Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.02.1877
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1877-02-26
- Erscheinungsdatum
- 26.02.1877
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18770226
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-187702261
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18770226
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1877
- Monat1877-02
- Tag1877-02-26
- Monat1877-02
- Jahr1877
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Nichtamtlicher Theil. Aussätze zur Geschichte der Buchhandels im 16. Jahrhundert von Ed. Frominaun. Hest 1. Frankreich. II. Robert Stephanus gegen die Sorbonne.*) Robert Stephanus stammt aus der berühmten Buchdrucker und Philologenfamilie der „Estienne", die während eines Zeit raums von 170 Jahren die Wissenschaft wie ihre Kunst in seltener Weise gefördert hat. Robert war 1503 zu Paris geboren worden als zweiter Sohn des Buchdruckers Heinrich Stephanus, eigentlich nach dem Fami liennamen des Henri Estienne, und wie sein Vater Buchdrucker und gleichzeitig Gelehrter, dem die Wissenschaft den Epoche machenden „IköWurus linxnno Intinno", ferner eine Anzahl trefflicher Aus gaben von Klassikern, wie des Cicero, Terenz, Plautus und ande rer, sowie eine Reihe anderer vorzüglicher Werke, darunter die Bibel in lateinischer Sprache und das Alte und Neue Testament im Urtexte verdankt. Höchst ergötzlich sind die Mittheilungen, welche uns From- mann über den gelehrten Anstrich gibt, welchen die ganze Häuslich keit Robert's an sich trug. So schreibt Heinrich Stephanus, der Sohn Robert's, besonders berühmt durch seinen „Dkssnnrns Lnßus.o grnooao", an seinen Sohn: ... „Es gibt heute noch Leute, welche von der Familie Deines Groß vaters Robert Stephanus erzählen können, wie es da hergegangen ist; man hatte dergleichen in der gelehrten Welt noch nicht gesehen. Selbst die Dienstmädchen verstanden Lateinisch und konnten es zum Theil sprechen, wenn es auch nicht immer ganz rein klang. Deiner Großmutter war es beinah einerlei, ob lateinisch oder französisch gesprochen wurde, sie verstand es ebenso gut, wenn nicht gerade ein ungebräuchliches Wort vorkam. Und Deine Tante Katharina, meine Schwester? Die braucht auch jetzt noch keinen Dolmetscher, wenn la teinisch gesprochen wird, und drückt sich selbst so geläufig darin aus, daß sie von Allen verstanden wird. Woher hatte sie aber diese Kenntniß der lateinischen Sprache? Grammatik hatte sie nicht ge lernt, nur die Praxis ist ihre Lehrmeistcrin gewesen, denn sie lernte das Lateinische nicht anders, als wie man in Frankreich Französisch, in Italien Italienisch und wo anders eine andere Sprache lernt. Und weil ich einmal darauf gekonimen bin, so laß mich noch bei diesen Familienerinnerungen verweilen und Dir erzählen, wie es kam, daß man in derFamilieDeinesGroßvaters und meines Vaters das Lateinische so leicht lernen konnte. Es gab eine Zeit, da halte Dein Großvater Robert Stephanus eine Art literarisches Zehn männercollegium in seinem Hause versammelt, undwie diese Männer aus allen Nationen zusammengeblasen waren, so sprachen sie auch allerhand Sprachen. Es waren zum Theil gelehrte, zum Theil auch sehr gelehrte Leute, und einige von ihnen hatten das Amt, Korrek turen zu lesen. Weil sie nun verschiedene Muttersprachen hatten, so bedienten sie sich des Lateinischen als Umgangssprache. Die Dienst boten hörten bald de» Einen, bald den Andern von Sachen reden, die sie entweder kannten, oder leicht errathen konnten, sie merkten, wenn bei Tische unter anderem auch vom Essen und dergleichen ge sprochen wurde; so gewöhnte sich das Ohr an die fremden Worte und nach und nach lernten sie nicht nur das Gehörte verstehen, sondern auch selbst Einiges sagen. Auch das machte die ganze Familie mit dem Lateinischen