Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.04.1877
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- 1877-04-23
- Erscheinungsdatum
- 23.04.1877
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I486 Nichtamtlicher Theil. >k 92, 23. April. führen, besitzt er denn eine genügende Kenntniß all der hierher gehörigen Erscheinungen des Büchermarktes, um in jedem einzelnen Falle ein Endurthcil abgcbcn zu können? Kann er all die Hunderte und Tausende von Publicationen, die er dann seinem Urtheil unter ziehen müßte, lesen und prüscn? Und weil er es nicht kann — denn wer würde sich wohl getrauen, diese Fragen zu bejahen? — und weil, wenn er es könnte, er alle Augenblicke in arge Dilemmata ge- rathen würde (man denke an die Schriften von Karl Marx und Johann Jacoby, Schenkel und Strauß, Ketteler und Reichenspcrger, Gerlach und Glagau rc.), so soll er, wohlgemcrkt nur bei festen Be stellungen, daraus Verzicht leisten, dem Publicum gegenüber eine Ccnsur zu üben, die doch weiter keine Wirkung haben würde, als eine nachtheilige für sein Geschäft. Der Sortimenter hat als solcher keine politische Mission, iiber und für ihn wacht das Auge des Gesetzes; das sollte genügen. Es steht ihm frei, den Parteimann herauszukehrcn und Propaganda zu machen für die seiner Uebcr- zcugung nach richtigen Ansichten, aber nichts zwingt ihn, in der Ausübung seines Berufs als Vermittler zwischen Verleger und Publicuni illiberal und intolerant zu werden und, wenn nicht die bereits erwähnten Voraussetzungen obwalten, eine private Ccnsur dem bücherbestellcndcn Publicum gegenüber zu üben. Geht eine Firma einmal, was bisher wohl sehr selten vorgckommen, in dieser Weise vor, thut sie eine Publication, die ihr ans irgend welchen Gründen mißliebig, in Acht und Bann, so findet sic vielleicht den Beifall ihrer spcciclle» Parteigenossen, sicherlich aber nicht die Zu stimmung unbefangener Sachverständiger und wohl ebenso wenig die des großen Publicums. Man betrachte einmal das Vorgehen des Hrn. Alt in Frank furt a. M. gegen die „Gartenlaube". Unmotivirt konnte er seine Abnehmer dieser Zeitschrift nicht wegschicken, er begründete also in einem Circular an dieselben und ohne Zweifel aus lauteren Mo tiven, d. i. aus bester Uebcrzeugung, weshalb er diese Zeitschrift sortan nicht mehr vertreiben wolle. Indem er dies that, schädigte er sein Geschäft (wer würde cs wohl jetzt noch wagen, bei Hrn. Alt ein liberales Buch zu bestellen?), brüskirte er seine Abonnenten, forderte er gegen sich die öffentliche Kritik heraus, zunächst die des betreffenden Zeitungsrcporters, der soweit ging, in seiner Notiz den Namen des so auftretenden Buchhändlers, jedenfalls aus Rücksicht gegen denselben, zu verschweigen, und provocirte er schließlich einen Geschäftsfreund, mit dem er lange in Verbindung gestanden, zu einem Jnjuricnprozcß. In materieller Hinsicht ist das, was Hr. Alt in seinem Rundschreiben gegen die „Gartenlaube" anszusührcn suchte, gewiß sehr anfechtbar, und er wird unter den deutschen Sor timentern nur eine ganz verschwindende Minderzahl finden, welche ihm völlig darin beistimmcn werden. In formeller Hinsicht war er geradezu im Unrecht des von ihm gebrauchten Ausdruckes „lügen haft" halber, welcher gegen den journalistischen Anstand, und indem er sein Rundschreiben verfaßte, war er Journalist, durchaus verstößt. Der Gerichtshof nahm an, daß Hr. Alt eine erlaubte Kritik gegen eine literarische Production geübt und nicht die Absicht gehabt habe, eine Person zu beleidigen, und erkannte deshalb aus die Abweisung der in Anbetracht der obwaltenden Umstände vielleicht nicht unum gänglich nothwendig gewesenen Beleidigungsklage des Hr». Keil. In der Sache meiner Ansicht nach iin Jrrthum, in der Form un bedingt im Unrecht, hat Hr. Alt durch sein Vorgehen ini Grunde genommen nur Wirkungen erzielt, die er gar nicht beabsichtigt hatte: er hat seine Abonnenten auf die „Gartenlaube" an seine Concurrenten gewiesen und er hat sich selbst in den Ruf eines intoleranten und fanatischen Parteigängers gebracht; der Sache seiner Gegner hat er leinen Schaden, der eigenen aber auch keinen Nutzen gebracht. Wird Hr. Alt Nachfolger finden? Warum nicht? Gibt er doch schon jetzt socialdemokratische und klerikale Buchhandlungen, die nur Schriften ihrer Partcisärbnngen vertreibe». Es liegt das im Wesen dieser intoleranten Parteien. Zn derartigen intoleranten An schauungen neigt glücklicherweise bis jetzt, soweit meine Kenntniß, nur ein sehr kleiner Bruchtheil der deutsche» Sortimenter. - Eine Praxis, wie sie Hr. Alt der „Gartenlaube" gegenüber geübt hat, würde überdies noch andere bedenkliche Consequenzen im Gefolge haben und vor allem das Partcitreibcn, in welchem wir leben, noch gehässiger machen, als es bereits ist. Gleicht nicht das Rundschreiben des Hrn. Alt einer Denunciation, wenn auch zunächst nur an seine Abonnenten der „Gartenlaube" adressirt, wie ein Ei dem andern, und ist das Vorgehen des! Hrn. Alt schon nicht dieser- halb tadelnswcrth? Ein solches Denunciantcnthum, ein so intolerantes In-Acht - und-Bann-Thun, wie gewisse extreme Parteien cs üben, in die Ge- schästs-Usancc des Gcsammtbuchhandcls auszunehmen, wäre aber, ich glaube das in unbefangenster und ruhigster Weise dargethan zu haben, ein großer und schwerer Fehler, der unter Umständen selbst aus den allgemeinen sreundschastlichcn Verkehr der Buchhändler unter sich von übler Einwirkung sein könnte. Es würde sich dadurch event. der Buchhandel selbst die Ruthe ausbinden, die einer reactionärc» Staatsrcgierung nach langwierigen, heute anscheinend halbvergessenen Kämpfen entrissen worden ist. v. Zur Ostcrmeß-Zahlung. I. Alz Einleitung zur diesjährigen Ostermeß-Abrcchnung geht uns aus Petersburg ein Rundschreiben einiger College» zu, datirt vom 31. März/II. April, womit dieselben wegen der durch die politischen Wirren hervorgeruscnen ungünstigen Coursverhältniffe eine Gestundung der in einigen Tagen fälligen Zahlungen bis Oclo- ber beanspruchen, also — ein Moratorium sür sechs Monate. Wir müssen gestehen, daß uns dieses Rundschreiben in höherem Grade überrascht, als die Ablehnung des Londoner Protokolle; durch die Pforte, denn daß weder Rußland noch die Türkei Millionen sür die schärssten Rüstungen ausgebcn würden, um schließlich sich mit einem papiernen Frieden begnügen zu sollen, dies zu erhoffen, waren wir nicht vertrauensselig genug. Hatten nun, so fragen wir nnS, die Herren College» in Rußland nicht die Verpflichtung, im Hin blick daraus, daß die seit Monaten sich hinziehenden diplomatischen Verhandlungen Loch schließlich zu nichts Anderem als offenem Kampfe führen würden, sür rechtzeitige Beschaffung der Meßgeldcr Sorge zu tragen und dies nicht bis zum letzten Augenblicke zu ver schieben? Sind die Herren von der Hoffnung auf friedlichen Aus gleich wirklich so erfüllt gewesen, trotzdem ihnen an der Quelle tag tägliche Beweise der Vorbereitungen sür den Krieg gegeben wurden, daß sie die Augen ganz schließen konnten, und nunmehr, nachdem auch ihnen kein Zweifel an dem Entscheidungskampfe mehr ver bleibt, der Ansicht, mit der Bitte an den deutschen Verlagsbuch handel, L Monate zu warten, durchzudringen? Wir können dies nicht glauben, denn die Mehrzahl der deutschen Verleger wird mit uns überzeugt sein, daß die russischen Herren College» ihre über nommenen Verpflichtungen vor Augen vor- oder weitsichtiger sein mußten und früher ihre Dispositionen zu treffen hatten. Unser deutscher Verlagsbuchhandel befindet sich, soviel uns bekannt, zum größeren Theile noch nicht in der glücklichen Lage, über seine Meßeinnahmen dahin verfügen zu können, daß er die selben benutzt, um Werthpapiere dafür zu erwerben; derselbe hat im Gegenthcile wohl in den meisten Fällen mit den zu erwartenden Zahlungen im Lause des Jahres übernommene Verbindlichkeiten an Buchdrucker, Papiersabrikanten u. s. w. zu decken; — und wie soll sich nun der deutsche Verleger seinen Gläubigern gegenüber ver halten? Glauben die Herren in Rußland wirklich, daß in Deutsch-
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