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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.02.1877
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1877-02-07
- Erscheinungsdatum
- 07.02.1877
- Sprache
- Deutsch
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SOS Nichtamtlicher Theik. 31, 7. Februar. Herausgebers für das ganze deutsche Volk in allen Classen und Schichten der Gesellschaft bestimmt sein, daher einerseits möglichst billig sein, anderseits aber auch den Gelehrten und Litcratur- kenner befriedigen. Während also der Preis einer Lieferung aus 25 Pf. festgesetzt wurde — ein Preis, der nur bei einer sehr großen Auslage möglich war (bei der früheren Cotta'schen Clajsiker-Ansgabc hatte der Preis einer Lieferung 40 Pf. ord. betragen, ohne Laß jedoch die riesige Arbeit wie hier darauf verwandt worden wäre) —, mußte der Text vollständig fehlerfrei, von allen früheren Jrrthümern gereinigt und dabei die Werke selbst von einer Vollständigkeit sein, wie sie die literarischen Forschungen dieses Jahrhunderts nur mög lich machten. Bon dem, was zu diesen letzteren Zwecken erforderlich war, haben die Wenigsten, selbst im Buchhandel, einen richtigen Begriff; wir wollen daher das zum Berständniß Nöthige kurz zu schildern versuchen. Zuvörderst mußten alle ersten Original- und sonstige richtige Ausgaben beschafft werden; diese sind zum Theil sehr selten; wir erinnern nur an die erste Ausgabe von Schiller's Räubern vom Jahre 1781, welche, wenn überhaupt zu finden, heute antiquarisch mit 150—200 Mark bezahlt wird. Dann mußte der Text derselben aufs genaueste in jedem Buchstaben und Interpunktionszeichen revi- dirt und mit einander verglichen werden. Die verschiedenen „Nach träge", „Nachlesen" rc., insbesondere zu Schiller und Goethe, dann die oft in Zeitschriften zerstreuten Aufsätze, in denen von neu aus- gesundenen kleineren Gedichten und sonstigen kleineren Schriften unserer Classiker, vom Dasein der Handschristen u. dergl. Nachricht gegeben wird, will ich nur nebenbei erwähnen, da dies meistens Sache der spcciellen Editoren war, obgleich auch hierbei Hempcl nicht selten hilfreiche Hand leisten mußte. Das Wichtigere war, sich den Zugang zu den dort nachgewiesenen Schätzen zu verschaffen. Waren solche Handschriften im Privatbesitz, — wie oft erfuhr der eifrige Verleger ans seine höflichsten Bittbriesc um lleberlassung auf wenige Tage kurze Abweisungen! Bon ehrenvollen Ausnahmen gibt die „National-Bibliothek" Belege; namentlich erhielten die Werke Goethe's, Schiller's, Lessing's, Herder's, Wieland's, Chamisso's, v. Kleist's, Körner's in dieser Weise und durch Hempcl's eigene Nachforschungen und Verbindungen zahlreiche und wichtige Be reicherungen, die keine andere Ausgabe enthält und enthalten kann. Welch' ein fast täglicher Briefwechsel, namentlich auch mit den ver schiedenen Herausgebern nöthig war, liegt auf der Hand, und Hempcl hat denselben Jahre lang fast allein geführt! Dazu nehme man die zahlreichen „Vorberichte des Herausgebers" und die Anmerkungen und Notizen, die entweder von Hempcl selbst oder doch unter seiner unmittelbaren Dircction den Bänden beigefügt wurden, — die häufigen unterbrechenden Besuche, — die Confercnzen mit den Cor- rectorcn, Druckern rc., und man wird eine Idee bekommen von der täglichen aufreibenden Arbeit, welche die an sich so kräftige Consti tution dieses seltenen Mannes zehn Jahre lang aushielt! Und dabei war er von einer Gewissenhaftigkeit und einem so rastlosen Eiser beseelt, daß er keine Arbeit, auch nicht die unbedeutendste, ausgab, bis sic vollendet war. Dann erst — pst um Mitternacht — gönnte er sich die längst nothwendige Ruhe. Besonders viel Arbeit machte ihm die Verbesserung, d. h. Wiederherstellung des ursprünglichen oder richtigen Textes. Zwar hatte er drei tüchtige Correctoren und einen Superrevisor; aber er traute nur seinem eigenen Auge. Jeder Druckbogen wurde daher, nachdem er von denselben genau durchgesehen war, ehe er zur Stereotypie überging, noch einmal von ihm selbst revidirt. Und welche ermüdende aufreibende Arbeit das ist, weiß nur der, der sie selbst geübt hat! Unter solchen Arbeiten