vertraut, daß wir beide, ich und mein Bruder, beim Vater kein anderes Wort von den zehn Gelehrten hörten, als Latei nisch, woraus wir denn selber anfingen, darin zu radebrechen." ') I. S. Nr. 4S. Diese Schilderung der gelehrten Häuslichkeit des Robert Ste phanus hat aber neben ihrer gemüthlich heiteren äußeren Seite eine tiefernste innere, die uns erkennen läßt, wie die Philologie ihm so in Fleisch und Blut übergegangen war, daß sie das Wesen seines gan zen Lebens bildete. Ein anderer Zug, welcher veranschaulicht, mit welcher Hingabe er diesen seinen wissenschaftlichen Berus ver folgte, ist der, daß er die Correcturbogen der im Druck befindlichen Werke in den Straßen an lebhaften Passagen ausgehängt und Den jenigen eine Belohnung gegeben habe, welche einen Druckfehler entdeckt hatten. Wie er aber als Gelehrter bedeutend war, so war er nicht minder ein tüchtiger Geschäftsmann, dessen Ziel in erster Linie darauf hinausging, correcte und zugleich handliche Ausgaben der Bibel und ihrer Theile hcrzustellen, wobei er vielfach mit der Kirche, der Sorbonne und der theologischen Facultät zu Paris in Streit gerieth. Der neuen Lehre sich zuwendcnd, hatte Robert Stephanus natürlich vielfach die Anfechtungen und Verfolgungen der katho lischen Geistlichkeit zu erdulden, und nur dem Schutze des Königs Franz I. hatte er es zu danken, der ihm als Freund der Wissenschaft äußerst wohlwollte, wenn dieselben ohne weitere Folgen an ihm vorübergingen. Als aber die Angriffe wider seine Bibelausgaben nach dem Tode des Königs nur noch heftiger entbrannten, so ent schloß sich Stephanus, Paris und Frankreich den Rücken zu kehren und siedelte im Jahre 1552 nach Gens über, wo er sich zur resor- mirten Kirche bekannte. In Genf aber veröffentlichte er eine Bertheidigungsschrift gegen die Anstände, welche die Pariser Theologen wider seine Bibel ausgaben erhoben hatten, deren Titel lautete: „I-os osnsures ckos Ibsoloxions Ü6 karis pur lescinots Ü8 ava^onl tnulssmont oon- änrnns los Liblos imxrimäos pur livbsrt blstlsnno. 1552", und der er eine Einleitung voransschickte, in welcher er über seine Erlebnisse und Drangsale berichtete, und sich zugleich über feinen Entschluß, den französischen Boden zu verlassen und sich in Gens ein Asyl zu suchen, rechtsertigte. Wenn der Ton des Berichtes, sagt Frommann, voll ist von Erregung und Bitterkeit, so darf man nicht vergessen, daß der Be richterstatter Jahre hindurch in seinen Arbeiten gehemmt, in seinen, Leben bedroht worden war und selbst die Auswanderung nur äußerst vorsichtig hatte bewerkstelligen können. Mußte er doch seine Kinder vorausschicken und einstweilen in der Fremde unterbringen, um selbst geräuschlos Nachfolgen zu können. Der Bericht macht bei aller Bitterkeit den Eindruck der Wahrheit und ist ein wichtiges Akten stück zur Lebcnsgeschichte von Robert Stephanus und zur allgemei nen Kulturgeschichte, wie zu der Geschichte der damaligen Preß- zuständc in Frankreich. So wichtig die Schrift für die Kenntniß der damaligen Ver hältnisse auch ist, so würde es uns doch zu weit führen, auf dieselbe hier näher cinzugehen; wir müssen deshalb Diejenigen, welche sich dasür speciell interessiren, auf die Arbeit Frommann's verweisen, welche einen Auszug aus derselben niittheilt, der im Wesentlichen den Inhalt wiedergibt. Je siegreicher sich nun Stephanus vertheidigte und je mehr er in seinem Rechte war, desto mehr mußte es der Sorbonne daran liegen, den Streit in der Schwebe zu halten und zu verhindern, daß er ausgetragen würde, namentlich konnte sie nicht aus die Forderung eingehen, alle in der Bibelausgabe von ihr als anstößig befunde nen Stellen namhaft zu machen, denn sie mußte gewärtigen, daß dieselben nicht anstößig befunden wurden, wodurch sie allerdings
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder