12274 Bört-ndt»»d Dtichn. Buchhandel. Fertige Bücher. 242, 17 Oktober 1911. Ein Kleinstadtroman von packender Kraft und frappanter Kühnheit So hat noch kein Zeitgenosse das intimste Leben der ländlichen Stadt ausgehorcht und gestaltet. Hermann Kurz Die Guten von Gutenburg Roman T Bezugsbedingungen: Gehestet M. 3.50 ord., M. 2.45 netto, M. 2.10 ba> Gebunden M. 4,60 ord., M. 3.15 netto, M. 2 70 bai Freiexemplare 7/S. Rabatt: In Rechnung 30 sh, gegen bar 40sss, in Partien 48,75 yh. Einem jungen Bauernweib brennt der Mann nach Amerika durch. In ihrer Verzweiflung will die Schwangere ihm nach, wird in Gutenburg am Rhein abgefaßt und gibt einem Büblein das Leben. Das Kind fällt der Gemeinde zur Last; um sein Schicksal entbrennen wilde Kämpfe, die sogar zum Umsturz des Stadtregiments führen. Endlich wird der Findling an den Meistbietenden verkauft und kommt zu dem alten Simon ins Waldhüterhaus, wo er munter aufwächst und Zeuge der mannigfaltigsten Lebensläufe ist, unter denen uns vor allem das schwere Los der ältesten Tochter seines Pflegevaters fesselt, der von Erhardt, dem reichen Sohn des Schlüsselwirts, verführten und als Mutter verlassenen Madien. Wie der Findling heranreift, rollt sich das ganze Gutenburgcr Leben vor uns ab: ein mit plastischer Kunst und epischer Meisterschaft entworfenes Bild der Kleinstadt (Gutenburg repräsentiert das bisher in der Literatur wohl noch nicht vertretene Stück badischen Landes nördlich vom Baseler Rheinknie) mit ihren Kämpfen und Freuden, ihren Lächerlichkeiten und ernsten Menschengeschicken. Wie die Lebensläufe aufsteigen und sich senken, wie die alten Themen alles Menschenlebens: Geborenwerden, Lieben, Arbeiten, Sterben polyphon ineinanderklingen, wie zwei, drei Generationen an uns vorüberziehen und am Schlüsse des Werkes der Findling mit der in harten Kämpfen errungenen Madien des Erhardt ein neues Heim gründet, das ist mit der Kunst des geborenen Epikers erzählt. Des schweizerischen Epikers. Denn alles, was gerade die Schweizer zu den Lieblingen des deutschen Publikums macht: Wirklichkeitssreude, Nähe zu den Dingen, sittlicher Ernst und eine kernige, aus dem Born der Mundart schöpfende Sprache, findet sich bei Kurz vereinigt. Der Tod hält reiche Ernte in diesem Roman; aber es ist erstaunlich, wie der Dichter das Thema des Sterbens immer aufs neue variiert. Gibt es Ergreifenderes als das Ende der Großmutter im Waldhüterhans! Kurz hat die Kühnheit, den Tod als handelnde und redende Person einzuführen, wie er überhaupt in der Darstellung des Dämonischen weit geht und oft erstaunliche Wirkungen erzielt. Wenn in einem Kunstwerk von Tendenz gesprochen werden darf, so liegt sie hier im Kamps gegen'geistliche Bevormundung und engherzigen Egoismus. Der Findling hat in der Gegend Wohltäter gefunden, die ihn erziehen und unterstützen, damit er zum Sauerteig werde eines neuen Geistes in Gutenburg. Wie der Roman schließt, tritt er in die tätigen Mannesjahre ein und wie er mit seinem jungen Weibe das neue Heim bezieht, „da kam gleich einer gütigen Hoffnung der erste Schwarm Zugvögel von Süden her und zog frühlingverkiindend über Gutenburg in das Land hinein". Versendung am 28. Oktober. München, 13. X. 1911. Süddeutsche Monatshefte G. m. b. H>