saß denn der treffliche Mann täglich von früh bis spät und »ur mit wenigen Unterbrechungen, an seinem Pulte in seinem Arbeitszimmer. Schreiber dieses, der zu zwei ver schiedenen Malen, 1869 und 1871, bei Krankheitsfällen desSupcr- revisors Monate lang dessen Stelle versah, und ost in Hempcl's Cabinet neben ihm arbeitete, auch mehrere „Vorberichte" (z. B. zu Herder's Volksliedern, zu Lessing's bisher ungedruckten Vorarbeiten zum Laokoon und der Fortsetzung desselben) unter seiner Anleitung schrieb, konnte nur voll Bewunderung sein für diesen Mann, der ein solches eigenes Arbeiten nicht nöthig hatte und mit seiner Gewissen haftigkeit seine Gesundheit ruinirte. Nicht selten hat er ihn gemahnt, sich doch mehr zu schonen, aber Hempel wollte davon nichts wissen; seine Ehre als Verleger hielt er mit diesem Werke auss innigste verbunden, und er wollte seiner Nation etwas Bedeutendes, bisher Unerreichtes schaffen! Wohl pflegte er sich im hohen Sommer einige Ruhe zu gönnen, indem er seiner Familie nach der Villa in seinem geliebten Thüringen folgte. Aber auch diese nothgcdrungene Ruhe war nur eine schein bare; die Correspondenzen gingen fast täglich hin und her; sogar Korrekturbogen mußten ihm geschickt werden, und sobald er dort sich nur losmachen konnte, kam er wieder hierher zur gewohnten Arbeitsmühle. So kam es, daß er ein Werk schaffte „asro poron- nins",die erste durchaus correcte und soweit bis heute möglich voll ständige Ausgabe von 18 der bedeutendsten deutschen Classiker, zum Theil mit Commentar und vielen das Berständniß fördernden Noten — für die ganze deutsche Nation! Ist es nicht traurig, zu sehen, daß dieser treffliche Mann das Werk so vieler Arbeit nicht vollenden durste, daß es ihm nicht vergönnt war, redlich die Früchte seiner Arbeit in wohlverdienter Ruhe zu genießen? Wir können nicht umhin, auch die Kämpfe, die er dabei zu be stehen hatte, wenigstens im Vorbeigehen kurz zu erwähnen. Wir haben gewiß nicht die Absicht, irgend Jemand, selbst nicht seine er bittertsten und hartnäckigsten Gegner, zu verletzen, — sie wußten ja nicht, was sie thaten; aber in einer wenn auch noch so skizzenhastcn Darstellung seines Lebens kann diese Erwähnung unmöglich ganz umgangen werden. Wir nennen keine Namen; aber die große Be deutung des Hcmpel'schcn Unternehmens, das allgemeine Aussehen, welches es überall hervorries, der Glanz, der dadurch ans den Ver leger zurückstrahlte, der vermuthetc Gewinn, — das alles ries Gegner und Neider wach, und man suchte den Erfolg möglichst zu verringern. Hier ries Einer: „Die „National-Bibliothek" hat ver sprochen, nur Vollständiges zu liefern; aber in Bürger's Gedichten fehlt »Die Königin von Golconda«." (XL. Ein aus dem Französi schen übersetztes unsittliches Gedicht.) „Wir werden es Niemand verdenken, wenn ihm dadurch die für 5 Sgr. versprochene Aus gabe von Schiller's Gedichten rc. schon im voraus verdächtigt wird!" Und als Schiller's Gedichte vollständig erschienen waren, rief ein Anderer: „Diese Ausgabe darf die Jugend nicht in die Hand nehmen und nicht in Familien eingesührt werden; es sind Gedichte darin, mit welchen Schiller in der Jugend seine Feder befleckte, voll Schmutz und Rohheiten!" — Gegen diese letztere Auslassung und zur Ver- theidigung Schiller's schrieb der Unterzeichnete damals einen Artikel: „In Sachen Schiller's rc.", abgedruckt im Börsenblatt 1868, Nr. 239, welcher auch in die Berliner „Vossische Zeitung" und den „Publicist" überging und dann auch in Separat-Ausgabe erschien. Hempel aber vertheidigte seine gute Sache energisch durch Circulare, eine Broschüre: „Schiller und der Buchhändler Hempel", wie auch im Börscnbatt (s. Nr. 242, 272, 289 und 294 vom I. 1868). Selbst die Ausburger Allgemeine Zeitung (1868, Nr. 266) mußte bekennen: „Die aus der erste» Jugcndperiode Schiller's stammenden Gedichte dürfen in einer historisch-kritischen Ausgabe nicht fehlen. Schiller selbst legte aus diese Erzeugnisse seiner Jugendzeit Werth und ließ sie später, als sie schon selten gelvorden waren, zusammensuchen, da er sie als Belege zur Geschichte seines Geistes brauchte!"
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