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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.01.1877
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1877-01-24
- Erscheinungsdatum
- 24.01.1877
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- Deutsch
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lg, 24. Januar. Nichtamtlicher Theil. 3"3 Cicero's philosophische Abhandlungen, wie die Geschichtsbücher des Livius. Der Autor schrieb sein Werl selbst nieder, oder er dictirte cs einem gebildeten Sclaven in die Feder und ließ es dann von diesem copiren. Mit dem allgemeiner werdenden Interesse für die Literatur wurde dies Dieteren zu einem Mittel erhoben, das unsere heutige Presse zu ersetzen hatte. Es ward auch zur Vervielfältigung älterer Werke statt des zeitraubenden Abschreibens verwandt. Einer größeren Anzahl von schristkundigen Sclaven, welche den Namen litsrati führten, wurde das betreffende Werk gleichzeitig dictirt. Nur auf diese Weise ist es uns verständlich, wie fast jeder angesehene römische Bürger des Kaiser-Zeitalters über eine stattliche Bibliothek verfügen konnte. Pomponius Wiens, der Freund des Ncpos und des Cicero, welch' Letzterem er auch Verleger war, wurde durch ein systematisches Betreiben dieses Geschäftes zum Begründer des öffentlichen Buch handels. Der römische Buchhändler war Hersteller, Verleger und Buchbinder zugleich. Besonders griechische Freigelassene wandten sich dem neuen Gewerbe zu. Die Läden hießen tsbsrnav oder stationes, die Buchhändler selbst bibliopolLv oder ltbrarti. Bald erheischte die größere Nachfrage eine immer größere Schnelligkeit der Production und wie so oft die Noth die Mutter der Erfindung, so ries sie hier eine systematisch durchgeführte Kurzschrift, die römische Stenographie hervor, die uns unter dem Namen „Tironische Noten" bekannt ist, nach dem Erfinder Tiro, einem Freigelassenendes Cicero. Einen bösen Uebelstand hatte die Dictirmethode in ihrem Gefolge, der unseren älteren wie neueren Philologen schon gar manchen tiefen Seufzer entlockt hat. Es schlichen sich allerhand Fehler in diese Erzeugnisse ein theils infolge von Mißverständnissen, theils von Flüchtigkeit des Schreibers, welche natürlich die Wiederherstellung der richtigen Texte später bedeutend erschwerten. Waren die Papyrusblätter, die ein Werk bildeten, fertig be schrieben, so begann das Werk Derer, die wir nach unserem Gebrauche Buchbinder nennen würden. Wilhelm Heß beschreibt deren Arbeit ungefähr wie folgt: Nachdem die einzelnen Blätter zusammcn- geleimt waren, so befestigte man statt des Einbandes das Ende der selben an einem Holz-, Bein- oder Elfenbeinstäbchcn, welches sich im Innern einer schmalen Röhre ähnlichen Materials befand, und diese war etwas überragend an beiden Enden mit Elfenbein-, Silber- oder Goldknöpfen, oft auch mit bemalten, geziert. Jene Röhre, die natürlich die Breite des Manuscripts hatte, diente nicht zur Bergung der zusammengewickelten Rolle, wozu der Raum ge fehlt hätte, sondern nur zum Schutze des fertigen Manufcriptendes, welches keiner Berührung ausgesetzt sein sollte; die überstehenden Knöpfe aber, die „voraus," oder „umbilivi", gereichten nicht nur dem Manuscripte zur Zierde, sondern hinderten auch das Entweichen des Stäbchens und die Abnutzung des aufgerolltcn Manuscriptes, falls man dieses auf den Tisch legte. Der Titel, ein Pergamentzettcl mit rother Aufschrift, war entweder auf der Rückseite des Schlußendcs angekiebt oder an einem der Knöpfe angehängt. Diese Handschrift rollen, welche den bezeichnenden Namen Volumina führten, der in unserer heutigen Anwendung nur noch übertragenen Sinn hat, wurden, wenn sie besonderen Werth hatten, außerdem noch in eine Pcrgamentdecke gehüllt, oder wohl auch in Elsenbeinkästchen be wahrt; für den Transport auf Reifen bediente man sich cylinder- förmiger, verschließbarer Kapseln. Die Preise der Erzeugnisse des römischenBuchgewerbes waren verhältnißmäßig überraschend niedrig. So erzählt Martial, daß die Leinen seines 13. Buches, die in der Tauchnitz'schen Ausgabe einen Bogen füllen, von dem Verleger Tryphon für vier Sesterzen (d. s. 50 Pfennig) verkauft