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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.02.1877
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- Ausgabe
- Band
- 1877-02-12
- Erscheinungsdatum
- 12.02.1877
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- Deutsch
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570 Nichtamtlicher Theil. 35, 12. Februar. das, was unsere Nachbarn In vis äs sbLtsan nennen, dünn gesät. Die Schloßbibliothcken sind bei uns mit der Literatur des vorigen Jahrhunderts oft gut ausgestattet. Die Fortsetzung aus diesem Jahrhundert fehlt. Der Geist der Aristokratie hat sich anderen Dingen zugewendet. Die Mäcene und Schriftsteller, die sic liefert, sind Ausnahmen. Man muß in den Briefwechseln der hohen französischen Gesellschaft der vierziger und fünfziger Jahre lesen, welche Rolle die „Revue des deux Mondes" spielte. Sie schlang ein geistiges Band um Alle. Sie war ein Rendez-vous für die Bewegung der Ideen, wo sich die Strebsamen von Nord und Süd begegneten. Man wird einwerfen, daß daraus auch Einförmigkeit der Anschauung, typisches Denken, sogar Moderichtung entsprang. Mag sein! Aber wenn die Franzosen von dieser Geistesgemeinschast zu viel haben, so haben wir jedenfalls zu wenig davon. Man glaube übrigens nicht, daß es der„Revue des deux Mondes" leicht geworden, den Platz zu erobern, den sie jetzt einnimmt. Im Jahre 1829 ge gründet, wie ihr Name besagt, für bloß ethnographische Studien, ging sie 1831 in die Hände ihres neulich verstorbenen Herausgebers Buloz, eines Savoyers, über. Als er sie 1845 aus seinem persön lichen Eigenthum einer Eommanditgesellschaft übertrug, wurde der gesammte Capitalwerth eingcschätzt aus 425,000 Franken. Bis gegen Ende der vierziger Jahre ging es nicht brillant. Und, setzen die Verehrer hinzu, so lange es ihr schlecht ging, war sie am besten. Das war die Zeit, da Msrimäe, Sie. Beuve, George Sand, Bille main, Nodier den Stamm der Mitarbeiter bildeten. Neuerer Zeit ist sie ein wenig auf ihren Lorbeeren eingeschlafen — man könnte denken aus ihrem Geldsack. Denn welche Geschäfte hat die kleine Gründung seitdem gemacht! Ein Prozeß, den jüngst die Pariser Gcrichtszeitung brachte, bot mir zufällig Gelegenheit, einen Blick in diese Verhältnisse zu thun. Ein Actionär klagte gegen Hrn. Bnloz, den Geranten, daß er zu viel Geld in die Reserve lege und auch den Activbesitz des Unternehmens zu niedrig in dem Inventar veran schlage. Der alte Schlaukopf besaß nämlich das Recht des Rückkaufs zum Jnventaransatz. Und es ergab sich in der That Folgendes: Den Actionären ist ihrStammcapital schon in den sechziger Jahren voll ständig zurückbezahlt worden. Sie bezogen seitdem ihre Dividenden, ohne einen Pfennig ausstehen zu haben. Und zwar S Prozent im letzten Jahre. Doch neben Vertheilung solcher Dividenden hatte der Gerant eine kleine Sparbüchse angelegt, in der sich etwas wie 1,200,000 Franken befinden, etwa dreimal das Capital. Das kann auch nicht Wunder nehmen, wenn man erfährt, daß im Jahre 1875 das Betriebsergebniß war: Einnahmen 1,027,189 Frauken, Ausgaben 586,193 „ Ueberschuß 440,995 Franken. Ich hoffe mit diesen Ziffern vor den Augen gehen die Gebrüder Paetel jede» Abend zu Bette, und das hindert sie, auf dem Profit von einigen tausend Thalern, den sie wahrscheinlich schon errungen haben, ruhig zu schlafen. Wie es gemacht wurde? Mit vielem Nutzen werden Verleger und Herausgeber die Biographien des alten Buloz studiren, die aus Anlaß seines eben erfolgten Ablebens in den Blättern erscheinen. Die Nutzanwendung ergibt sich dann von selbst. Es war das Glück und das Verdienst des Herausgebers, daß kein Concurrenzunter- nehmen Fuß fassen konnte. Die „Revue" par sxcsllsuss blieb eben die seine. Wenn einer anderen von einem Mitarbeiter Erwähnung gethan ward in der seinigen, so strich er sorgfältig das Wort „Revue" aus und nannte sic: „Recueil". Buloz war kein Schriftsteller von Fach, er war literarischer Industrieller. Das war das Geheimniß; freilich nur, weil er zugleich mit einem unendlich scharfen literarischen Jnstinct begabt war. Ein Schriftsteller, der ein solches Unternehmen leiten will, muß seinem Handwerk, und besitze er es noch so gut, entsagen. Die Kapellmeister, welche eigene Compositionen ausführen lassen, soll der Kuckuk holen. Dagegen machte Buloz alle Correcturen selbst und ein verkehrtes N konnte ihm eine schlaflose Nacht bereiten. Und von 1831 bis 1877 ist nie eines der alle zwei Wochen erscheinenden Heste um eine Stunde zu spät fertig geworden. Doch ich will den Biographen nicht weiter vorgreisen. Nur noch eines muß ich dem literarischen Herausgeber der „Rundschau", Hrn. Julius Rodenbcrg, verrathen. Buloz war hart, unerbittlich in seinen Anforderungen. Er rühmte sich, den größten Autoren Striche gemacht zu haben. Nie hat Kameradschaft einen Artikel oder Satz durchgehen lassen. Keine Gesälligkeitskritik, noch weniger eine Freundschastsnovellc. Nur die Sache und immer die Sache. 8io itur aä astra. Und da Hr. Buloz seinen Namen nicht aus den Titel, sondern nur in unscheinbarer Currentschrift unter die letzte Zeile der letzten Seite jedes Heftes setzte, so wird unser Herausgeber, der seine Verantwortlichkeit mit großen Lettern auf die Vorderseite des fleischfarbenen Umschlages schreibt, sich um so mehr derselben bewußt bleiben. Anspruchsvoll und hart soll er sein gegen sich, gegen seine Mitarbeiter und besonders gegen seine Verleger! Ludwig Bamberger. Miscellen. Ucber eine unter der Firma: „Norddeutsche Buchdruckerei und Berlagsanstalt" gegründete Actiengesellschaft veröffentlicht das Berliner Stadtgericht eine Eintragung, aus welcher wir solgende Angabenmittheilen: Sitzdcr Gesellschaft, Hamburg, mitZweignieder- lassuug zu Berlin. Zweck der Gesellschaft ist der Betrieb einer Buch- druckerei und damit verwandter Industrien, sowie von Verlags- geschästen jeder Art, insbesondere Verlag und Redaction eines unter dem Titel „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" in Berlin erschei nenden Tageblattes. Das Acticncapital der Gesellschaft beträgt 1,600,000 Mark, eingetheilt in 1600 voll eingezahlte Actien 4 1000 Mark. Die Actien lauten auf Namen. Zur Verpflichtung der Gesellschaft ist die Erklärung je eines Mitgliedes der Direction genügend. Der Verwaltungsrath kann auch je zwei Procuristcn zur gemeinschaftlichen Zeichnung der Firma der Gesellschaft ermächtigen. Zu Mitgliedern des Vorstandes sind erwählt: Emil Friedrich Pindter in Berlin und Siegmund Hinrichsen zu Hamburg. Pcrjonalnachrichtcn. Aus Leipzig, 9. Febr., berichtet die Deutsche Allgemeine Zei tung: „Zu unser:» tiefen Leide erhalten wir soeben die Nachricht von dem vergangene Nacht in Halle erfolgten Dahinscheiden des hie-" stgen Berlagsbuchhändlers Or. xbil. Salomon Hirzel. Ein Augenleiden hatte ihn vor wenigen Tagen nach Halle geführt; die Operation war gelungen, aber eine nachfolgende Entzündung brachte diese traurige Wendung hervor. Salomon Hirzel war nicht nur unter den Bürgern Leipzigs der ersten einer, sein Name ist in ganz Deutschland und über die deutschen Grenzen hinaus als einer der ge- achtetsten Buchhändlernamen bekannt. Und eine stille Gemeinde ver liert in ihm ein hochverehrtes Glied — wirmeinen die Gemeinde der Goethe-Forscher und Kenner, die seiner geistigen Thätigkeit so überaus viel verdankt. Um diese und den Werth seiner besonders auf philologischem Gebiete ausgedehnten Verlagsuntcrnehmungen zu ehren, ernannte ihn die philosophische Facultät der hiesigen Uni versität im Jahre 1865 zum Doctor der Philosophie. Salomon Hirzel wurde am 13. Febr. 1804 in Zürich geboren, erreichte also das Alter von fast 73 Jahren. Den Greis merkte man ihm noch kaum an; frisch und emsig sah man ihn vom Morgen bis Abend an der Arbeit, ein würdiges Beispiel für seine Umgebung!" — Nähere Mittheilungen über den Lebensgang des Verstorbenen und seine außerordentliche verdienstliche Wirksamkeit behalten wir uns vor.
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