Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.01.1877
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- 1877-01-17
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- 17.01.1877
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vertraute Freunde, unter welchen hier Fürst Radziwill, General v. Griesheim, Geh. Justizrath Hellwig, Justizrath Gerloff, General- Disponent der König!. Geh. Obcr-Hofbuchdruckerei Wilhelm Lud wig Schultzc vorzugsweise genannt sein mögen. In seinem Privat leben zeigte er ungemein gefällige Sitten. Eine Gesellschaft zu er heitern und angenehm zu unterhalten, dieses Talent war ihm ver liehen. Rcichthum seiner Kenntnisse und Einsichten, sowie die glückliche Leichtigkeit des Ausdrucks machten seine Unterhaltung über jeden Gegenstand höchst angenehm. Diese herrlichen Gaben, denen sich noch Witz und arglose Heiterkeit zugesellten, geleiteten den Greis über die gewöhnlichen Grenzen des menschlichen Lebens und entfernten das Zurückstoßende der Altersschwäche von ihm. Selbst die Freuden der Dichtkunst, denen er manchen Kranz abzugewinnen wußte, erheiterten seine späten Jahre, wo er bald mit Uebersetzungen aus dem Englischen, bald mit eigenen Productcn seiner Muse die Freunde überraschte. In seinem letzten Gedichte — alljährlich pflegte er ein solches dem zum neuen Jahre erscheinenden Tafel kalender beizugebcn — sang er in Vorahnung des baldigen Todes von sich selbst mit der Ergebung eines tugendhasten Mannes in die unersorschlichen Rathschlüsse des Ewigen: „Und kommt nun bald vielleicht mein Scheiden — Er muß ja sei», ist nicht zu meiden —, So wollet dem Scheidenden gütig schenken Für alle Zeiten ein freundlich Gedenken." Bemerkt sei hier, daß er sich stets eine tiefe Herzenssrömmig- keit bewahrte, welche ihm in schweren Leidenstagen Trost und Halt verlieh, und daß er seinem kindlichen Glauben an die Vorsehung, von deren Hand jedes Moment des menschlichen Lebens gelenkt wird, bis an sein Ende treu geblieben. Alles trug bei ihm den Charakter der Gediegenheit und des Biedersinnes an sich; eine der schönsten menschlichen Tugenden, die strengste Ehrlichkeit, war ihm eigenthümlich. Diese Rechtlichkeit in allen seinen Geschäften und Handlungen war ihm so heilig, daß nichts, kein Vortheil, keine Gunstbezeigung, ihn je davon abznlocken vermochte. Er liebte und übte auch diese Tugenden nicht des äuße ren Ruhmes, sondern ihrer selbst und seines Gewissens wegen; ja er vermied den erlaubtesten Vortheil, sobald nur ein Schatten von Eigennutz oder Unrechtlichkeit darauf fallen konnte. Seinen Arbei tern gegenüber trat er stets mit schonender Nachsicht aus. Er ver langte von ihnen volle Pflichterfüllung, hielt es aber zugleich für seine Pflicht, durch bleibende Einrichtungen für das materielle Wohl derselben zu sorgen. Er war ihnen nicht bloß Herr, er war ihnen Freund und Helfer in der Noth. Höchstes, innigstes Wohlwollen und hilfreiche, thätige Men schenfreundlichkeit waren die am meisten hervorstrahlenden Licht punkte seines schönen Gemüthes; wenn es galt, mit thatkräftiger Hand bittere Leiden und herzzerreißendes Weh zu mildern und die stillen Thränen unverschuldeter Armuth insgeheim zu trocknen, war seine Wohlthätigkeit unerschöpflich. Ebenso bekannt war Decker's allen gemeinnützigen Bestrebungen gewidmete Theilnahme und Un terstützung. Die Hilfsbedürftigen unter der akademischen Jugend, die Boeckh-Stistung, das Johannisstist, das französische Waisenhaus und viele andere Anstalten und Vereine haben dies erfahren. Was Decker's politisches Leben betrifft, so war dasselbe tadel los. Ihn beseelte die reinste Liebe zum Vaterlande und unwandel bare Treue gegen das königliche Haus von Preußen. Für die öffentlichen Angelegenheiten bezeugte er stets das lebhafteste Inte resse, während er für alle communalen Verhältnisse der Residenz durch Wort und That, namentlich in früheren Jahren, seine Theil nahme an den Tag legte und cs für eine wahrhafte Ehre achtete, ei» guter Bürger zu sein. Zur Betheiligung an den öffentlichen Sorgen Berlins wurde er im Mai 1851 als Stadtverordneter be rufen und bekleidete dieses Amt bis zum 2. Juli 1859 mit größter Gewissenhaftigkeit, wo er dasselbe aus verschiedenen gewichtigen Gründen in die Hände seiner Auftraggeber znrücklegte. So war Rudolph von Decker's von solchen Tugenden über strahltes dreiundsiebzigjähriges Leben das Leben des Gerechten. Schwere Krankheit hielt ihn in den letzten Jahren oft und lange ans Bett gefesselt. Auch während dieses Winters litt er heftig. Die letzte Woche gab Hoffnung, daß er den bösen Ansall noch einmal überstehen werde. Der 12. Januar belehrte uns eines andern. Früh 9^ llhr erlag er dem Loose der Menschheit, indem er sanft für ein besseres Erwachen entschlief. Das Bild und das Andenken an den theuren und geliebten Mann steht in den Herzen seiner Hinterbliebenen Gattin und Kinder, seiner Arbeiter und Freunde für alle Zeiten heilig da. Möge es dem nachfolgenden Sohne, der berufen ist, die herrliche, in allen ihren Verzweigungen blühende Geheime Ober-Hosbuchdruckerei fortzuführen, und der dem unvergeßlichen Vater bereits verschiedene Jahre als Mitarbeiter zur Seite gestanden, stets Vorschweben! Un ter dem Schutze dieses Talismans wird es ihm gelingen, die groß artige Anstalt im Geiste und Sinne der Väter unter freundlichem und freudigem Zusammenwirken mit seinen treuen Stellvertretern, Gehilfen und Arbeitern zu erhalten, zu bessern, zu vergrößern. Dcß walte Gott! (Berliner Fremdenblatt.) MiSrcllcn. Aus Oldenburg berichtet die Oldenburger Zeitung: „Ein Schatz, dessen Vorhandensein nur Wenigen bekannt, ist von dem Großherzoge angekaust. Es ist der Ovcksx xictorntus Oläen- bnkZensis (Sachsenspiegel), das Glossar zu demselben und ein Schwabenspiegel, drei Bände in Folio auf Pergament geschrieben. Alle drei Handschriften stammen aus dem 14. Jahrhundert. Die erste derselben wurde 1336 im Kloster zu Rastede von dem Mönche Hinrich Gloystein geschrieben, sic ist mit figürlichen Darstellungen ansgestattet, welche den Text Solchen, die nicht lesen konnten, er klären. Die Sprache ist niederdeutsch; es ist dieser Punkt um so wichtiger, als alle anderen bekannten, mit Bildern gezierten Sachsen spiegel in oberdeutscher Sprache, oder doch nicht rein niederdeutsch geschrieben sind. — Die zweite Handschrift, ebenfalls in nieder deutscher Sprache, ist ein glossirter Sachsenspiegel, ohne Bilder, doch gehört sie auch mit der ersten zuverlässig zu den ältesten und besten Codices dieser Rechtsbücher des Mittelalters.—Die dritte Hand schrift, niedersächsisch, wenn auch nicht ganz rein, der Schwaben spiegel, ist 1355 von dem Wildeshauser Canonicus Bernhard Spoliken auf dem Schlosse zu Delmenhorst geschrieben und zwar aus einer Handschrift des Probst zu Willhadi in Bremen, Christian, Gras von Oldenburg. Nach Ansicht compctenter Beurthciler gehören diese drei Codices zu den vortrefflichsten Handschriften jener Zeit und bieten sprachlich, rechtsgeschichtlich und culturhistorisch ein sehr hohes Interesse, welches um so höher anzuschlagen, als insbesondere der Sachsenspiegel der einzige unter den fünf bekannten Bilder handschristen dieses Rechtsbuches ist, welcher vollständig." Pcrsoiialnachrichtcn. Am 12. ds. ist der Mitbesitzer der hiesigen Musikalienhandlung von Friedr. Hofmeister, Herr Pros. vr. Wilh. Hofmeister, der durch seine auf dem Gebiete der Botanik autodidaktisch erworbenen Kenntnisse in der Gelehrtcnwclt in hohem Ansehen stand, nach langen schweren Leiden verschieden. Am13.ds. ist nach langem Leiden Herr Gustav Hempel in Berlin, 58 Jahre alt, gestorben.
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