wurden, daß derselbe sie jedoch nur für die Hälfte mit Vorthcil verkaufen konnte. Immerhin aber muß der Gewinn ein ganz erfreulicher gewesen sein, denn es ist zu bedenken, daß derselbe, der sich bei uns aus den Verleger, den Drucker, den Sortimenter und den Buchbinder vertheilt, hier einer einzigen Per son zufiel. Ferner wurde die Herstellung größtcntheils von Sclaven besorgt, welche keinen hochgeschraubten Tarif ansstellen konnten, son dern gar nichts von einem Gehalt zu sehen bekamen. Schließlich erhielt auch der Autor nur im Ausnahmcfalle ein Honorar. Zudem wurde mit der Zeit das Lesen Modesache, die alle Stände ergriff. „Man ließ sich" — so schildert uns Heß — „zu Hause und aus der Reife, bei der Mahlzeit und im Bade vorlesen, womöglich das Neueste und Pikanteste, und wenn auch Manches auf Lager blieb, so war dies doch ein seltener Fall, da das, was in Rom keine Käufer mehr fand, an die minder anspruchsvollen Provinzialstädter abgesetzt wurde, die willig das Geforderte zahlten. Auch die sociale Stellung der Buchhändler ließ im Verhältniß zu ihrer sonstigen Herkunft nichts zu wünschen übrig. Waren doch ihre Läden die Sammelpunkte der gebildeten Stände, wo man sich in freien Stunden einfand, um nicht nur literarische Neuigkeiten zu lesen, sondern auch in Freundeskreis zu conversiren und zu kritisiren, so daß man, wenn nian will, hier auch die Anfänge von Leihbibliotheken, Lesesalons, Leseclubs und dergleichen Einrichtungen erkennen kann, freilich nur Anfänge, da diese Tabernen, vor denen an Säulen und Pfosten die Anzeigen undKataloge angebracht waren, und hinter welchen in denOsficinen die Schreiberei und Buchbinderei betrieben wurde, schwerlich viel Eleganz aufzuweisen halten und keines der genannten Institute ersetzten. Uebrigens verdiente die Verbindung solcher literarischer Salons mit denBuchläden, wie solche heutzutage nur sehr vereinzelt besteht, Nachahmung und größere Verbreitung. Manche römische Firmen haben sich durch den Verlag berühmter Werke einen Namen gemacht, wie die in der Nähe des Forum romanum seßhaft gewese nen Gebrüder Sosii, welche Horaz als seine Verleger nennt, und der Buchhändler Tryphon, welcher die Werke des Martial und Quintilian herausgab. Das waren goldene Zeiten für die Ver leger! Desto schlimmere für den Autor, dessen Schicksal an das des Dichters in Schillcr's »Theilung der Erde« erinnern könnte, wenn er damals nicht schon für ein sehr reelles Gut gearbeitet hätte, das mehr als Geldeswerth in Curs stand, — für den Ruhm und die Ehre. Nur jo erklärt es sich, daß die Schreibsucht, welche sich aus dem seit der Unterjochung Griechenlands begonnenen Aufschwünge der Wissenschaft und Schriststcllerei nicht hinreichend erklären ließe, mit der in Mode gekommenen Lesewuth gleichen Schritt hielt, eine Schreibsucht, die freilich, selbst wen» man von dem modernen Auf schwung der Fachwissenschaften absicht, mit der literarischen Ucber- production unserer Zeit und den Leistungen unserer Tagespresse nicht in entfernten Vergleich treten kann." Es ist nicht gerade Neues, was W.Heß in seinem Capitel über Papyrushandschriften und römischen Buchhandel zu einer anschau lichen Darstellung vereinigt, aber es liegt mit in der Aufgabe dieser Blätter, ab und zu das Interesse des Nachwuchses im deutschen Buchhandel auf die Geschichte seines Standes zu richten, sei es nun durch die Auffrischung des schon Bekannten, sei es durch Mitthei lung von neuen Beiträgen zu derselben. Für eine Schilderung des römischen Buchhandels boten uns die Erörterungen von W. Heß eine willkommene und vortreffliche Grundlage. SLN Abgesehen von den gewöhnlichen Mitlbeilungen aus den Kressen des Buchhandels, finden auch anderweitige Einsendungen, wie: Beiträge zur Geschichte des Buchhandels und der Buchdruckcrkunst — Aussätze aus dem Gebiete der Prebgesetzgebung, des Urheberrechts und der Lehre vom Verlagsvertrag — Mittheilungen zur Bücherkundc — Schilderungen aus dem Verkehr zwischen Schriftsteller und Ver leger — sowie statistische Berichte aus dem Felde der Literatur und des Buchhandels willkommene Aufnahme und angemessene Honorirung
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