein Naturrecht, daß jüngere Ge schwister die Schulbücher der älteren wieder sollen verwenden können. Daß dies eine ganz unbillige, unerfüllbare und den Unterricht störende Forderung ist, ergibt sich von selbst. Sie wird aber allen Ernstes gestellt. Nun die Klage der umziehenden Ellern. Ihre Be rechtigung sei ohne weiteres anerkannt für die Großstadt. Umzüge aus einem Stadtteil in den anderen und damit Umschulungen kommen oft vor. Es ist darum eine billige Forderung, daß gleichartige Schulen der selben Stadt sich auf gleiche Schulbücher einigen. Das Preußische Ministerium verlangt aber neuerdings Einheitlichkeit innerhalb der Provinzen derart, daß den Schulen nur die Wahl zwischen zwei bis drei Büchern eines Faches gelassen wird. Das geht sehr weit und ist doch nur eine halbe Maßregel. Will man umziehende preußische Eltern vor Anschaffung neuer Schulbücher bewahren, so muß man ganze Arbeit tun und darf nur ein Buch jedes Faches für die ganze Monarchie zulassen. Ist eine solche Rücksicht auf die Eltern angebracht? Umzüge von Stadt zu Stadt sind doch immer noch nicht die Regel. Beamte erhalten Umzugsgelder, und wer sonst um zieht, weiß warum, und weiß, daß es kostet. Warum sollen nun ausgerechnet die Schulbücher nichts kosten? Auf den freien Wettbewerb legen lähmend sich schon jetzt die Ministerialbestimmungen. Neben den zwei bis drei be günstigten Büchern jedes Faches kommen andere nicht mehr auf. Bewährte alte Bücher werden ausgesührt, oft gegen den Wunsch der Schulen und Lehrer, der Schablone wegen. Neue werden nahezu grundsätzlich abgewiesen. Früher ge nügte ein von zwei Schulen einer Provinz gestellter Antrag, um einem neuen als brauchbar erachteten Buche Eingang zu verschaffen. Jetzt ist es vorgekommen — ein Beispiel von vielen — daß ein Provinzialschulkollegium ein vorzüg liches neues (vorsichtshalber verrate ich: bei einem meiner Konkurrenten erschienenes), von drei Anstalten einer Provinz gemeinsam beantragtes Buch abgelehnt hat. Und als eine Woche nach der Ablehnung eine vierte Anstalt dasselbe Buch beantragte, soll Bureaukrarius erwidert haben, einem einzelnen (I) Anträge könne nicht stattgegeben werden. Ein neues Schulbuch kostet dem Verfasser eine sehr ernste Erfahrungs- und Denkarbeit und dem Verleger viel Geld. Wer soll sich zu solchen Versuchen noch her geben, wenn der besten Arbeit der undurchdringliche Wall eines halben Monopols entgegensteht, wenn sogar probeweise Einführung versagt wird?
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